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Leg los alter Sack

Leg los alter Sack

Titel: Leg los alter Sack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kester Schlenz
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bedeckt mein fettglänzendes Antlitz mit einer dicken Schicht Rasierschaum. Ich kann durch den Nebel des Visagenbedampfers kaum noch etwas erkennen.
    Doch da – für eine Zehntelsekunde erkenne ich die scharfe Klinge des Rasiermessers, die sich langsam meiner Kehle nähert.
    Ich erstarre, was auch besser ist. Denn als jetzt die Klinge gegen den Strich kratzend über meinen Hals fährt, wäre Zappelei eher unangebracht. Aber Fatma weiß, was sie tut. Zügig, aber ohne Hektik schabt sie Haar um Haar von meinem Gesicht, bewältigt auch kantige Problemzonen im Kinnbereich ohne Gemetzel und cremt mich nach der Rasur mit allerlei pflegenden Substanzen ein. Ein großartiges Gefühl. Dann übernimmt ihre Kollegin Ferda, die Leiterin des Kosmetikbereiches,
die Schlenz-Bearbeitung. Sie verpasst mir eine großartige Kopf-, Nacken- und Schultermassage. Dann kommen sogar die Füße dran. Es killert nicht. Ich dämmere weg, höre die sanfte Musik.
    Herrlich, sich mal so verwöhnen zu lassen. Das machen wir Männer viel zu selten.
    Und es wird noch besser. Es folgt die Anwendung »Klare Sache«. »Aufklärung für die Haut« heißt es im Programm soldatisch. Dabei geht es um eine »Gesichtsbehandlung mit Bedampfung für eine porentief gereinigte und erfrischte Haut«. Okay, man möge mich erneut bedampfen. Zudem werde ich gewienert, eingecremt, von widerborstigen Haaren befreit, bekomme ordentlich was auf die Augen und obendrein eine Massage im Nacken und am Kopf. Großartig!
    Ich dämmere noch ein wenig im Liegen, schaue nach draußen auf die Alster und denke: »Ganz großer Sport, so ein Beautyprogramm.« Dann bin ich fertig. Entspannt, gründlichst rasiert, porentief rein, glänzend – und, wenn man die Augen ganz doll zusammenkneift, auch fast ein bisschen schön.

Ich rieche gern
    MEIN GROSSER PARFÜMTEST
    Ich hatte schon immer eine empfindliche Nase. Umkleideräume in der Schule zum Beispiel waren mir olfaktorisch schwer verhasst. Und auch heute stehe ich ungern mit einem ehrgeizigen Fahrradkurier in einem Aufzug. Besonders peinlich ist es ja immer, wenn so ein dünstender Kraftmensch früher als man selbst aussteigt und dann im nächsten Stockwerk Kollegen zusteigen. Ahnen sie, dass die Wolke aus Kettenöl und Drüsensekret nicht mir entströmt? Sie sehen: Gerüche beschäftigen mich. Kein Wunder also, dass ich mich seit frühester Jugend auch ihren positiven Seiten zuwende. Ich benutze schon lange Parfüms und Eau de Toilettes. Gern erinnere ich mich an heute unmögliche Düfte wie »Old Spice« (»Old Schweiß«), »Tabac« oder das leicht tuntige »Yardley«. Geruchstechnisch am heftigsten ist mir ein ungemein schweres Wässerchen namens »Fahrenheit« in der Nase geblieben. Das kleisterte einem flächendeckend die Schleimhäute zu, roch aber immerhin schön teuer, was es übrigens auch war.
    In den freakigen 70ern kam es dann ja mal zwischendurch zu einer kurzen Patschuli-Phase unter jungen Menschen. Wer heute um die fünfzig ist, wird sich an das penetrante, süßliche Duftöl aus Indien erinnern, das sich zwischen all den Haschischschwaden wie ein öliger Film auf die Flokatis in den von Lichtorgeln erhellten Partykellern legte.

    Haschisch? Ich habe selbstverständlich nie inhaliert, sondern nur Kekse gegessen.
    Und weil ich nun so gern über Männerparfüms rede, ist es nicht verwunderlich, dass mich Kolleginnen aus dem zuständigen Stern -Ressort gebeten hatten, ein paar angesagte Düfte für sie auszuprobieren. Ist ein wenig her, aber alle Parfüms waren und sind sozusagen Klassiker und noch im Handel. Und ich nahm es damals sehr ernst. Deshalb hab ich die sechs hübsch verpackten Eau de Toilettes nicht einfach nur benutzt, sondern wirklich getestet.
    Wie trägt man Parfüm eigentlich ordnungsgemäß auf? Einfach den ganzen Mann einnebeln? Unter die Achseln reiben? Großzügig in die Halsbeuge schütten? Auf den Steiß träufeln?
    Ich wusste es nicht genau. Recherche heißt ja: rausgehen und Leute befragen. Zum Beispiel Experten. Die fein angezogenen Damen in den besten Jahren bei Douglas erschienen mir kompetent. Schließlich tun sie ja den ganzen Tag nichts anderes, als Zinkenwässerchen zu Unsummen an Mann und Frau zu bringen. Ich betrat also eine der gediegenen Filialen, schritt auf eine hochtoupierte Fregatte zu und sprach: »Ich soll Parfüms ausprobieren.« »Keine Pröbchen, Bursche«, zischte sie und berührte einen Alarmknopf an der Tischkante. Auf einer Empore erhob sich ein Mann mit einer

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