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Legenden der Traumzeit Roman

Legenden der Traumzeit Roman

Titel: Legenden der Traumzeit Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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die Gezeiten, die sie wieder auf unsere geheiligte Insel zurücktragen. Eines Tages wird sie kommen, dessen bin ich mir sicher.«
    Hina senkte den Kopf, damit seine Großmutter sein Schmunzeln nicht sah. Sie mochte zwar meinen, sie könne in die Zukunft blicken, doch bewiesen hatte sie es nicht. Sollte die Uhr wirklich noch existieren, war sie vermutlich ein billiges Andenken, aus dem die Legende einen Schatz gemacht hatte. Sie nach all den Jahren zu finden war so unwahrscheinlich wie das Einfangen von Mondstrahlen.
    Kernow House, Watsons Bay bei Sydney, Oktober 1849
    »Frederick, wo bist du?« Gertrude Collinsons Stimme klang leicht verärgert, als sie die Frage zum dritten Mal wiederholte. »Frederick Cadwallader, ich weiß, dass du dich versteckst. Komm sofort raus!«
    Freddy merkte, dass die Stiefschwester seines Vaters kurz vor einem ihrer beängstigenden Wutausbrüche stand, und tauchte widerwillig aus dem Kriechgang auf, den er in dem unbenutzten Kinderzimmer entdeckt hatte. Er war zufällig darüber gestolpert, und die geschickt getarnte Tür in der Holzvertäfelung war aufgeglitten wie ein Sesam-öffne-dich in Tausendundeine Nacht. Zunächst hatte er gezögert, denn die Öffnung war schmal und dunkel, Spinnweben hatten sich in seinen Haaren verfangen, doch sein Mut war belohnt worden. Als er die Schätze betrachtete, die er gefunden hatte, wusste er, sie waren eines Piraten würdig.
    »Wenn ich nach oben kommen muss, setzt es was«, blaffte Gertrude.
    Hastig steckte er die Beute ins Dunkle, überprüfte, ob die Geheimtür fest geschlossen war, und lief die Treppe hinunter. Der Schatz war ein kostbares Geheimnis, in der Nacht würde er ihn näher untersuchen.
    Seine Tante stand mit verschränkten Armen in der Diele, und ihr Gesicht kündete ein Donnerwetter an. »Was um alles in der Welt hast du gemacht? Sieh dir nur deine dreckigen Knickerbocker an und deine Haare, dein Gesicht!« Sie nahm sein Ohr zwischen Zeigefinger und Daumen, als hätte sie Angst, ihr makelloses graues Kleid zu verderben, und zog ihn wieder an den Fuß der Treppe. »Mein Bruder und seine Frau sollen heute aus England zurückkommen. Wie kannst du es wagen, so zerzaust herumzulaufen? Geh und wasch dich auf der Stelle, und zieh dir etwas anderes an! Ich werde nicht zulassen, dass du Schande über mich bringst.«
    Freddy rieb sich das Ohr und ging die Treppe hinauf, zwei Stufen auf einmal nehmend. Er wünschte sich nur, seine Tante griffe einen anderen Teil seiner Anatomie an, wenn sie wütend war, denn sein armes Ohr hatte so oft ihrem Zwicken standgehalten, dass es allmählich wie eine Flagge abstand.
    Er goss Wasser in eine Schüssel und begann den Schmutz und die Spinnweben abzuwaschen. Dabei dachte er nicht gerade begeistert an die bevorstehende Ankunft ihrer Gäste. In den letzten drei Monaten war das Haus im Chaos versunken; Handwerker und Dekorateure schwärmten bis in den letzten Winkel aus, seine Mutter nahm Zuflucht in ihrem Salon, sein Vater verbrachte immer mehr Zeit in seinem Büro in der Stadt. Tante Gertrude hatte sich in eine peinigende, aufgeregte Tyrannin verwandelt, die Dienstmädchen, Gärtner und Stallburschen zur Vorbereitung auf diesen wichtigen Besuch von morgens bis abends herumscheuchte. Doch so hart alle auch arbeiteten, es war anscheinend nie genug. Gertrude Collinson schien wild entschlossen, ihrer Schwägerin zu zeigen, dass ihr Haushalt in den Kolonien so gut geführt war, dass er den Vergleich mit jedem beliebigen Haushalt in England nicht scheuen musste.
    Freddy vermutete, seine Mutter Amelia hatte Hochachtung vor Sir Harry und Lady Cadwallader, genau wie vor Gertrude,was nichts Gutes verhieß. Amelia würde sehr eindrucksvoll auftreten – wie bei den Gelegenheiten, zu denen sie Gouverneur Fitzroy in Parramatta besuchten –, und das bedeutete, er müsste noch mehr als sonst auf seine Manieren achten.
    Er zog die frischen Sachen an, die das Dienstmädchen auf seinem Bett ausgelegt hatte, und kippte vorsichtig Wasser über sein dunkles Haar, bevor er es sich aus der Stirn kämmte. Elf zu sein war eine Strafe, denn obwohl er der Enge des Kinderzimmers entkommen war, hielt man ihn immer noch für zu jung, auch nur ansatzweise selbst über sein Leben zu bestimmen. Dieser Besuch seines Onkels versprach einen Neubeginn – der ihn ziemlich verunsicherte –, denn zu gegebener Zeit würde der Onkel nach England zurückkehren und Frederick würde mit ihm gehen. Sein Vater hatte ihn in einem Internat in London

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