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Leberkäsweckle

Leberkäsweckle

Titel: Leberkäsweckle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Weiler
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gewiss, aber auch das schnelle Ende einer unsinnigen Flucht. Denn was sollte er jetzt machen? Etwa in den Untergrund und im »Atlas-Grill« nach Unterschlupf fragen? Dann war er vielleicht versteckt, aber keinen Deut weiter. Sollte er dann irgendwann nach drei Monaten auftauchen und, tja, was dann sagen? War in der Südsee, wollte mal raus. Das waren doch Hirngespinste. Er wusste nur eins: Die Entscheidung, die er jetzt fällte, würde sein weiteres Leben bestimmen.
    Das sah Gott ähnlich. Dieser Mann hatte sich allen seinen Ratschlägen zum Trotz immer wieder dermaßen aus dem Fenster gelehnt, dass es jetzt so langsam auch für ihn gut war. Er konnte nicht immer hier mal was richten, da mal einem den Weg zeigen, dann dauernd diese Sinnfragen beantworten und sich mit diesem »Und wenn es dich nicht gibt« rumschlagen. »Wenn es mich nicht geben sollte, dann ist das auch nicht mehr mein Problem!«, schrie er dann fast zurück. Sollten sie doch klarkommen ohne Gott.
    Aber dieser Bremer war ein anderes Problem. Sollte er, wie seine Vertreter der verschiedenen Richtungen, jetzt strafend eingreifen, diesen Menschen zur Rede stellen und dann aburteilen? Das lag ihm so gar nicht. Er konnte, auch bei seinem Überblick, nicht einfach so sagen, die ist gut und der ist schlecht. Er wollte Freund sein, Begleiter und auch schon mal der Helfer in der Not. Wie sollte er jetzt vorgehen?
    Dieser Bremer hatte nun wirklich kein Leben gelebt, das irgendwie zur Gnade Anlass geben würde. Aber so sitzen lassen, das wollte Gott ihn nun auch nicht. Weil auch Gerda ein gutes Wort für ihn eingelegt hatte und immer noch einlegte. Er könnte ihn zu sich holen, einfach so. Drunten war er dann weg, und die konnten sich dann fragen. Das hatte früher schon hin und wieder gut geklappt. Oder er könnte ihm wirklich helfen, das war zwar Arbeit, doch die war es dann auch wert.
    Aber er würde es dem Bremer nicht so leicht machen, wie der es sich vermutlich erhoffte.
    Hoffnung herrschte im Moment wenig bei Luise Bremer. Sie war inzwischen wieder bei Bewusstsein, aber kaum ansprechbar.
    Man ging eben, wenn man ging, dachte sie in ihrem wenig durchbluteten Gehirn. Es war ein Leben gewesen, geprägt vom Wollen, vom Irgendwohin-Wollen eigentlich. Sie hatte das nie überlegt oder durchdacht. Da war sie, dann irgendwann der Hans, und dann war da nur noch ein Wollen. Dann war der Hans weg, sozusagen, und schon fehlte ein zentrales Element in ihrer Lebensphilosophie. Wobei dieses Wort hier unter seinen Möglichkeiten eingesetzt war, das würde auch Luise zugeben. Sie wollte ja kämpfen, aber wofür denn? Dass ein immer fremdgehender Hans dann weiter fremdging und sie zu Hause saß und eine Bürgermeistersgattin gab? Bis hin zu solchen Momenten, wo dein eigener Grabstein an dir vorbeigetragen wurde? Das konnte es nicht sein.
    In ihrem Kopf lief nicht mehr sehr viel ab, aber wie es dann so ist, wenn nur noch die Notversorgung die Gedanken umtrieb, dann kam halt das ganz Alte hoch. Sie ging zurück in der Zeit, sah Menschen, die längst aus ihrem Leben verschwunden waren. Sie wollte sie festhalten, fragen, wo denn der Weg und die Zeit geblieben seien. Aber die Menschen hörten sie anscheinend nicht. Sie sah ihre Mutter und deren kritischen Blick, als sie ihr den Hans vorgestellt hatte. Sie sah ihren Vater, wie er mit Hans in die Wirtschaft ging, um erst einmal ein Bier mit ihm zu trinken. Dann sah sie den Arzt, der ihr eröffnete, leider keine Kinder bekommen zu können. Sie sah das Gesicht vom Hans, und da wurde ihr bewusst, dass das der Moment gewesen wäre, in ihrem Leben eine Entscheidung zu treffen. Denn Fortpflanzung, das stand dem Hans auf die Stirn geschrieben. Er wollte einen Sohn, er musste einen Sohn haben. Aber wer verließ in einem solchen Moment seines Lebens den Partner? Jetzt, hinterher, konnte sie das denken, und das auch nur, weil sie sonst nicht mehr viel zueinanderbrachte. Das waren eben Fragen, die das Leben stellte, aber meist erst hinterher, und da war dann nur noch diese Einsamkeit.
    So richtig einsam fühlte sich auch Hans Bremer. Der Taxifahrer hatte ihn am Ortsrand von Pfenningen rausgeschmissen. Geld war eine Sache, eine solche Nervensäge eine andere, hatte sich der Fahrer gedacht und kurzerhand eine Entscheidung getroffen. Bremer hatte sich noch bedankt und stand dann wieder beim Steinmetz Wiest vor dem Haus. Dort war er vor gut einer Stunde losgefahren. Aber hier konnte er nicht bleiben, ganz schnell musste er hier weg.
    Eigentlich

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