Lebenslang Ist Nicht Genug
so einen Laden reinspazieren und eine Waffe kaufen«, wiederholte Gail, um sich zu vergewissern.
»Genauso ist es«, bekam sie zur Antwort.
Der Golfclub war so wie die meisten seiner Art − wellige grüne Hügel, hübsche kleine Caddies, von noch hübscheren Leuten gezogen, deren farbenfrohe Lilly-Pulitzer-Hemden und Lacoste-T-Shirts weithin über den Platz leuchteten. Gail und Jack wurden im Clubhaus mit passenden Schuhen und Schlägern ausgerüstet, und los ging’s.
Jack, der von Natur aus sportlich war, hatte den Bogen schon bald heraus. Gail tat sich wesentlich schwerer. Nachdem ihre Ungeschicklichkeit endlose Verzögerungen bewirkt hatte − andere Spieler standen vor dem Abschlagsplatz Schlange -, erbot sie sich, den Caddie zu übernehmen und die verschlagenen Bälle zurückzuholen. Die anderen protestierten zwar höflich gegen diesen großherzigen Vorschlag, erklärten sich aber doch rasch einverstanden, und für den Rest des Nachmittags fungierte Gail offiziell als Caddie und Ballsucherin.
Sandra schlug den Ball weit übers Ziel hinaus, und er landete in einem der zahlreichen Wasserlöcher. Gail lief los, um ihn zurückzuholen.
»Nein«, rief Larry ihr nach. »Lassen Sie ihn nur liegen. Man soll nie versuchen, in dieser Gegend einen Ball aus dem Wasser zu fischen. Denn ob Sie’s glauben oder nicht, in manchen dieser Tümpel gibt’s Krokodile.«
Jack lachte. »Krokodile? Na, das sind wenigstens mal ordentliche Hindernisse«, scherzte er.
»Das ist kein Witz«, versicherte Larry. »Wir sind hier in einem Sumpfgebiet. Man kann nie wissen, was hinter diesen Büschen lauert. Und in den Wasserlöchern sind schon Mokassinschlangen und Krokodile gesichtet worden. Der Club warnt ausdrücklich davor, verschlagene Bälle zu holen, wenn sie in einem dieser Golfhindernisse gelandet sind.«
Gail sah auf den Boden hinunter. Aber im Gras regte sich nichts. Sie ließ den Blick zum Wasserloch schweifen und suchte seine Oberfläche nach einer Spur der tödlichen Schlange ab. Aber nichts trübte den ruhigen Spiegel, sie erspähte keinen Krokodilskopf, den sie irrtümlich für einen Felsbrocken hätte halten können. Als die anderen sich wieder auf ihr Spiel konzentrierten, schlich sie näher an das Wasserloch heran. Wachsam spähte sie nach allen Seiten. Sie konnte den Golfball deutlich erkennen. Sie brauchte nur die Hand danach auszustrecken. Sie hörte den Schlamm unter ihren Füßen blubbern, als sie ihr Gewicht verlagerte, und hob rasch den Kopf, um sich zu vergewissern, daß niemand sie beobachtete. Gail hörte die anderen lachen. Keiner schien ihre Abwesenheit zu bemerken. Sie tauchte die Hand ins Wasser und wartete. Als sich nichts regte, ließ sie den Arm tiefer, fast bis zum Ellbogen, hineingleiten und schwenkte ihn unter Wasser hin und her. Sie hörte ein Geräusch hinter sich, zog die Hand aus dem Wasser und wandte sich erschrocken um. Jack stand nur wenige Schritte von ihr entfernt. Er starrte sie wortlos an, bis sie sich erhob, dann machte er kehrt und ging zurück zu den anderen.
Am nächsten Tag lehnte sie die Einladung auf den Golfplatz ab und ging zum Swimming-pool, während Jack Sandra und Larry in ihren Club begleitete. Gail hatte sich erboten, am Abend für alle zu kochen.
Sie saß im Liegestuhl ihres Vaters und beobachtete Ronnie und seine Freunde beim allmorgendlichen Einölungsritual ihrer ohnehin schon fettglänzenden Körper. Sie fragte sich, wie es möglich sei, daß manche Männer sozusagen ohne Hüften auf die Welt kamen, und überlegte, ob das eine Voraussetzung für Homosexualität sei. Die drei diskutierten über Tennessee Williams’ intellektuellen Niedergang in den letzten Jahren seines Lebens, verbannten Edward Albee aus dem Musentempel, und einer von ihnen ging laut der Frage nach, wie es wohl ohne Homos um das
amerikanische Theater stände, ein Thema, das Gail für ausgesprochen diskussionswürdig hielt, welches von den dreien aber nicht ernsthaft untersucht wurde. Ihr Gespräch wandte sich vielmehr der Frage zu, wohin sie zum Essen gehen wollten.
Gail spürte, daß ihre Wangen spannten, und beschloß, ein wenig Sonnenmilch aufzutragen. Sie griff nach ihrer Badetasche, um die Flasche herauszuholen, hielt aber mitten in der Bewegung inne. Ein Tag ohne Sonnenschutzmittel würde ihr schon nicht schaden. Sie schloß die Augen und schlief ein.
Als sie zwei Stunden später erwachte, spannten nicht nur ihre Wangen, sondern der ganze Körper, und als sie die Augen aufschlug
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