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Lebenslang Ist Nicht Genug

Titel: Lebenslang Ist Nicht Genug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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und ihre Beine betrachtete, waren sie rosafarben und geschwollen. Sie schloß die schmerzenden Lider wieder und blieb reglos liegen.
    »Sie sind ja krebsrot«, sagte eine Stimme hinter ihr. Sie legte die Hand über die Augen und blinzelte. Die Stimme gehörte einem der drei Männer, deren Unterhaltung sie mitangehört hatte.
    »Meinen Sie?« fragte Gail, weil sie nicht wußte, was sie sonst hätte sagen sollen.
    »Ich kenne natürlich Ihren Hauttyp nicht, aber für mich sieht das nach’nem bösen Sonnenbrand aus. Was für’ne Creme benutzen Sie denn?«
    »Gar keine.«
    »Allmächtiger!« stieß er hervor. »Sie müssen sich immer einschmieren. Sie könnten sonst’nen Sonnenstich kriegen. Das ist sehr gefährlich. An Ihrer Stelle würde ich in den Schatten gehen«, sagte er zum Abschied. Sie sah zu, wie er und seine Freunde ihre Handtücher zusammenrollten und an den Strand hinuntergingen.
    Auf der Uhr neben dem Pool war es fast zwölf, und Gail verspürte plötzlich Hunger. Doch als ihr einfiel, daß sie Vorbereitungen fürs Abendessen treffen mußte, beschloß sie, das Mittagessen ausfallen zu lassen. Wenn sie um vier anfinge zu kochen, würde sie zeitig genug mit dem Essen fertig werden. Sie drehte
sich auf den Bauch. Um vier versuchte sie aufzustehen. Ihr Körper brannte wie Feuer, und in ihrem Kopf drehte sich alles. Sie wollte in ihre Sandalen schlüpfen, doch die paßten nicht mehr. Nun würde sie den Prinzen also doch nicht bekommen, dachte sie, faßte die Sandalen an den dünnen Riemchen, zog ihr Handtuch vom Liegestuhl und ging ins Haus.
     
    Als Jack sie sah, rief er die Sniders an und sagte das Essen ab. Seine Frau sei in der Sonne eingeschlafen, hörte Gail ihn am Telefon erklären. Sie sei krebsrot und nicht in der Verfassung zu essen, geschweige denn zu kochen. Es täte ihm sehr leid, und er würde sich bald wieder bei ihnen melden.
    »Sei mir bitte nicht böse«, bat Gail vom Bett her. »Ich hab’ gar nicht gemerkt, daß ich einen Sonnenbrand kriege.«
    Jack antwortete nicht. Er riß die Schranktür auf und holte seinen Koffer heraus.
    »Was machst du da?« fragte sie bestürzt.
    »Ich packe.«
    »Das sehe ich.« Sie schaute zu, wie er die Schubladen ausräumte und seine Sachen in den abgeschabten Lederkoffer schichtete. »Aber warum?«
    »Weil ich abreise.«
    »Willst du zurück nach Livingston?« fragte sie ungläubig. »Weil ich zu lange in der Sonne gelegen habe? Weil ich das Essen für die Sniders nicht machen konnte?«
    Jack hielt mit dem Packen inne. »Ich fahre nach Hause, weil ich nicht länger mit ansehen kann, was du dir antust. Ich will nicht erleben, wie du auf die nächste portugiesische Galeere trittst oder den Haien entgegenschwimmst oder deine Hand in einen Tümpel voller Giftschlangen steckst...«
    »In diesem Wasserloch waren gar keine Schlangen«, widersprach Gail.
    »Das wußtest du aber nicht.« Er packte weiter. »Du hast gehofft, daß welche drin wären. Du hast gehofft, eine davon würde
dich beißen, genau wie du vorsätzlich probiert hast, einen Sonnenstich zu kriegen. Du versuchst mit Gewalt, dich zu zerstören, Gail. Genau wie du es schon zu Hause getan hast. Ich habe mich geirrt, als ich dachte, ich könne dich daran hindern.«
    »Hältst du mich für verrückt?« fragte sie.
    Wieder hielt er inne. »Nein.« Er schüttelte den Kopf. »Ich glaube, du weißt ganz genau, was du tust. Ich meine, daß du dich bewußt dafür entschieden hast zu sterben, und daß es nichts, aber auch gar nichts gibt, womit ich oder sonst jemand dich daran hindern könnte. Ich glaube, ich bin es, der hier verrückt ist, und nicht du. Oder zumindest würde ich es werden, wenn ich noch länger hierbliebe und zusähe, wie du dich umbringst. Ich kann nicht mehr. Wenn ich bliebe, würde ich mich der Beihilfe zum Selbstmord schuldig machen.« Er stopfte die letzten Kleinigkeiten in den Koffer und schlug den Deckel zu. »Ich werde versuchen, heute abend noch einen Flug zu bekommen. Wenn ich keinen mehr bekomme, übernachte ich in einem Hotel und fliege morgen früh.«
    »Was ist mit den Sniders?« fragte sie.
    Er schaute sie fassungslos an. »Die Sniders?« wiederholte er ungläubig. »Ich werde sie vom Flughafen aus anrufen und mich von ihnen verabschieden.« Er stand da und sah sie erwartungsvoll an. »Ist das alles, was du mir zu sagen hast?«
    »Bestell Jennifer alles Liebe von mir«, flüsterte Gail, dann drehte sie das Gesicht zur Wand und ließ ihn gehen.

35
    Am nächsten Tag mietete Gail

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