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Lebenslang

Lebenslang

Titel: Lebenslang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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Schreckliche Bilder, die meinen Eltern aber gefielen, als ich sie ihnen zeigte. Für sie war mein Beruf immer eine brotlose Kunst gewesen, aber sie waren damals beruhigt, dass ich wenigstens ihren Geschmack zu teilen schien und keine Bilder malte, für die man Abitur haben musste, um sie zu verstehen.
    »Beschissen«, sage ich knapp und nehme mir ein Stück von der Fleischwurst, die sie auf einem Brettchen in kleine Scheiben schneidet.
    Jetzt legt sie das Messer beiseite und sieht mich an. Astrid ist groß gewachsen und hat schwarze Haare. Wäre sie klein und mittelblond, wären wir nicht zusammen. Sie gibt mir einen Kuss, der ein wenig nach Senf und Mayonnaise schmeckt.
    »Ich mache mir Sorgen um dich«, sagt sie und streicht mir über die Wange. »Du bist nicht zufrieden.«
    Mein Mund verzieht sich zu einem schiefen Grinsen. »Nein, das bin ich nicht.«
    »Was wirst du tun?«
    Ich zucke mit den Schultern. »Morgen im Verlag anrufen und Christine beichten, dass ich den Termin nicht einhalten kann.«
    »Das wird deine Lektorin nicht freuen.«
    »Nein, so wenig wie mich«, sage ich und nehme mir ein weiteres Stück Fleischwurst. »Wo ist Julia?«
    »Sie begleitet Sandra nach Hause und macht dann noch einen Abstecher in den Supermarkt. Mir sind Zwiebeln und Milch ausgegangen.«
    »Braves Kind.« Ich umarme Astrid und rieche an ihrem Hals. »Dann könnten wir ja eigentlich die Gunst der Stunde nutzen. Was hältst du davon?«
    Sie schiebt mich von sich fort. »Schlechte Idee, Herr Steilberg. Unsere Tochter mag zwar nicht da sein, aber dafür wird es jeden Moment an der Tür klingeln«, sagt Astrid.
    Ich lasse von ihr ab und seufze.
    »Vielleicht später am Abend«, tröstet sie mich.
    »Ja«, sage ich resigniert. »Später.«
    Ihr Lächeln ist wie eine halbherzige Entschuldigung. »Wenn du so viel Feuer in dir hast, kannst du dich ja schon einmal um den Grill kümmern.«
    Wir waren die Ersten in unserem Freundeskreis, bei denen sich Nachwuchs einstellte, deswegen war ich auch ein wenig unbedarft, als es ans Kinderkriegen ging. Obwohl es natürlich ein Schock für mich war, als Astrid mir auf einer Party gestand, sie sei schwanger. Eine Punktlandung mit einer hundertprozentigen Trefferquote. Wir hatten nur einmal ohne Verhütung miteinander geschlafen. Ansonsten hatte ich immer aufgepasst. Damals waren wir noch nicht lange zusammen, und ich war mir alles andere als sicher, ob Astrid überhaupt die Frau meines Lebens war. Aber da hatte das Schicksal die Karten schon gemischt, um es mal so auszudrücken, und ich hatte ein wenig das Gefühl, in eine Falle getappt zu sein. Nie zuvor hatte ich Verantwortung für ein Lebewesen übernehmen müssen. Selbst eine Katze war mir nicht ins Haus gekommen, weil ich keine Lust hatte, mich um ein Tier zu kümmern, das außer Schlafen, Fressen und Verdauen wenig zustande brachte. Genau genommen wollte ich mein altes Leben auf keinen Fall aufgeben. Nach Astrids Eröffnung malte ich mir in den düstersten Farben aus, wie wir uns vollkommen übermüdet und ungewaschen durch den Tag schleppten, den Kontakt zu Freunden verloren und die Abende erschöpft vor dem Fernseher verbrachten. Ich sollte mich noch wundern, wie anstrengend es tatsächlich wurde. Natürlich änderte sich unser Leben radikal, doch anders, als ich gedacht hatte.
    Es war ein Schock gewesen, als Astrid mir damals nach der Entbindung mit fester Stimme sagte, dass sie das Kind nicht wolle, nein, auf keinen Fall, dass ihr alles zu viel sei. Sie verbrachte die Tage nur noch im Bett. Wir hatten uns auf Julia gefreut, Astrid am allermeisten, das Kinderzimmer mit allerlei Kitsch und Nippes hergerichtet, sogar einen Stubenwagen mit Baldachin besorgt. Aber nun saß sie aufrecht in ihrem Wochenbett und weigerte sich, Julia in den Arm zu nehmen, geschweige denn, sie zu stillen. Sie weinte nicht, sondern war wütend. Auf sich. Auf mich. Und auf Julia. Vielleicht hatte sich Astrid so ein Kind anders vorgestellt, weniger anstrengend. Aber mit einem Mal war jemand da, der rund um die Uhr Aufmerksamkeit einforderte, denn Julia schlief anfangs vielleicht zwei Stunden am Stück, war dann für eine Stunde wach, um dann wieder zwei Stunden zu schlafen. Ein Rhythmus, der uns zermürbte.
    Die Brustentzündung, die Astrid dann bekam, war eigentlich eine Erleichterung für sie, denn durch das Antibiotikum, das sie dagegen nehmen musste, erledigte sich das Stillen, und ich musste Julia die Flasche geben. Alle zwei Stunden, Tag und Nacht, während

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