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Lebendig und begraben

Lebendig und begraben

Titel: Lebendig und begraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Finder Joseph
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weißt du dann …?«
    »Es ist nur eine E-Mail mit einem Link zu einer … oh, mein Gott, Nick, komm sofort her!«
    Ich warf einen Blick auf meine Uhr. Bis zur Rushhour war es nicht mehr lange. Also würde die Fahrt nach Manchester noch länger dauern als normal.
    »Hast du den Link angeklickt?«
    »Noch nicht.«
    »Mach ihn nicht auf, bis wir bei dir sind.«
    »O Gott, Nick, komm hierher, sofort. Bitte!«
    »Bin schon unterwegs.«

25. KAPITEL
    Es gab weder Tag noch Nacht. Keine Zeit. Sie spürte nur das Tropfen ihres eigenen Schweißes auf ihrem Gesicht und ihrem Hals. Hörte ihr hastiges Atmen, diese quälende Kurzatmigkeit; der nackte Horror, wenn sie daran dachte, dass sie ihre Lungen vielleicht nie wieder mit Luft füllen könnte.
    Das schwarze Nichts, in dem ihr Verstand raste wie ein Hamster in einem Laufrad.
    Die Sehnsucht zu sterben.
    Sie beschloss, sich umzubringen.
    Es war das erste Mal in ihren siebzehn Jahren, dass ihr ernsthaft der Gedanke an Selbstmord kam. Nur wusste sie jetzt, dass der Tod ihr einziger Ausweg war.
    Wenn du hyperventilierst, wirst du den Kohlendioxidgehalt erhöhen.
    Sie begann zu keuchen, atmete so tief und schnell, wie sie konnte. Sie versuchte den begrenzten Vorrat an Luft im Sarg aufzubrauchen. Sie hechelte. Sie konnte ihren Atem um sich herum spüren, wie eine warme, feuchte Decke aus Kohlendioxid. Mach weiter, vielleicht wirst du dann ohnmächtig.
    Sie fühlte sich komisch, ihr schwindelte. Schwach und benommen.
    Es funktionierte.
    Und dann spürte sie etwas anderes. Einen kühlen Lufthauch.
    Frische
Luft. Sie roch nach Kiefernwäldern, nach weit entfernten Feuern, nach Diesel und nassem Laub. Sie drang von irgendwoher in den Sarg ein.
    Mit ihrer rechten Hand tastete Alexa nach der Quelle des Luftzugs. Die Luft kam vom Boden des Lagers, von unterhalb der Metallbänder unter der Matratze, dort, wo die Wasserflaschen und die Proteinriegel lagen. Sie berührte denBoden des Sarges und fuhr mit ihren Fingern über den Umriss einer runden, perforierten Metallscheibe, die vielleicht zweieinhalb Zentimeter im Durchmesser maß.
    Ein Luftventil
.
    Sie hörte ein fernes Summen. Nein, eigentlich war es kein Summen. Sondern es war eher das ferne Geräusch eines … eines Müllwagens? Dann hörte sie so etwas wie einen Motor. Das regelmäßige Pumpen von Kolben. Sehr schnell und sehr weit weg.
    Sie wusste nicht, was es war, aber sie wusste, dass es etwas mit diesem Luftstrom zu tun haben musste. Ein Ventilator? Aber irgendwie wirkte es mechanischer und auch ein bisschen holpriger.
    Die Luft zirkulierte.
    Die Eule hatte ihre kläglichen Bemühungen, sich umzubringen, beobachtet. Sie hatte gesehen, was Alexa versucht hatte. Und jetzt vereitelte sie ihr Vorhaben.
    Alexa konnte nichts machen. Sie atmete tief ein, saugte die kühle, frische Luft ebenso dankbar in ihre Lungen, wie sie Wasser aus der Flasche getrunken hatte. Die frische Luft hielt sie am Leben.
    Sie konnte sich nicht selbst zum Ersticken bringen. Sie konnte sich nicht selbst töten.
    Er hatte ihr das einzige Machtmittel genommen, das sie besaß.

26. KAPITEL
    Ich holte Dorothy vom Büro ab. Wir schafften es weit schneller, als ich erwartet hatte, und erreichten kurz vor sechs Uhr abends die Umgrenzung von Marcus’ Anwesen.
    »Wow«, sagte sie leise, als wir die Stufen zur Veranda hin-aufstiegen, und betrachtete staunend den Besitz. »Und ich hatte gerade angefangen, mit meiner Wohnung zufrieden zu sein.«
    Marcus erwartete uns bereits an der Tür. Mit aschfahlem Gesicht bedankte er sich ernst bei uns und führte uns hinein. Belinda lief in dem schwach erleuchteten Flur auf mich zu und schlang ihre Arme um mich, ein Beweis ihrer Zuneigung, mit dem ich nie gerechnet hätte. Ihr Rücken war ziemlich knochig. Ich stellte Dorothy vor. Belinda bedankte sich überschwänglich bei mir, Marcus dagegen nickte nur und führte uns in sein Arbeitszimmer. Seine Hausschuhe schlurften über den Eichenboden.
    Sein Arbeitszimmer war ein großer Raum, der gemütlich eingerichtet war, ohne dabei prunkvoll zu wirken. Die Jalousien waren heruntergezogen. Die einzige Beleuchtung bildete der kleine Lichtkegel einer Bankerlampe mit einem grünen Glasschirm. Sie stand in der Mitte eines massiven Esstischs, der als Schreibtisch fungierte. Er bestand offenbar aus alter Eiche. Die einzigen anderen Gegenstände auf dem Tisch waren ein großer Flachbild-Computermonitor und eine drahtlose Tastatur, die beide nicht so aussahen, als würden sie dort

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