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Legenden der Traumzeit Roman

Legenden der Traumzeit Roman

Titel: Legenden der Traumzeit Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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überlebt haben, bezweifle ich, dass Sie die Kraft haben, das Bett schon zu verlassen.« Er schickte sich an, ihre Hand zu tätscheln, überlegte es sich dann aber anders und spielte stattdessen an seiner Taschenuhr herum. »Der neue Pfarrer ist eingetroffen und hilft Mr. Lawrence, die Schule zu führen. Sie müssen sich also nur darauf konzentrieren, wieder zu Kräften zu kommen.«
    Jessie sank in die Kissen zurück, der kurze Anfall von Energie war plötzlich erschöpft. »Sie haben recht«, gab sie zu. »Ich fühle mich schwach wie ein Kätzchen.«
    »Ruhen Sie sich jetzt aus, und ich hole Ihnen etwas zu essen. Sie müssen Hunger haben.«
    Überrascht stellte sie fest, dass es stimmte, und nickte dankbar. »Sagen Sie«, fragte sie ihn, als er gerade gehen wollte, »wie ist denn der neue Pfarrer?«
    »Peter Ripley ist ein tatkräftiger Witwer in mittleren Jahren mit einem wahrhaft christlichen Herzen.« Seine blauen Augen zwinkerten. »Er ist genau das Gegenteil von Mr. Lawrence, und ich glaube, Sie werden ihn als sehr angenehmen Arbeitgeber empfinden.«
    »Gut«, hauchte sie, denn jetzt war sie sehr schwach. Ihre Augenlider flatterten, der Schlaf lockte. »Aber trotz all seiner Fehler war Mr. Lawrence sehr tapfer. Ohne ihn hätten wir nicht überlebt.« Sie war eingeschlafen, bevor er die Tür geschlossen hatte.
    Als sie das nächste Mal die Augen aufschlug, war der Raum sanft von Lampen erhellt, und in dem Stuhl, den Gerhardt verlassen hatte, saß Frieda. »Hallo, gut geschlafen?«
    »Danke, ja.« Jessie richtete sich gähnend auf. »Mir war gar nicht klar, dass ich so müde war.«
    »Damit war zu rechnen«, sagte die alte Dame, deren weiche Handfläche auf Jessies Stirn lag. »Aber allem Anschein nach ist Ihre Temperatur gesunken, und Sie sind endlich auf dem Weg der Besserung.« Sie rückte ein Stück nach vorn und griff mit besorgter Miene nach Jessies Händen. »Wir hatten Angst, wir würden Sie verlieren, meine Liebe. Mehrfach war es kurz davor, und ich kann meine Freude und Erleichterung gar nicht ausdrücken, dass Sie es geschafft haben.«
    Jessie konnte sich nur an furchtbare Schmerzen in der Brust und im Rücken erinnern, an Hustenanfälle, die sie zu ersticken drohten, und an rasende Kopfschmerzen. Ihre Träume waren verworren und lebhaft gewesen, und sie hatte den Verdacht, Realität und Einbildung hatten sich so sehr ineinander verflochten, dass es unmöglich war, sie auseinanderzuhalten. »Sie waren so nett«, murmelte sie. »Wie kann ich Ihnen jemals danken?«
    Frieda erhob sich aus dem Sessel und drückte ihr einen sanften Kuss auf die Stirn. »Das ist nicht nötig«, flüsterte sie. »Dass Sie wieder gesund werden, ist Dank genug.« Sie wurde geschäftsmäßig und zog an der Klingelschnur. »Ich werde einen frischen Teller Hühnersuppe bringen lassen«, sagte sie. »Wir müssen Sie wieder zu Kräften bringen, damit ein bisschen Fleisch auf Ihre Rippen kommt.«
    »Ist jemand hier gewesen und hat nach mir gefragt?« Sie versuchte, sehr sachlich zu klingen.
    »Mr. Lawrence hat seine besten Wünsche geschickt, so wie Ihre Schüler und deren Eltern. Mrs. Blake ist einmal die Woche hier gewesen, und der neue Pfarrer betet für Sie.«
    »Ach so.«
    Die intelligenten Augen durchbohrten sie. »Sie klingen enttäuscht.«
    »Ganz und gar nicht«, log sie. »Ich bedaure nur, dass ich nicht wach war, um mit Hilda zu sprechen.«
    »Mrs. Blake dürfte am Sonntag wiederkommen«, beruhigte sie Jessie. »Und jetzt machen Sie sich keine Sorgen, und lassen Sie sich verwöhnen. Sie haben viele Freunde im Tal, und sobald Sie vollends wiederhergestellt sind, werden wir zur Feier des Anlasses ein Fest veranstalten.«
    »Was für ein Tag ist heute?«
    »Dienstag.«
    Jessie verstummte. Nur noch fünf Tage, bis sie in Erfahrung bringen konnte, was aus Abel geworden war.
    Mit jedem Tag fühlte sie sich kräftiger, doch als sie darauf beharrte, aufzustehen und sich ans Fenster zu setzen, stellte sie fest, dass sie rasch ermüdete. Frieda war eine ruhige, stille Gesellschaft; oft saß sie mit ihrer Näharbeit neben dem Bett, oder sie las mit ihrer Altstimme aus einem Gedichtband vor.
    Gerhardt wiederum erschöpfte sie mit seiner aufgeregten Fröhlichkeit und seinem Geschwätz über das, was auf dem Weingut vor sich ging. Er blieb nie sitzen, las ihr nie vor oder sprach leise, sondern schritt im Zimmer auf und ab, rückte Sachen zurecht, zupfte an den Vorhängen und schlug Bücher auf und zu. Sie wusste seine Absicht zu

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