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Lebenslang Ist Nicht Genug

Titel: Lebenslang Ist Nicht Genug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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Gail und sah an ihm vorbei auf ein junges Mädchen, das seinen Vater als Berater mitgebracht hatte.
    Gail nahm den Kugelschreiber zur Hand und kreuzte rasch die richtigen Antworten an: Ein achteckiges rotes Schild bedeute (a) Vorfahrt beachten, (b) Stop, (c) Gefahrenzone, (d) kurvenreiche Strecke. Ein nach rechts gerichteter Pfeil zeige an (a) die Straße biegt nach links ab, (b) die Straße biegt nach rechts ab, (c) die Straße verläuft weiter geradeaus, (d) die Straße endet in einer Sackgasse. Achtzehn weitere Fragen nach dem gleichen Muster. Als Gail fertig war, gab sie ihren Testbogen bei der Aufsichtsperson ab. Die Frau verschwendete mehr Zeit auf die Korrektur, als Gail zum Ausfüllen gebraucht hatte. Beamte kriegen wahrscheinlich Unterricht in Langsamkeit, dachte Gail, während die Frau ihre Punkte zusammenzählte. »Alles richtig.« Sie lächelte. »Gehen Sie damit nach nebenan zu Mrs. Hartly. Die wird Ihnen den Führerschein ausstellen.«
    Gail bedankte sich, nahm das Papier fest in die Hand und ging aus dem Zimmer. Wie Irv es vorausgesagt hatte, war sie zehn Minuten später im Besitz ihres Führerscheins.
     
    »Hier ist er, brandneu!« rief Gail, holte den eben erworbenen Führerschein aus der Tasche und reichte ihn Irv über den Ladentisch. Er trug wieder eins dieser grellbunten Hawaii-Hemden. Diesmal waren Frauen in Grasröckchen und Bikinis darauf. »Ich habe alles richtig beantwortet«, sagte sie nicht ohne Stolz und lachte.
    »Na prima.« Er holte das gelbe Formular aus einer Schublade und trug die Nummer ihres Führerscheins in das vorgeschriebene Kästchen ein. »Sie sehen heute schon viel besser aus. Tut nicht mehr so weh, was?«
    »Dafür schäle ich mich. Meine Beine sehen aus, als hätte ich Schlangenhaut.«

    »Ich hatte schon immer was übrig für Schlangen.« Irv zwinkerte ihr zu und deutete auf ihre Beine, die sie unter langen Hosen verbarg.
    »Ich kann die Biester nicht ausstehen.« Gail schauderte. »Ich fürchte mich vor ihnen. Schon als Kind.«
    »Ich hab’ die Erfahrung gemacht, die einzigen Schlangen, vor denen man Angst haben muß, sind solche, die auf zwei Beinen daherkommen.« Irv packte den Zweiundzwanziger H & R aus und übertrug Seriennummer sowie alle nötigen Informationen auf das gelbe Formular. Dann setzte er das Datum ein und unterzeichnete.
    »Das Wochenende haben Sie also lebend überstanden«, sagte er, während er die Waffe wieder verpackte.
    »Na ja, knapp«, scherzte Gail. »Ich war ziemlich nervös wegen der dummen Prüfung.« Das stimmte. Sie hatte schon immer unter Prüfungsangst gelitten. In ihrer Collegezeit hatte sie während einer Examensphase manchmal bis zu vier Kilo abgenommen, und sogar die Halbjahresprüfungen in der Schule hatten sie in Panik versetzt. Sie war zwar jedesmal gut vorbereitet und bekam auch dementsprechend gute Noten, aber ihre Angst steigerte sich von einem Jahr zum anderen. Insofern war es eine Erlösung gewesen, das Studium abzubrechen und Mark zu heiraten.
    »Vergessen Sie die Patronen nicht«, sagte Gail.
    Irv verschnürte das Päckchen, suchte die passende Munition heraus und steckte alles zusammen in eine Plastiktüte, die er ihr über den Ladentisch reichte. »Drücken Sie erst ab, wenn Sie das Weiße in seinen Augen sehen.« Er lächelte.

36
    Auf dem Heimweg hielt Gail, einer augenblicklichen Regung folgend, vor einer Bäckerei und kaufte einen kleinen Geburtstagskuchen. »›Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag< genügt«, sagte sie zu der Verkäuferin, die sich erkundigte, ob Gail auch einen Namen darauf wünsche. Es war ein runder Kuchen, mit weißem Zuckerguß überzogen und mit ein paar rosafarbenen Blumen obenauf. Gail kaufte auch noch eine Schachtel Geburtstagskerzen. Als sie in die Wohnung ihrer Eltern zurückfuhr, lagen Kuchen und Revolver neben ihr auf dem Beifahrersitz.
    Zu Hause angekommen, stellte sie den Kuchen auf den Küchentisch, packte die Waffe aus und legte sie neben den Kuchen. Dann zog sie ihren Badeanzug an und ging an den Strand.
    Heute schienen weniger Leute draußen zu sein als sonst, obwohl der Himmel unverändert in makellosem Blau erstrahlte. Die drei Homos waren am Wochenende abgereist. Die Saison dauerte höchstens noch einen Monat, dann würden auch die letzten Touristen verschwinden und die Einheimischen wieder unter sich sein. Die Hälfte der Geschäfte und eine ganze Reihe von Restaurants würden bis zum nächsten Oktober schließen. Man würde Fenster und Türen vernageln und zum Schutz gegen

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