Lebensabende & Blutbaeder
jetzt ohnehin nicht sagen könnte, ob sie sich schreiend seiner hektischen Umarmung entwinden oder ihn näher an sich heran holen will:
Kann es denn sein, fragt er sich, dass die Jocelyn den Geschlechtsverkehr mit ihm ... äh, ... gemieden hat, weil sie ihn äh ... nie genossen hat?
Um die Selbstzweifel zu vertreiben, rammt er ihr als kleine Vorhut drei Finger in die Lustgrotte und stellt die Hydraulik des Serengeti auf „Rodeo“, sodass es sie beide darauf hin und her wirft wie auf einem mittelverrückten Bronco irgendwo in Texas.
Die Ivana aber schreit dabei so laut und windet sich so heftig unter ihm, dass der Schlevsky darüber kurzfristig die Sicherheit im Liebesspiel verliert, die ihn sonst so auszeichnet, und er fragt sich: Ist es tatsächlich Lust, was sie gar so in Wallung bringt und gar so laut schreien lässt?
Weil aber auch bei ihm von „ruhig Blut!“ nach wie vor keine Rede sein kann, heißt es weiter auf Zeit spielen. Und so wechselt er Routinier kurzerhand vom Fingerspiel zum Zungenspiel. Er nähert sich gerade ihrem Puderdöschen, wo er sie mit seiner weithin gepriesenen Turbo-Zunge verwöhnen will, als er dort – jetzt aber doch! – ein einzelnes rotes Haar entdeckt, das sie vergessen hat zu entfernen.
Zutiefst angewidert bricht der Schlevsky die Offensive ab und wälzt sich beleidigt zur Seite. Er fragt sich:
Kann es sein, dass auch sie schummelt und keine wirkliche Platinblonde ist? Zusatzfrage: Kann es weiters sein, dass er doch nicht im Besitz der unumstößlichen Alleinwahrheit ist, die Frauen betreffend? Und schließlich die Abschlussfrage: Kann es vielleicht überhaupt sein, dass er Weiberheld sein ganzes Leben lang das Opfer einer furchtbaren Selbstlüge war, seinen Umgang mit dem anderen Geschlecht betreffend?
Um solch düstere Gedanken erst gar nicht aufkommen zu lassen und um das Nützliche mit dem Angenehmen zu verbinden, schiebt er der Ivana eine Hand voll Eiswürfel in den Mund, auf dass sie ihm damit genau dort gleichermaßen Freude wie Kühlung verschaffen soll, wo die Durchblutungscreme noch immer auf Vollgas arbeitet und der Motor auf Hochtouren läuft, tak tak tak tak!
Doch konnte der Schlevsky nicht damit rechnen, dass die Ivana als Erste überhaupt in seiner langen Karriere Widerstand leistet wie der Scheiß-Russe in Stalingrad und sie dieses rotglühende Geschenk der Natur einfach nicht und nicht in ihren kühlenden Mund aufnehmen will.
Erschwerend kommt hinzu, dass sie das Gleichgewicht auf dem außer Kontrolle geratenen und immer heftiger rotierenden Serengeti bald nicht mehr halten kann. Plötzlich wird sie wieder weiß im Gesicht wie ein sibirischer Eisbär, und sie ringt mit dem Schlevsky gleichermaßen wie nach Luft, während er versucht, ihr die Perücke vom Kopf zu reißen, mit der sie zu verheimlichen sucht, dass sie in Wahrheit keine Blonde ist, sondern eine Rote durch und durch! Und als sie ihm als Reaktion darauf eine weitere Ladung des aufgewärmten Würstel-Allerleis samt Tempranillo in den Tigertanga hineinkotzt, fragt sich der Schlevsky abermals:
Muss denn wirklich alles schief gehen?
Erst jetzt — zu spät freilich! — läuft sie wieder wie der geölte Blitz auf die Toilette zurück, wo sie – in der Rückschau! – besser überhaupt geblieben wäre.
Gut, weiß nun auch der Schlevsky, den Abend kann er vergessen. Das Serengeti ist – anders, als er es geplant hatte – zu seinem ganz persönlichen Stalingrad geworden, und er wird sich wohl überlegen müssen, wie das mit ihm und der Ivana weitergehen soll.
Zunächst aber wohnt jedem Ende auch ein Anfang inne, und der Tiger ist letztlich ganz froh darüber, dass ihm der Mageninhalt der Ivana in seinem Tigertanga endlich die ersehnte Kühlung verschafft. Und er ist weiters froh darüber, dass er jetzt, da die Russin sich zurückgezogen hat, endlich auch keine Rücksicht mehr auf die gewisse Atmosphäre nehmen muss.
Als Erstes will er daher diesen verdammten Shubidu Jack entsorgen und für immer aus dem Fenster werfen, der ihm mit seiner öligen Sauce und diesem ständigen „Shubidu Shabada Shibidu“ ohnehin schon seit Jahrzehnten auf den Sack geht. Jedes Mal, wenn er es mit den Weibern im Bett zu tun hatte, musste er sich diese Zuckerscheiße anhören. Da will er nun lieber „Es fährt ein Zug nach Nirgendwo“ auflegen, was seine eigentliche Lieblingsnummer ist.
Auf die Don Kosaken aber, die er sich kurzfristig auch zugelegt hatte, weil er der Ivana musiktechnisch eine Freude machen
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