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Lebenslust: Wider die Diät-Sadisten, den Gesundheitswahn und den Fitness-Kult (German Edition)

Lebenslust: Wider die Diät-Sadisten, den Gesundheitswahn und den Fitness-Kult (German Edition)

Titel: Lebenslust: Wider die Diät-Sadisten, den Gesundheitswahn und den Fitness-Kult (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Lütz
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hätte es Laplace wahrscheinlich auch nicht formulieren können – und auch nicht Sigmund Freud. Denn die Crux bei allen Gesetzmäßigkeiten war – die Freiheit des Menschen.
    3. Die Zukunft einer Illusion
    Daher war der Versuch der freudschen Psychoanalyse geradezu der notwendige Schlussstein für das deterministische Projekt des 19. Jahrhunderts. Freud hat sich nicht zuletzt als Neurologe gesehen. Seine Hoffnung war, dass letztlich die körperlichen Ursachen gefunden würden, die den psychischen Phänomenen, mit denen er sich befasste, zugrunde lägen. Lange nach seinem Tod hat ihm dafür Jürgen Habermas ein »szientistisches Selbstmissverständnis« vorgeworfen und die Psychoanalyse mit Recht als hermeneutische Disziplin zu sehen empfohlen, die verstehen kann, aber nicht nach Gesetzen erklären. Doch Habermas war kein Mensch des 19. Jahrhunderts. Wie am Anfang dieses Säkulums Johann Wolfgang von Goethe, so hat an seinem Ende Sigmund Freud die fixe Idee verfolgt, seine geistigen Schöpfungen seien seinen naturwissenschaftlichen Ambitionen unterlegen. In Wirklichkeit war das Gegenteil der Fall.
    Der Ersatzreligion des 19. Jahrhunderts, dem Determinismus, war nur ein kurzes Leben beschieden. Dem Zusammenbruch des naturwissenschaftlichen Weltbilds des 19. Jahrhunderts durch die Quantentheorie Max Plancks zu Anfang des 20. Jahrhunderts, die jeden Determinismus ausschloss und keine Notwendigkeiten, sondern bloß noch statistische Wahrscheinlichkeiten übrig ließ, folgte der Zusammenbruch des real existierenden Sozialismus am Ende des Jahrhunderts. Und Gott, den man so pathetisch verabschiedet und durch den Determinismus ersetzt hatte, wurde wieder zum Thema. Max Planck und viele andere moderne Physiker waren wieder religiöse Menschen und die Altreligionen erwiesen sich als entscheidende Kraft bei der Entmachtung der Regime Osteuropas. Doch in einem Bereich hielt sich das große Projekt des 19. Jahrhunderts, der Determinismus: Im Schutze der Gesundheitsreligion schwirrt er absurderweise jetzt nur noch durch die Köpfe von Psychologiegläubigen. Diejenigen, die heute am häufigsten nach »Ursachen« gefragt werden, sind wohl die Psychologen.
    Nur kann die Psychologie die Frage nicht beantworten, jedenfalls nicht so, wie man es sich gemeinhin erhofft. Psychologische Einsichten sind keine Wahrheiten, sondern mehr oder weniger nützliche, unterschiedliche Sichtweisen auf eine Realität, der man das letzte Geheimnis nicht entreißen kann. Selbstverständlich deutet jede psychologische Schule psychische Phänomene so, »als ob« es die Freiheit des Menschen nicht geben würde. Andernfalls könnten überhaupt keine Regelhaftigkeiten festgestellt werden und es bliebe nur der individuelle Fall, für den man von keinem anderen Fall irgendetwas lernen könnte. Aber auch wenn man versucht, die psychische Situation eines Menschen aus dem Vergleich mit ähnlichen Fällen und mit den daraus abgeleiteten Regelhaftigkeiten zu verstehen: Man muss sich stets bewusst bleiben, dass die individuelle Freiheit jedes einzelnen Menschen alle Regelhaftigkeiten sprengen kann. Daher ist die Psychoanalyse wie alle Psychotherapieschulen nichts anderes als eine Illusion, die freilich hilfreich sein kann. Ob sie allerdings eine Zukunft hat, um den bekannten Titel von Freud aufzugreifen, steht in Frage. Denn ihre traditionelle Konzentration auf Ursachen, vor allem in der frühen Kindheit, nach dem Motto: »Sie haben ein Problem? Da hätt’ ich noch eins für Sie!«, hat sich therapeutisch als wenig effizient erwiesen. Und da Psychotherapien nicht nach ihrer »Wahrheit« zu beurteilen sind, sondern nach ihrer Effizienz, ist das eine veritable Krise der Psychoanalyse, wenigstens in ihrer traditionellen Form. Schulübergreifend ist man sich nämlich inzwischen darüber im Klaren, dass für eine effiziente Therapie nicht die Herausarbeitung der Ursachen, sondern die Lösung der geklagten Probleme im Vordergrund zu stehen hat und dass dafür nicht die allfälligen Defizite eines Menschen von vorrangigem Interesse sind, sondern vor allem seine Ressourcen.

II. Über Wirkungen: Was theoretischen Wein von Wein unterscheidet
    1. Unfehlbare Utopien über Gott und die Welt
    Gerade das aber, was der Psychoanalyse wissenschaftstheoretische Schwierigkeiten bereitet und ihre Entwicklung zu mehr Effizienz behindert, nämlich dass sie als Wahrheitslehre und totale Weltdeutung missverstanden wird, ausgerechnet dafür gibt es einen unbegrenzten Markt. Denn

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