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Lebenslust: Wider die Diät-Sadisten, den Gesundheitswahn und den Fitness-Kult (German Edition)

Lebenslust: Wider die Diät-Sadisten, den Gesundheitswahn und den Fitness-Kult (German Edition)

Titel: Lebenslust: Wider die Diät-Sadisten, den Gesundheitswahn und den Fitness-Kult (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Lütz
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nun geschah das Unerwartete. Der Moderator stellte die Frage, was denn eigentlich das Wesentliche im Leben sei. Da wurden die beiden alten Männer nachdenklich. Ernst Bloch stopfte sich stirnrunzelnd seine Pfeife und sagte nichts. Gabriel Marcel stützte sich im Sitzen auf seinen Stock, sah angestrengt in die Ferne und sagte auch nichts. Und in die Stille hinein fragte der Moderator, ob es denn so etwas wie das Transzendente gäbe, das Jenseitige, und ob man das in diesem Leben schon erleben könne. Da richtete sich der alte Ernst Bloch auf, nahm seine Pfeife zur Seite und sagte mit klarem Blick, ja, das Transzendente gebe es und man könne es auch erleben, nämlich in der Neunten Symphonie von Beethoven. Und Gabriel Marcel, der seinen greisen Altersgenossen bei dieser Antwort genau angeschaut hatte, nickte mit einer Lebendigkeit, die ihn geradezu jung erscheinen ließ. Ja, sagte er, die späten Symphonien von Beethoven, da ereigne sich Ewigkeit. Und die beiden alten Männer lächelten sich an. Ganz unerwartet hatten sie doch noch etwas gefunden, auf das sie sich einigen konnten. Und man hatte in diesem Augenblick das Gefühl, dass die beiden Alten, die bald darauf starben, wussten, dass das, worauf sie sich geeinigt hatten, nichts Nebensächliches, sondern das Wesentliche war, das ihnen bis zu ihrer letzten Stunde Lust am Leben bereitete.
    Die Neunte Symphonie von Beethoven dauert weniger als eine Stunde, und wenn sich während einer solchen in Muße erlebten vergleichsweise kurzen Zeitspanne Ewigkeit ereignen kann, dann sind alle unsere Kalkulationen, wie man länger Spaß am Leben hat, überboten. Denn es handelt sich dabei natürlich nicht um eine Stunde Ewigkeit. Die Zeit ist vielmehr gesprengt und wir rühren für Momente bereits in diesem Leben an etwas, das über dieses Leben hinausgeht. Die im Bewusstsein ihrer Unwiederholbarkeit erlebte Enge der Zeit führt auf solche Weise nicht zu bloßer Angst – das Wort Angst kommt etymologisch von Enge –, sondern durch Angst hindurch in die Weite der Ewigkeit. Damit wird klar, warum Ewigkeit etwas ganz anderes ist als die Idee von einem tödlich langweiligen unendlichen Leben in lustloser Gleichgültigkeit. Das Missliche ist nur, dass man der Ewigkeit nicht mit den Instrumenten beikommen kann, die wir gewöhnlich anwenden, um Kostbares zu erwerben. Ewigkeit hat keinen Preis, Ewigkeit ist nicht herstellbar, Ewigkeit ist nicht konkret fassbar und begreifbar. Ewigkeit ereignet sich, und was uns dabei er greift, das be greifen wir nicht auf übliche Weise.
    2. Gelebte Liebe
    Damit rührt das sinnliche Erleben von Ewigkeit an das, was wir schon als das Wichtige im Leben genannt haben und was unabdingbar ist für so etwas wie Lebenslust. Auch Vertrauen, auch Liebe sind – weil sie wichtig sind – nicht begreifbar und definierbar, ganz im Gegenteil. Paul Watzlawick, dem ich persönlich und dem auch dieses Buch viel zu verdanken haben, hat vor Jahren in seinem Bestseller »Anleitung zum Unglücklichsein« auf unterhaltsame, aber zugleich sehr eindrückliche Weise die Grenzen unseres instrumentellen Denkens aufgewiesen, das zuverlässig gerade am Wichtigen im Leben scheitert und damit letztlich nicht glücksfähig ist.
    Vertrauen und Liebe sind zweifellos wichtig. Was passiert aber, wenn man Vertrauen für begreifbar hält? Zur Herstellung einer unglücklichen Ehe ist es beispielsweise nützlich, plötzlich und unerwartet zu fragen: »Kann ich dir eigentlich vertrauen?« Jede Antwort auf diese Frage führt zuverlässig ins Chaos. Denn das Erschrecken des überraschten Partners und das irritiert gemurmelte: »Ja, natürlich«, zieht unerbittlich die Frage nach sich: »Dann beweise mir das einmal! Wo warst du also gestern um halb fünf?« Was auch immer nun der andere antwortet, es wird zu wenig oder zu viel sein und er, der Antworter, wird nach jahrelanger Ehe – mit Recht – so gekränkt sein, dass genau das, wonach gefragt wird, durch die Frage selbst zerstört wird, nämlich das Vertrauen. Man kann Vertrauen nicht beweisen, man kann es auch nicht wissen, denn es ist wichtig und das Wichtige wissen wir nicht, wir müssen uns seiner gewiss sein. Gewissheit ist aber viel mehr als Wissen, es ist die unbeweisbare, aber mit der ganzen Existenz eines Menschen erfahrbare Frucht eines menschlichen Lebens, die sich einstellt und das Leben trägt. Ohne Vertrauen ist ein Leben nicht erträglich. Vertrauensvolle Freundschaft, die in aller Hektik des alltäglichen Lebens

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