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Legionare

Legionare

Titel: Legionare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howell Morgan
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hat eine neue Leibeigene.«
    Dar trat ein. Hinter ihr schloss sich die Tür. Dann hörte sie
das gleitende Geräusch eines hölzernen Riegels. »Warum sind wir eingeschlossen?«, fragte Theena.
    »Man hat mich im Lagerhaus erwischt«, sagte Dar.
    »Beim Stehlen?« Theena klang plötzlich hellwach.
    »Ich hatte keine Wahl.«
    Dar hätte gern geruht, doch Theena stellte ihr so viele Fragen, dass sie ihr schließlich die Geschichte ihres Lebens erzählte, bis zu ihrer Gefangennahme. Vieles von dem, was sie erzählte, dachte sie sich aus, obwohl sie, wenn möglich, immer bei der Wahrheit blieb. Theena interessierte sich besonders für die Orks, die auch sie Kobolde nannte. Die Kobold-Kriege, die es in dieser Region gegeben hatte, waren noch immer furchtbare Legenden. »Stimmt es, dass sie Menschen fressen? «, fragte Theena.
    »Ich habe es mit eigenen Augen gesehen«, sagte Dar, um Mitgefühl zu erregen. »Einmal hat ein Mädchen einem Murdanten Ärger gemacht, da hat er es nackt den Kobolden vorgeworfen. «
    »Was haben sie gemacht?«, wollte Theena wissen.
    »Sie haben es wie ein Suppenhuhn zerrissen.«
    Dar konnte hören, dass Theena sich im Dunkeln schüttelte. »Wie konntest du das nur aushalten?«
    »Wir wären ja gern geflohen, aber wir haben alle ein Brandzeichen – und es war ein Kopfgeld auf uns ausgesetzt.« Sie tastete nach Theenas Hand und drückte sie an ihre Stirn. Die Finger der Leibeigenen tasteten über Dars kronenförmige Narbe. »Ich gehörte den Kobolden«, sagte Dar. »Doch jetzt bin ich, Karm sei Dank, von ihnen erlöst.«
    »Ja, bei uns gibt es keine Kobolde«, sagte Theena. »Ich arbeite schwer, aber ich kann mich satt essen und kriege an jedem Karmstag Kleider.«
    »Wolltest du schon mal weglaufen?«, fragte Dar.

    »Wohin sollte ich denn gehen?«, erwiderte Theena in einem Ton, der deutlich machte, dass es auf diese Frage keine Antwort gab. »Ich bin wie du. Ich habe keine Familie.«
    Dar gähnte laut. »Ich war die ganze Nacht auf den Beinen. Ich muss ein wenig ruhen.« Sie raffte genug Stroh zusammen, um den nackten Boden zu bedecken und legte sich hin. Trotz ihrer Erschöpfung konnte sie nicht schlafen. Was dachten die Orks jetzt wohl? Wissen sie, dass ich gefangen bin oder halten sie mich für tot? Vielleicht glauben sie gar, ich hätte sie im Stich gelassen. Was werden sie jetzt tun? Auf mich warten? Angreifen? Weiterziehen? Letzteres erschien ihr am wahrscheinlichsten. War Garlsgut nun das Ende ihrer persönlichen Wanderschaft?

5

    DAR KONNTE EIN WENIG Schlaf finden, bevor Hunda den Riegel zurückzog, die beiden jungen Frauen weckte und ihnen auftrug, die Ziegen zu melken. Nun sahen die beiden sich zum ersten Mal. Theena war älter als Dar. Sie hatte ein breites Gesicht, eine stämmige Figur und trug einen knöchellangen Rock aus braunem Wollstoff und eine weite weiße, vorn mit Spitze versehene ärmellose Bluse. Sie ging barfuß, ihr hellbraunes Haar hatte sie unter ein verschmutztes Kopftuch gesteckt.
    Theena war von Dars Hemdkleid fasziniert, denn ihr eigenes Gewand war geflickt und abgetragen. Sie musste den Stoff unbedingt mit den Fingern betasten. »Ohhh, fühlt sich das schön an«, sagte sie. »Das würde der Herrin auch passen.«
    »Ein Söldner hat es mir geschenkt. Er hat es gewiss einer Toten weggenommen.«
    Theenas Hand zuckte zurück. Sie wechselte das Thema. »Hast du schon mal Ziegen gemolken?«
    »Wir waren zu arm. Wir hatten keine.«
    »Na ja, es ist keine Herde. Ich zeig dir, wie es geht.«
    »Wann esst ihr hier?«, fragte Dar.

    »Das Tagesmahl gibt’s erst, wenn die Sonne hoch steht, aber nach der Früharbeit gibt’s Grütze.«
    Dar hätte nie gedacht, ihr könne bei der Erwähnung des Wortes Grütze das Wasser im Munde zusammenlaufen, doch ihr Magen knurrte. Nachdem sie die Ziegen auf die Weide getrieben hatten, bekam sie endlich etwas zu essen.
    Ihre erste Mahlzeit auf Garlsgut aß Dar in dem langen Steingebäude, in dem die Knechte und Mägde wohnten und alle aßen. Ein Topf mit Grütze stand am Ende des langen, von Bänken umgebenen Tisches. Holzschalen und Löffel waren gleich daneben gestapelt.
    Dar stand im Brennpunkt einer großen Neugier, die Theena fröhlich befriedigte, während Dar selbst ihre Grütze verschlang. Theena schmückte die ohnehin schon phantastische Geschichte noch weiter aus, als sei Dar nur um Haaresbreite dem Henker entgangen. Die Geschichte unterhielt alle, bis Hunda aufstand. »Wird Zeit, an die Arbeit zu gehen«, sagte er. »Du gehst

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