Leg los alter Sack

flächendeckend eingesprüht. Sonderbar … ich fühle nichts. Herzschlag normal. Hautwiderstand im Toleranzbereich.
    Allerdings ist meine Nase komplett paralysiert.
    Geruchsempfinden ausgeschaltet. Anscheinend eine Art Reizüberflutung. Gut, ich brauche Mitriecher. Werd gleich mal zu meiner Frau und meinen Kindern rübergehen.
    Komisch … warum laufen sie denn aus dem Haus? Warum versucht unser Hund, sich aus dem Körbchen zu stürzen? Warum bin ich ganz allein? Warum fallen die Fliegen tot von der Decke? Warum lösen sich die Tapeten von den Wänden? Ich denke, ich werde noch eine Terz von der Duftmischung nachlegen.
    Herzlichst
    IHR TESTER
(Nach Diktat verduftet)

Schöner, fremder Mann
    MÄNNERKOSMETIK BEINHART GETESTET
    Ich bin ja nicht mehr ganz frisch. Mit meinen 52 Jahren. Obwohl ich jogge, mich gesund ernähre und in Maßen zeche, sehe ich mittlerweile im Gesicht aus wie ein etwas zu lange gelagerter Pfirsich. Deshalb sagte ich mit Begeisterung zu, als mich eine meiner Kolleginnen bat, für sie Kosmetik für Männer zu testen. Ich würde – so hoffte ich – mit den jetzt immer zahlreicher angebotenen Pflegeprodukten für den Herrn ein neuer Mann werden. Nicht mehr der falbe Tränensack auf zwei Beinen, sondern ein neuer moderner Typ mit Spannkraft und einer Haut wie ein Babyhintern. Und wer wünscht sich die nicht? Ich habe das hier also auch für Sie, liebe Leser, getan. Hier meine kleine »Stiftung Kester-Test«:
    DIE COOL & MATT GESICHTSTÜCHER VON LANCÔME
    Das Versprechen: Der Einsatz dieser »Face Towelettes« soll ein »glänzendes Gesicht während eines anstrengenden Meetings oder in stressigen Situationen« verhindern. Immerhin verfügen die dreißig Tücher in der Packung über einen »mattierenden Sweat-Absorber«,
und das kann wahrlich nicht jedes Tuch von sich behaupten. Ich habe keine Ahnung, was so ein »Absorber« macht. Egal, er wird beinhart getestet.

    Der Test: Ich beschließe, die Towelettes bei einem der häufig sehr anstrengenden Meetings in der Stern -Grafik auszuprobieren. Dort ringen wir Texter mit Layoutern um Platz für unsere Geschichten. Ich suche mir Markus, einen besonders groben Grafiker, aus. Während er mir gerade zu erklären versucht, dass man sehr wohl 100 Zeilen einer 120-Zeilen-Geschichte ohne inhaltliche Abstriche kürzen könne,
stehe ich auf, verlasse den Raum und wische mir draußen auf dem Gang mit einem der Towelettes über das Gesicht. Es fühlt sich angenehm frisch an, und der »Sweat-Absorber« riecht gut. Anschließend gehe ich zu Markus zurück, setze mich dicht vor ihn und sage: »Schau, ich glänze nicht mehr.« Er drückt sein Unverständnis mit den zärtlichen Worten »Hast du Lack gesoffen?« aus. Ich gehe glanzlos ab.
    Das Fazit: Ein kurzfristiges Frischegefühl nach dem Einsatz der Tücher lässt sich nicht leugnen. Und Schweißglanz verhindert das Ganze auch eine Zeitlang. Man kann sich aber stattdessen auch einfach auf der Toilette kaltes Wasser ins Gesicht schütten und sich danach mit einem Papierhandtuch abtrocknen. Das bringt’s auch und ist umsonst.
    DER AFTER SHAVE HEALER VON CLINIQUE
    Das Versprechen: Die »leichte Feuchtigkeitslotion« soll frisch rasierte Haut beruhigen, das Hautbild verbessern und ein angenehmes, frisches Prickeln erzeugen. Der Name »Clinique« verströmt Professor-Brinkmann-mäßige Kompetenz. Ich bin voller Hoffnung.
    Der Test: Ich rasiere mich beherzt und nass, verteile etwas Lotion auf meiner Hand und reibe sie mir ins erwartungsvoll gerötete Backpfeifengesicht. Und – es wirkt. Das Zeug zieht schnell ein und hinterlässt ein angenehmes, wohliges Gefühl. Über eine Verbesserung des Hautbildes muss noch ein Langzeittest entscheiden.
    Das Fazit: Gut, das. Kann man machen.
    DIE PEDIX TREATMENT SOCKS
    Das Versprechen: Hier handelt es sich um Schönheitssocken, die während des Tragens aus einer Beschichtung an den Innenseiten »hochwertige Pflegestoffe und Feuchtigkeitsspender« abgeben und angeblich für »sofortiges Wohlbefinden« und »traumhaft weiche Haut« an den Füßen sorgen sollen. »Verhärtete oder schwielige Haut« würde wieder »zart« werden. Wow! Ich überlege, ob ich mir die Dinger gleich übers Gesicht ziehen sollte.

    Der Test: Ein- bis zweimal die Woche soll man die schweren, türkisfarbenen Socken einige Stunden tragen. Als ich das erste Mal hineinschlüpfe, fühlt sich das an, als ob ich in nassen Gummistiefeln herumlaufe. Es ist Samstag, und ich beschließe, in meinen grellen Socken einen