Leg los alter Sack
bisschen ruhiger angehen lassen und habe erst mal nur weiter gejoggt. Walken habe ich auch mal probiert, was mir aber irgendwie auf die Dauer ein bisschen zu doof war.
Kieser war wie gesagt okay, aber auch da muss man sich länger festlegen, und nach meinem Bandscheibenkram habe ich eine ganze Zeit lang Geld verbrannt, ohne wirklich zu trainieren. Deswegen hatte ich von allen kommerziellen Muckibuden erst einmal die Nase voll.
Zwei Jahre später habe ich dann diesbezüglich den allerletzten Versuch gemacht, nämlich in meinem Verlag. Unten im Keller ist dort ein Fitness- und Kraftstudio eingerichtet worden. Ich dachte mir: »Das ist es: Was gibt es Besseres, als in der eigenen Firma direkt nach dem Job zu pumpen?« Also ging ich hin. Auch dort wurde ich kompetent eingeführt, musste mich auch nicht allzu lange festlegen und zahlte für meine Mitgliedschaft entschieden weniger als vorher. Es gab zwar nicht annähernd so viele Maschinen wie in den anderen Fitnesscentern, aber irgendwie fühlte ich mich ganz wohl. Ich sagte mir: »Toll, Alter, immer wenn du mal einen Augenblick Zeit hast und abends früher fertig bist als gedacht, schiebst du noch mal eine Einheit rein, setzt dich dann gleich so ins Auto, duschst zuhause und hast nicht diesen ganzen Stress mit diesen Firmen und Verträgen und all diesem Kram.«
Das klang eigentlich ganz gut, ich habe das auch ein paar Mal durchgezogen, aber dann begann ich zu schwächeln. Ich ging nicht wirklich regelmäßig runter ins Kraftstudio und pumpte. Immer kam was dazwischen.
Der innere Schweinehund war stärker, mal hatte ich zu viel Hunger, dann war ich irgendwie schlapp – tja, und schließlich gestand ich mir die ganze Wahrheit ein: Es ist einfach unfassbar langweilig, an diesen Geräten zu sitzen, Gewichte zu stemmen und geradeaus zu stieren.
Das Pumpen hat mir einfach bis zum Schluss keinen Spaß gemacht, und nach dem erneuten Flop im verlagseigenen Fitnessstudio – was ich nicht diesem anlaste, sondern einzig mir – beschloss ich: Muckibuden sind definitiv nichts für mich.
Freut euch, ihr Krafttrainer, ihr muskulösen Kunden all dieser Läden. Dieser schmale, mürrische alte Sack mit den dünnen, weißen Beinen wird nicht mehr neben euch fluchend kleine Hanteln stemmen und ächzen wie ein Grottenolm beim Sex. Für mich ist dieses Kapitel in jeder Hinsicht (!) beendet.
Schonende Sportarten
FÜR ALTE SÄCKE
EXTREM-SITTING
HALLEN-JOJO
SPAZIERGEHING
TASCHEN-BILLARD
COUCHING
FAHRSTUHL-TAKING
FUSSBALL-GUCKING und FINGER-JOGGING (auf der Fernbedienung)
FRAUEN-HINTERHER-GLOTZING
MITTAGS-SLEEPING oder DÖSING
BIERKASTEN-HEBING und POWER-SKAT
Schöner werden
Im Reich der Sinne
BESUCH IM NIVEA-WELLNESS-TEMPEL
Immer wieder sagt meine Frau zu mir: »Alter Sack, tu doch mal was für dich und jammere nicht immer nur.« »Was denn, Frau«, murmele ich darob stets und jammere leise weiter. »Na, du hast doch mal in diesem Wellnesstempel, dem Niveahaus, eine Massage bekommen und warst hinterher wie ausgewechselt. Da gehst du jetzt mal wieder hin. Das wird dir guttun. Eine Freundin hat ihren Mann da zu einer sehr speziellen Rasur geschickt. Mit Beautyprogramm. Mach das auch mal.«
Und da ich besser tue, was meine Frau mir rät, ging ich an einem regnerischen Freitag zu diesem Wellnesstempel mitten in Hamburgs feinster Einkaufsmeile. Eine riesige Niveadose ziert die Häuserfront. Unten im Erdgeschoss gibt es ungefähr acht Millionen Niveaprodukte zu kaufen. Auf drei ansprechend eingerichteten Stockwerken darüber und im Keller finden die sogenannten Anwendungen statt: Massagen, Peelings, Pediküre, Bäder,
Packungen, kurz: Runderneuerungen aller Art. Dort soll ich das »volle Programm« für Männer bekommen, eine Pflegerasur der guten alten Art, verbunden mit einer Gesichts- und Nackenmassage. Fatma, die türkische Barbierin, kommt auf mich zu. In der Hand hält sie ein bedrohlich funkelndes Rasiermesser. »Das ist scharf, nicht wahr?«, frage ich mit leiser Stimme. »Nein«, antwortet Fatma. »Das ist sehr scharf.«
Dann klappt sie das Messer einmal auf und zu und lächelt. Voll cool, die Frau.
Man führt mich ab in das Behandlungszimmer und bettet mich auf eine Art Liegestuhl. Das Licht wird gedimmt. Fatma schiebt einen Plastikrüssel vor meinen eigenen und drückt auf einen Knopf. Feiner, heißer Nebel hüllt mich ein. Man bedampft meine Fresse, dann wird selbige mit Nivea-creme eingerieben. »Damit die Haut nicht so gereizt wird«, sagt Fatma und
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