Legende von Eli Monpress 02 - Herr des Windes
Bei diesem Anblick veränderte sich die Miene des Wächters rasch. Er trat ein wenig näher und nahm seine Karten. Nachdem er die ersten fünf Runden gewonnen hatte, war der Wächter ihnen gegenüber bereits viel freundlicher eingestellt. Daher bemerkte er kaum, dass es nach seiner anfänglichen Glückssträhne immer schlechter für ihn lief. Eli hielt das Spiel am Laufen, stellte ihm unschuldige Fragen und lenkte ihn von den Karten in seiner Hand ab, die mit jedem Spiel schlechter zu werden schienen. Für Josef, der an Elis Spielchen gewöhnt war, war deutlich zu erkennen, dass nur die halbe Aufmerksamkeit des Diebes tatsächlich auf dem Kartenspiel lag. Vielmehr konzentrierte er sich auf die Tür, hinter der die Frau verschwunden war. Seltsame Geräusche drangen durch das dicke Holz. Der Lärm war schwer einzuordnen. Es klang wie ein Seewind oder sogar ein Sturm, doch die Fackeln vor dem winzigen, dreckigen Fenster brannten ruhig und hell, ohne zu flackern.
Fast genau eine Stunde später, soweit Josef es schätzen konnte, öffnete sich die Tür wieder, und die Frau kehrte zurück, um sich wieder auf den Stuhl zu setzen. An diesem Punkt hatte der Wächter seit fast vierzig Minuten nur verloren, und Eli hatte vier seiner fünf Goldstandards zurückgewonnen. Die Frau warf ihrem Wächter einen mörderischen Blick zu. Sofort sprang er von der Bank, ließ seine Karten ungespielt liegen (was gut war: sein Paar Buben hätte Elis drei Damen niemals geschlagen) und eilte auf seinen Platz hinter ihrer Schulter. Eli grinste nur, sammelte die Karten ein und steckte sie zurück in seine Tasche, bevor er sich umdrehte, um seine jetzt um einiges günstigere Antwort zu hören.
Mit bitterer Miene schlug die Frau ein kleines ledergebundenes Notizbuch auf. »Es ist mir gelungen, den Aufbewahrungsort von acht Fenzetti-Klingen ausfindig zu machen«, sagte sie. »Ihr wirkt nicht wie jemand, der vorhat, eine solche Klinge zu kaufen, also überspringe ich den Teil, in dem ich erkläre, dass keine von ihnen zum Verkauf steht. Von den acht, die ich finden konnte, sind fünf im Besitz der Unsterblichen Kaiserin.«
Eli keuchte unterdrückt. »Die Unsterbliche Kaiserin? Könntet Ihr nicht mit einem einfacheren Ort anfangen? Zum Beispiel mit dem Grund des Meeres?«
»Ihr habt nur für Ort und Besitzer gezahlt«, erklärte die Frau. »Dass diese Antworten Euch nicht gefallen, ist Euer Problem.«
»In Ordnung.« Eli seufzte. »Schön, damit wären fünf schon einmal weg. Was ist mit den anderen drei?«
Die Frau ließ ihren Finger über die Seite gleiten. »Eine gehört dem König von Sketti.«
»Sketti, Sketti«, murmelte Eli bei dem Versuch, sich zu erinnern. »Das liegt an der südlichen Küste, richtig?«
»Um genau zu sein, ist es eine Insel«, sagte die Frau mit einem Nicken. »Eine große Insel in der südlichen See. Per Karawane vier Monate von Zarin entfernt, per Schiff fünf.«
Eli verzog das Gesicht und bedeutete ihr fortzufahren.
Die Frau blätterte auf die nächste Seite. »Gerüchten zufolge gibt es einen Fenzetti-Duelldolch bei der Großen Horde von Del Sem. Doch seit achtzig Jahren hat ihn niemand gesehen. Nicht mehr, seitdem Rikard der Verrückte seinem Namen gerecht wurde und anfing, das Familienvermögen an jeden zu verschenken, der versprach, den Dämon zu bannen, der seiner Überzeugung nach in seiner Brust lebte.«
Eli runzelte die Stirn. »Dieser Dolch könnte also überall sein.«
Die Frau nickte und klappte ihr Buch zu. »Ich würde sagen, Sketti ist Eure beste Chance. Möchtet Ihr noch eine Frage kaufen?«
»Nicht so schnell«, meinte Eli. »Ihr habt gesagt, es gibt acht Klingen. Das waren bis jetzt nur sieben. Wo ist die letzte?«
»Oh«, sagte die Frau. »Die könnte genauso gut auf dem Grund des Meeres liegen, so gering sind Eure Chancen, sie in die Hände zu bekommen. Momentan ist sie im Besitz des Herzogs von Fron.«
»Fron?« Eli pfiff leise. »Er ist angeblich reicher als einige Königreiche zusammengenommen. Herrscht über ein wunderschönes und langweiliges Herzogtum, als wäre es sein Privatspielplatz, zumindest habe ich das gehört. Wieso ist diese Klinge so unmöglich zu bekommen?«
Sie warf ihm einen ungläubigen Blick zu. »Wo habt Ihr Euch in letzter Zeit herumgetrieben?«
Sie stand auf und ging zu einem kleinen Schrank, der in der Zimmerecke stand. Er sah aus wie ein einfacher Kleiderschrank, aber als sie ihn öffnete, sah Eli, dass er voller Papiere war, die ordentlich in hölzernen,
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