Legenden der Traumzeit Roman
ihrer Art entsprechend.
»Was für ein Name ist das?«, schnaubte John.
»Ein deutscher«, entgegnete er steif.
Johns Gesichtsausdruck war beinahe anmaßend. »Sie umwerben also unsere Schwester? Sind Ihre Absichten ehrenhaft?«
»John, bitte !«, zischte sie. Empört rang sie die Hände. »Ich muss mich für die Grobheit meines Bruders entschuldigen, Gerhardt. Ich bin sicher, er wollte nicht –«
»Ich werde mich schon selbst entschuldigen, wenn ich es für angebracht halte«, unterbrach John sie und funkelte sein Gegenüber noch immer an. »Nun, was haben Sie zu Ihrer Verteidigung vorzubringen? Oder ist ihr Mundwerk nicht so geschniegelt wie Ihre Stiefel?«
Gerhardt war starr vor Groll, seine Augen waren kalt, und in seiner Wange zuckte ein Muskel. »Ich habe die höchste Achtung vor Miss Searle«, blaffte er, »und ich verwahre mich gegen Ihren Ton.«
Daniel ballte die Fäuste und stellte sich neben John. Die Spannung war mit Händen zu greifen, während die drei Männer sich gegenüberstanden.
»Hast du gehört, Daniel?«, schnaubte John. »Der hübsche Junge hier verwahrt sich gegen meinen Ton.« Er rollte die Ärmelauf und brachte seine riesigen Fäuste bis auf wenige Zentimeter an Gerhardts Nase. »Willst du was dagegen tun, Kumpel?«
»Hier sind Damen anwesend, sonst würde ich der Aufforderung gern nachkommen«, erwiderte Gerhardt kühl.
John brach in höhnisches Gelächter aus. »Das wüsste ich aber.«
»Ich glaube, es wird Zeit, dass wir gehen«, sagte Peter. »Kommen Sie, Hilda, Jessie, ich helfe Ihnen in die Kutsche. Gerhardt, würden Sie uns bitte mit dem Picknickkorb helfen?«
John und Daniel feixten.
Gerhardt blieb trotzig. »Wenn Sie auf einer Schlägerei bestehen, dann werden wir das heute Abend erledigen, Searle. Aber ich warne Sie, ich habe Preise im Boxen!«, zischte er. Er hielt den Blickkontakt mit John aufrecht, als wolle er seine Fähigkeiten unterstreichen. Dann wandte er sich ab, nahm den Korb und verstaute ihn mit den Decken unter dem Kutschbock.
Peter betrachtete die beiden Brüder. »Ich hoffe, damit hat die Sache ein Ende«, sagte er ruhig. »Der Ort hier ist friedlich, und wir alle sind Freunde.« Sie nickten widerwillig. »Wie Sie sehen, ist nicht viel Platz in der Kutsche, daher müssen Sie uns zu Pferd folgen. Bringen Sie Ihre Zeltausrüstung mit. Wir werden über Nacht in Possum Hills bleiben.«
Jessie bemerkte ihre wütenden Blicke, als Gerhardt sich neben sie setzte, und sie fürchtete sich vor dem nächsten Tag. Wenn ihre Brüder diese Laune hatten, waren sie einfach auf Krawall gebürstet, und es sah ganz so aus, als wäre Gerhardt bereit, den Köder zu schlucken. »Bevor ihr die Pferde holt«, sagte sie von ihrem Platz herab, »müsst ihr mir versprechen, dass es keine weiteren Unannehmlichkeiten gibt. Gerhardt ist unser Gastgeber, und ich bin hier zu Hause. Ich habe einen Ruf zu verlieren. Ich wünsche keine Szene.« Sie sah ihre Brüder streng an. »Wenn ihr mir das nicht versprechen könnt, wäre es besser, wenn ihr hierbliebt, bis wir zurückkehren.«
Mit kaum verhohlener schlechter Laune nickten sie und holten ihre Pferde und ihre Bündel.
Jessie klappte ihren Sonnenschirm auf. »Tut mir leid«, murmelte sie. »Bitte, sie sollen uns nicht den Tag verderben, lass dich nicht von ihnen anstacheln. Ich habe mich so darauf gefreut.«
Gerhardt nahm die Zügel auf, doch sie merkte, dass sein Lächeln nicht bis an die Augen reichte. »Der Tag gehört dir, und es wird mir ein Vergnügen sein, ihn so angenehm wie möglich zu gestalten.« Ohne sich zu vergewissern, ob Jessies Brüder ihnen folgten, trieb er die Pferde zum Trab an.
»Mama wartet auf der Rennbahn, und wir haben ein Sonnensegel aufgestellt, damit das Essen nicht verdirbt und die Damen es bequem haben.« Seine Schultern verloren ein wenig an Steifheit, und jetzt war sein Lächeln echt. »Wir haben die Besitzer eingeladen, mit uns zu speisen, und ich glaube, du wirst feststellen, dass wir alles darangesetzt haben, den Tag denkwürdig zu gestalten.«
Jessie konnte nur hoffen, dass ihre Brüder ihm nicht aus banalen Gründen Denkwürdigkeit verleihen würden.
Possum Hills, am selben Tag
Die Pferderennbahn hatte man in einer Lichtung im Busch angelegt, an der nördlichen Grenze von Gerhardts Anwesen. Die Strecke war geharkt und festgestampft worden, doch infolge des Regenmangels war der Boden steinhart. Man hatte Zäune aufgestellt, um die Besucher vor durchgehenden Pferden zu schützen, und mehrere
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