Lebenslang Ist Nicht Genug
»Klick«.
»Oh!«
»Mitten ins Schwarze«, lobte Irv.
»Was kostet der?« fragte Gail, als Irv wieder hinter den Ladentisch trat.
»Normalerweise verkaufen wir ihn für hundertneunundzwanzig Dollar, aber er ist ein paar Wochen im Sonderangebot und kostet jetzt nur neunundneunzig das Stück. Die Patronen werden extra berechnet.«
»Ich nehme ihn«, sagte Gail rasch.
Er schob ihr ein gelbes Formular zu. »Das müssen Sie ausfüllen.«
»Und was ist das?« Gail überflog das Blatt.
»Der Waffenerwerbsschein.« Aus seinem Mund klang das Wort fremd und steif. »Haben Sie Kinder?« Mit dieser Frage hatte Gail nicht gerechnet.
»Ja«, antwortete sie, »zwei.«
»In welchem Alter?«
»Siebzehn und...« Sie zögerte. »Unser Nesthäkchen wird in drei Tagen sieben«, fuhr sie leise fort.
Irv lächelte. »Das ist ein bißchen zu klein. An Ihrer Stelle würde ich noch ein Jahr warten, ehe ich ihm zeige, wie man damit umgeht.«
»Sie meinen, Sie würden einem Kind beibringen, eine Waffe zu gebrauchen?« fragte Gail erstaunt.
»Dieser Revolver ist ideal für Kinder«, sagte der Mann ernsthaft. »Hören Sie, man kann nie wissen, was passiert, hab’ ich recht? Es könnte jemand bei Ihnen einbrechen, während Sie nicht zu Hause sind. Nehmen wir an, der Babysitter weiß sich nicht zu helfen. Wenn da Ihr Kind mit dem Ding umzugehen versteht, könnte es ein Unglück verhüten.«
»Oder eins heraufbeschwören«, widersprach Gail gegen ihre Überzeugung.
»Nicht, wenn Sie’s dem Kleinen richtig beigebracht haben. Aber mit sieben ist er wirklich noch zu klein. Warten Sie noch ein Jahr.«
»Es ist eine Sie.« Gail fragte sich, warum sie ihm das erzählte.
»Schön, geben Sie ihr noch ein Jahr Zeit«, sagte Irv, ohne zu zögern. »Inzwischen können Sie den Abzug mit einem Bindfaden sichern, sehen Sie, so.« Er machte es ihr vor. »Dann kann nichts passieren.«
Gail suchte in ihrer Handtasche nach einem Kugelschreiber, doch ohne Erfolg. Irv schob ihr einen zu. Dann packte er den Revolver ein. Gail las das gelbe Formular durch. »Waffenerwerbsschein« stand oben drüber, und gleich darunter: »Teil 1 - Verkauf innerhalb eines Bundesstaates«. Es folgten Rubriken für Name und Anschrift. Sie trug »Gail Walton« ein und die Adresse ihrer Eltern. Sie mußte Größe, Gewicht, Hautfarbe, Geburtsdatum und - Ort angeben. Gail füllte jedes Kästchen gewissenhaft aus. Interessanter waren die folgenden Fragen, die sie nur mit ja oder nein zu beantworten brauchte: Sind Sie eines Vergehens angeklagt, das mit Gefängnis geahndet wird? Sind Sie je zu einer Haftstrafe von mehr als einem Jahr verurteilt worden? Sind Sie vor dem Gesetz auf der Flucht? Treiben Sie Drogenmißbrauch bzw. sind Sie drogenabhängig? Sind Sie je für schwachsinnig erklärt oder in eine Heilanstalt eingewiesen worden? Hat man Sie wegen unehrenhaften Betragens aus der Armee ausgestoßen? Sind Sie ein illegaler Einwanderer? Sind Sie ein Bürger der USA, der auf seine Staatsbürgerschaft verzichtet hat?
Im Kleingedruckten warnte man sie davor, daß sie sich durch eine unwahre Antwort strafbar mache. Gail bekam prompt ein schlechtes Gewissen und kreuzte bei allen Fragen nein an. Amüsiert überlegte sie, ob wohl jemals eine davon mit ja beantwortet wurde. Nun brauchte sie nur noch Datum und Unterschrift einzusetzen. Den Rest des Formulars mußte der Verkäufer ausfüllen. Gail schob Irv das Blatt zu. Sie hätte den Kugelschreiber beinahe in ihre Tasche gesteckt, doch im letzten Moment fiel ihr ein; daß er ihr gar nicht gehörte. Schuldbewußt legte sie ihn in Irvs aufgehaltene Hand.
Er überflog die Antworten. »Sie sind vierzig?« fragte er und musterte sie prüfend. Gail nickte. »Hätt’ ich nicht gedacht. Aber bei der verbrannten Haut läßt sich’s natürlich schlecht schätzen.« Er sah wieder auf das Formular. »Ich brauche Ihren Führerschein«, sagte er.
Gail kramte ihre Brieftasche hervor und holte den Führerschein heraus.
»Was ist denn das?« fragte er, als sie ihm das Dokument reichte.
»Mein Führerschein«, antwortete Gail verwirrt.
»Aber der ist ja aus New Jersey«, sagte er.
»Stimmt. Ich bin aus New Jersey. Wir sind erst vor ein paar Monaten hierhergezogen.«
»Sie brauchen aber einen Führerschein aus Florida.«
Gail schwieg. Sie wußte nicht, was sie darauf sagen sollte.
Er bemerkte ihre Verwirrung.
»Kein Grund, sich aufzuregen«, sagte er freundlich und schaute auf seine Armbanduhr. »Heute ist’s schon ein bißchen spät.
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