Lebens-Mittel
Mechanismen zu einem höheren KHK-Risiko beitragen kann«; Transfett erhöht das schlechte Cholesterin und vermindert das gute (was noch nicht einmal die bösen gesättigten Fette schaffen); es erhöht die Triglyceride, einen Risikofaktor für KHK; es fördert Entzündungen und möglicherweise die Thrombogenese (Entstehung von Blutgerinnseln), und es könnte die Insulinresistenz fördern. Transfett ist wirklich schlecht, seine Wirkung auf den Cholesterinspiegel doppelt so schlimm wie die von gesättigtem Fett. Falls einer der Autoren der Studie sich der Ironie bewusst sein sollte, dass der Hauptbeitrag der offiziellen Ernährungsratschläge in den letzten dreißig Jahren darin bestanden hat, ein möglicherweise geringfügig ungesundes Nahrungsfett durch ein nachweislich tödliches zu ersetzen – sagen tut er es nicht.
Die Arbeit ist nicht darauf angelegt, die gesamte Lipid-Hypothese über Bord zu werfen, aber am Ende bleibt nicht viel von ihr übrig. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass zwar der Nahrungsfettgesamtspiegel kaum Einfluss auf das Herzkrankheitenrisiko zu haben scheint (!), das Verhältnis der verschiedenen Fettarten aber durchaus. Mehr Omega-3-Fettsäuren in der Ernährung (das heißt die vermehrte Aufnahme einer bestimmten Art von Fett) »senkt [bei Herzpatienten] die KHK-und die Gesamtsterblichkeit erheblich«, und der Wechsel von gesättigten Fetten zu mehrfach ungesättigten Fetten senkt den Blutcholesterinspiegel, den die Arbeit als wichtigen Risikofaktor für KHK betrachtet. (Manche Forscher sehen das inzwischen nicht mehr so; sie weisen darauf hin, dass die Hälfte der Herzinfarktpatienten keinen erhöhten Cholesterinspiegel hat und rund die Hälfte der Personen mit erhöhtem Cholesterinspiegel nicht unter koronaren Herzkrankheiten leidet.) Eine kleine Granate wird dann noch in der Schlussbemerkung der Studie gezündet: Obwohl »ein wichtiger angeblicher Vorteil einer fettarmen Ernährung eine Gewichtsreduktion ist«, hat die Überprüfung der diesbezüglichen Literatur keinen überzeugenden Beweis für diese Behauptung gefunden. Im Gegenteil, sie fand »einige Belege« dafür, dass das Gewicht in die Höhe geht, wenn die Nahrungsfette gegen Kohlenhydrate ausgetauscht werden (wozu die offiziellen Ernährungsempfehlungen uns seit den 1970ern drängen).
Ich bin auf diese Studie deshalb so ausführlich eingegangen, weil sie recht gut die aktuelle Meinung über die immer dürftigeren Verbindungen zwischen Nahrungsfett und Gesundheit widerspiegelt. Die Lipid-Hypothese schmilzt wie Eis in der Sonne, aber weder im Gesundheitswesen noch bei den Behörden scheint jemand bereit zu sein, das öffentlich zuzugeben. Aus Angst vor was? Dass wir Cheeseburger mit doppelt so viel Schinkenspeck in uns hineinschlingen, bis wir platzen? Wohl eher davor, dass wir zu dem unvermeidlichen Ergebnis kommen, dass die Ernährungskaiser keine Kleider anhaben, und wir ihren Rat von nun an in den Wind schlagen.
Abweichler von der Lipid-Hypothese hat es schon immer gegeben: Lipid-Biochemiker wie Mary Enig (die seit den 1970er Jahren die Transfett-Alarmglocken läutete) und Ernährungswissenschaftler wie Fred Kummerow und John Yudkin (die, ebenfalls seit den 1970er Jahren, wegen der raffinierten Kohlenhydrate die Alarmglocken läuteten). Aber diese Kritiker hatten immer Schwierigkeiten, sich Gehör zu verschaffen, vor allem nach 1977, als die McGovern-Richtlinien die Debatte über die Lipid-Hypothese praktisch beendeten.
Es ist nie einfach, wissenschaftliche Paradigmen in Frage zu stellen, selbst dann nicht, wenn sie unter dem Gewicht der Gegenbeweise bereits zusammenzubrechen beginnen. Nur wenige Wissenschaftler schauen zurück und überprüfen, wo sie und ihre Paradigmen in die Irre gegangen sein könnten; sie sind darauf trainiert, vorwärtszugehen, noch mehr zu forschen und unser Wissen zu mehren, den aktuellen Konsens zu bewahren und notfalls zusammenzuschustern, bis die nächste große Idee auftaucht. Erwarten Sie deshalb nicht, dass ein wissenschaftlicher Alexander Solschenizyn auftaucht und das ganze Fettparadigma als historisches Desaster entlarvt.
Einer solchen Persönlichkeit am nächsten kommt nicht ein Wissenschaftler, sondern ein Wissenschaftsjournalist namens Gary Taubes, der in den letzten zehn Jahren die der Fettarm-Kampagne zugrundeliegende Wissenschaft an den Pranger gestellt hat. In einer vernichtenden Serie von Artikeln und einem wichtigen Buch mit dem Titel Good Calories, Bad Calories hat er die
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