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Legenden der Traumzeit Roman

Legenden der Traumzeit Roman

Titel: Legenden der Traumzeit Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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wusste nicht, was sie davon halten sollte.
    Sie schaute sich um. Weich spürte sie Nells Gegenwart in der nächtlichen Wärme, sie raschelte in den vergoldeten Bäumen und flüsterte im plätschernden Fluss – eine Bestätigung, dass die Liebe ihrer Großmutter in der Luft weiterlebte, die sie einatmete.
    Ruby nahm James’ aufgegebene Tonpfeife zur Hand und stopfte sie mit duftendem Tabak. Sie rauchte nur selten, doch an diesem Abend hatte sie das Bedürfnis nach dem vertrauten Ritual. Rauchfahnen hinter sich her ziehend, setzte sie sich an den Rand der Veranda und starrte in die Vergangenheit. Die war sicherer – sie stellte weniger Anforderungen und verlangte keine Entscheidungen von ihr.
    Und dennoch verfolgte Finn sie, sein Lachen hallte in ihrem Kopf wider, seine Berührung – so leicht – war eine Erinnerung, bei der ihr ein Prickeln über die Haut lief. Das Blau seiner Augen, wenn er spottete, der Schwung seiner Lippen, wenn er lächelte, der Klang seiner Stimme und die leisen irischen Kosenamen, die beiläufig wirkten und doch tiefe Zuneigung verhießen, waren so klar, dass es beinahe so war, als säße er neben ihr.
    »Das ist doch lächerlich!«, murmelte sie vor sich hin. »Du bist doch keine fünf mehr – du bist eine verheiratete Frau mit zwei Kindern. Finn wäre verärgert, wenn er glauben müsste, er bedeutet dir mehr als ein Freund.«
    Mühsam stand sie auf, sah, dass die Pfeife ausgegangen war, und steckte sie wieder in das Einmachglas auf dem Verandatisch. Trotz ihrer schönen Worte und ihrer besten Absichten wusste sie, dass sie sich etwas vormachte. Sie liebte Finn, solange sie zurückdenken konnte, und in den Monaten, in denen sie mit ihm gearbeitet, gemeinsam gegessen und mit ihm geredet hatte, war etwas in ihr wieder entflammt, was nicht zu leugnen war. Doch es musste sein: Finns Zuneigung galt einer Kusine, die Hilfe brauchte, bis es an der Zeit war weiterzuziehen. Und weiterziehen würde er mit Sicherheit, denn ihr Eheversprechen band sie an James – und damit war die Sache erledigt.
    Sie betrachtete das zerwühlte Bett und die schlafenden Kinder und stieg die Verandatreppe hinab. Barfuß ging sie durch das taufeuchte Gras an ihre Lieblingsstelle am Fluss. Sie wollte sich setzen und von der Ruhe dieser Nacht im Outback besänftigen lassen.
    Doch als sie näher kam, hörte sie ein Platschen im Wasser und erkannte, dass schon jemand dort war. In dem Glauben, es sei sicher Duncan, der gern nachts schwamm, beschloss sie, die andere Richtung einzuschlagen, doch als sie sich umdrehte, vernahm sie eine Melodie und wusste sogleich, es war nicht der Schotte, der da ein Bad nahm.
    Ihr Herz hämmerte wild, als sie sich hinter einem dicken Baum versteckte und ihn beobachtete. Was sie da machte, war falsch, doch sie hatte sich nicht unter Kontrolle. Sie fühlte sich zu ihm hingezogen, so sicher wie Wolle auf eine Spindel. Finn stand bis an die Hüften im schnellen Strom. Er sang ein irisches Volkslied, ohne auf sein Publikum zu achten, und seifte sich gründlich Haare und Gesicht ein. Er beugte die starken Arme, das Mondlicht warf einen goldenen Schimmer auf seine Haut, und die Wassertropfen an Brauen und Wimpern glitzerten wie Diamanten.  
    Fasziniert beobachtete Ruby, wie der Seifenschaum über seinen muskulösen Oberkörper rann und jeder ausgeformten Senkung, Erhebung und Kurve folgte, den zärtlichen Fingern einer Geliebten gleich. Ihr Blick wanderte zu seinen Händen – so braun von der Sonne, so kräftig und tüchtig –, die Seife auf seinen breiten Schultern verteilten, auf die Brust und den festen, flachen Bauch hinab bis zur verführerischen Linie aus dunklem Haar, das unter der Wasseroberfläche verschwand.
    Sie zog sich noch tiefer in den Schatten zurück; ein heftiges Verlangen keimte in ihr auf, und sie sehnte sich fast unerträglich danach, ihn zu berühren. Zu lange war sie nicht geliebt worden, und bei dem Gedanken an Finns Körper, der sich seidig an ihren schmiegte, an seine liebkosenden Hände, seinen Herzschlag an ihrer Brust, zitterte sie. Sie stand in Flammen vor Wollust, Moschusduft stieg als Reaktion auf seinen Sirenenruf von ihr auf.
    Finn ließ sich ins Wasser gleiten und hinterließ einen Wirbel aus kleinen, vom Mondlicht erhellten Wellen. Dann erhob er sich, stieß einen wohligen Laut aus und schüttelte den Kopf. Wasser floss herab wie Juwelenschnüre, und als er die Arme streckte, um sich die Haare nach hinten zu streifen, machte die Vollkommenheit seiner

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