Lebendig und begraben
dürfen.«
»Am Tag seiner Ermordung – was hat er da gemacht?«
»Das Übliche. Ich habe ihn gebeten, sich mal um so einen, ich sage immer,
Nerv-Anruf
zu kümmern. Wir haben hier einen Kerl namens Dupuis. Der Kerl hat ständig angerufen, um sich über einen seiner Nachbarn zu beschweren, und ich bat Jason, hinzufahren und sich das mal anzusehen. Und ich wette mit Ihnen, dass Jason nicht mal …«
»Was für eine Art von Beschwerde?«
»Oh, keine Ahnung. Dupuis meinte, der Typ weiter unten an der Straße hätte seinen Hund gestohlen. Als ob irgendjemand diesen räudigen Köter haben wollte. Und er sagte, dass der Typ möglicherweise ohne eine Genehmigung arbeitet.«
Ich wollte die Befragung schon in eine andere Richtung lenken, als mir ein Gedanke kam. »Was für eine Art von Arbeit?«
»Irgendwelche Bauarbeiten. Ich weiß nur, dass schon seit Jahren niemand mehr auf der Alderson-Farm lebt, nicht seit Ray Aldersons Frau gestorben und er nach Delray Beach umgezogen ist. Ich dachte, Ray hätte vielleicht einen Verwalter beauftragt, das Grundstück für einen Verkauf vorzubereiten, weil er sich diese Erdbau-Maschinen eine Woche vorher oder so hatte anliefern lassen.«
Ich hörte nicht mehr zu. Ich war nur noch weniger als zehn Meilen entfernt. Der Regen trommelte auf das Autodach und die Motorhaube, obwohl er endlich ein wenig nachzulassen schien. Die Sicht war nicht die Beste. Bei so einem Wetter konnten zehn Meilen zwanzig Minuten dauern.
Dann fielen mir ein paar seiner Worte auf.
Verwalter.
Zog fort nach Delray Beach.
Das hieß, der Besitzer wohnte dort nicht mehr.
»Dieser Verwalter«, fragte ich, »… ist er schon länger dort?«
»Na ja, selbst wenn, woher soll ich das wissen? Ich habe den Kerl nie kennengelernt. Ein Ausländer vielleicht, aber das sind ja heutzutage alle, oder? Man kriegt keinen Amerikaner für körperliche Arbeit, die nichts einbringt. Soweit ich weiß, ist er eines Tages einfach aufgetaucht. Aber wir bleiben hier oben unter uns und versuchen, uns aus den Angelegenheiten anderer Leute so gut es geht herauszuhalten.«
»Haben Sie eine Adresse?«
»Wir richten uns hier in der Gegend eigentlich nicht so nach Hausnummern. Rays Farm ist ein schönes Stück Land, mehr als achtzig Hektar, aber das Haupthaus fällt fast in sich zusammen. Es sieht nicht gerade gut aus, weil …«
»Wo ist es?«, unterbrach ich ihn mitten im Satz.
»Es liegt an der Goddard Road, gleich hinter der Hubbard Farm Road. Glauben Sie, der Verwalter hatte was mit der Sache zu tun?«
»Nein«, antwortete ich schnell.
Das Letzte, was ich jetzt gebrauchen konnte, war, dass der örtliche Polizeichef dort auftauchte und irgendwelche Fragen stellte.
»Ich würde auch wirklich gern mal rüberfahren und ein paar Fragen stellen. Mit dem Geländewagen, denn die Goddard Road ist inzwischen mit Sicherheit der reinste Sumpf.«
»Nur keine Eile«, sagte ich. »irgendwann in den nächsten Tagen wäre gut.«
»Wenn Sie mit dem Eigentümer reden wollen, kann ich wahrscheinlich Rays Telefonnummer in Florida auftreiben. Geben Sie mir nur ein paar Minuten.«
»Nur keine Umstände. Ich weiß ja, dass Sie alle Hände voll zu tun haben. Es ist ja auch nur für die Datenbank. Routinemäßige Dateneingabe. Damit verbringe ich mein Leben.«
»Na ja, ist aber auch eine wichtige Aufgabe«, sagte derPolizeichef freundlich. »Irgendjemand muss es ja tun. Ich bin nur froh, dass es jemand ist, der unsere Sprache spricht.«
Ich bedankte mich bei ihm und legte auf, bevor er noch mehr fragen konnte.
»Dorothy«, sagte ich fünfzehn Sekunden später. »Ich brauche eine Wegbeschreibung.«
92. KAPITEL
Als ich schließlich nach Pine Ridge hineinfuhr, nieselte es nur noch. Die Hauptstraße sah aus, als wäre sie erst kürzlich gebaut worden. Ihre Asphaltierung war so glatt wie Glas und die Straßendecke leicht zu den Seiten geneigt, damit das Wasser gut abfließen konnte. Ich kam an Pine Ridge Quality Auto vorbei. Hinter dem großspurigem Namen verbarg sich nur eine Tankstelle. Dann folgte die Pine Ridge Memorial School, ein moderner Ziegelbau, der einen Architekturstil verkörperte, den man am besten Neue-Highschool-Hässlichkeit nennen konnte. Dann kam ein Postgebäude. An einer Ecke der ersten größeren Kreuzung befand sich eine weitere Tankstelle und gleich daneben ein unbeleuchteter 24-Stunden-Lebensmittelladen. An der nächsten Ampel bog ich nach links ab.
Ich fuhr an Farmen und bescheidenen Reihenhäusern vorbei, die zu dicht an
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