Legende von Eli Monpress 02 - Herr des Windes
initiiertes Ligamitglied«, sagte er. »Öffne sie selbst.«
Sted gab eine lange Reihe von Unflätigkeiten von sich. Einen Moment später hörte Alric das unverwechselbare Geräusch, das den Schnitt durch die Realität anzeigte, und das Grummeln verstummte. Als er sich über die Schulter umblickte, war der Raum leer. Mit einem Lächeln wandte sich Alric wieder seinen Aufgaben zu. Egal, wie dieses Spiel ausging, er konnte nur gewinnen. Wenn Sted seinem brutalen Ruf gerecht wurde, würde er ihnen Monpress’ Dämon endlich für immer vom Hals schaffen. Wenn das Mädchen oder der Schwertkämpfer ihn besiegten, war das eigentlich auch kein großer Verlust. Er würde sich nicht mehr mit Steds Aufmüpfigkeit herumschlagen müssen, und selbst wenn sein Schwert verloren ginge, so konnte Slorn doch jederzeit ein neues schmieden.
Dieser Gedanke munterte Alric unglaublich auf, und den Rest des Tages arbeitete er mit einem Lächeln auf den Lippen.
Kapitel 15
D er Mann, nach dem Eli suchte, wohnte nicht in dem Hotel, in dem er laut Gästeliste abgestiegen war. Der Empfangschef schickte jedoch nach ein wenig Flehen und einigen Münzen, die er sorgfältig einsteckte, in Richtung Hafen, wo Herr Richton am Nachmittag per Boot nach Zarin aufbrechen sollte.
»Bist du dir sicher, dass das unser Dieb ist?«, fragte Josef, als sie über die seltsam leeren Straßen auf den Fluss zugingen.
»Absolut.« Eli grinste unter der Krempe seines großen Hutes heraus. Das war sein Kompromiss, nachdem die Perücke im Moment zu dreckig war. Er hätte genauso gut ohne Hut herumlaufen können. Seitdem sie das Büro des Hotels verlassen hatten, waren sie keinem einzigen Menschen begegnet – eine Tatsache, die Josef sehr nervös machte.
Sie huschten durch kleine Gassen zu dem Dock, das der Hotelangestellte erwähnt hatte. An dem langen Holzsteg war nur ein Boot vertäut, ein großes respektabel wirkendes Handelsboot, das durch das Gewicht seiner Ladung tief im Wasser lag.
Josef musterte es skeptisch. »Ein ziemlich langsames Fluchtfahrzeug.«
»Nicht, wenn keiner nach dir sucht«, erklärte Eli und joggte auf den Steg.
Auf dem Deck des Bootes verzurrten barfüßige Matrosen Taue und bereiteten alles für die Abfahrt vor. Einer von ihnen, ein großer Flussmatrose in einem schwarzen Hemd und mit rotem Kopftuch, schien der Anführer zu sein, denn er sah lang genug in ihre Richtung, um ihnen einen bösen Blick zuzuwerfen.
»Verschwindet«, grunzte er.
»Also, also«, sagte Eli mit einem warmen Lächeln, während er die Planke überquerte, die das Schiffsdeck mit dem Dock verband. »Nicht so hastig. Wir suchen Herrn Richton. Es ist sehr dringend.«
»Ach ja?« Der Mann richtete sich langsam auf. »Name?«
»Gentero«, antwortete Eli, ohne zu zögern.
Der Matrose warf ihm einen seltsamen Blick zu, aber er nickte und ging über das Deck zu der kleinen Kabine im Bug. Er klopfte einmal, bevor er seinen Kopf in den Raum steckte. Ein paar Sekunden später winkte er sie heran.
»Herr Richton sagt, ihr sollt reinkommen«, verkündete er, dann wandte er sich wieder seiner Arbeit zu.
Eli dankte ihm, aber der Matrose bemerkte es nicht mal; er war damit beschäftigt, das Tau zu verzurren, mit dem er sich schon bei ihrer Ankunft befasst hatte, während er etwas über dämliche Kaufleute und ihre Unfähigkeit, sich an verdammte Zeitpläne zu halten, in seinen Bart grummelte.
Eli, Josef und Nico überquerten das Deck. Dann öffnete Eli die Tür zur Kabine, ohne sich mit einem Klopfen aufzuhalten, und die drei duckten sich in den Raum. Die Kabine war klein, aber schön eingerichtet. Ein farbenfroher Teppich mit Fransen bedeckte den Holzboden, und helle Spiegellaternen, die in den Ecken über den herunterklappbaren Bänken befestigt waren, erfüllten den Raum mit warmem Licht. Farbenfrohe Gemälde exotischer Stadtansichten hingen an den Wänden; sie lenkten davon ab, dass es keine Fenster gab. Direkt gegenüber der Tür war ein großer Schreibtisch in die Wand eingebaut, und daran saß ein gut aussehender, älterer Gentleman in einem perfekt geschnittenen Marineanzug. Silberne Strähnen zogen sich durch seine kurz geschnittenen, fuchsroten Haare und den gepflegten Bart, aber sein Gesicht hatte nur wenige Falten. Tief auf seiner Hakennase saß eine Brille mit silbernem Gestell, und seine aufmerksamen, braunen Augen hinter den Gläsern übersahen nichts, als er sich zu ihnen umwandte.
»Gentero«, meinte er nachdenklich mit sanfter, weltmännischer Stimme.
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