Legionare
dass ich sicher bin? Seine Bemerkung über das Lernen von »Dargus Art der Klugheit« war ein bedrohlich klingender Hinweis gewesen. Dar dachte über die Beschaffenheit »ihrer Klugheit« nach. Man konnte sie nur mit Menschenworten beschreiben: Tücke. Täuschung. Tricks. Sie hatte den Eindruck, dass Zna-yat damit andeutete, dass er sie nicht offen angreifen, sondern lieber wie ein Washavoki handeln würde. Die Vorstellung, dass ein Ork Verrat üben könnte, war ihrem Verständnis nach das genaue Gegenteil dessen, was einen Ork ausmachte. Wie gut kenne ich sie eigentlich?
Sevren und Valamar saßen ab und warteten im Dunkeln darauf, dass es im Lager ruhig wurde. Valamar schlich sich als Erster hinein. Als Sevren annahm, dass sein Freund sich in Sicherheit befand, führte er Skymere zu den Feldstallungen.
Wie er gehofft hatte, herrschte unter den Überresten von König Kregants Heer noch immer Chaos. Nur eine Handvoll Orks hatte überlebt. Die menschlichen Truppen des Königs waren in einem schlimmen Zustand. Die Wachen, die einen königlichen Gardisten in ihm erkannten, fragten nicht, wo er jetzt herkam.
Sevren band sein Pferd an, striegelte es, gab ihm Wasser und Futter und suchte sich einen Schlafplatz. Er döste gerade ein, als die Spitze eines Stiefels ihn durch den Mantel traf. Er schaute auf. Murdant Cron stand über ihm. »Ich hab’ dich nich auf Patrouille geschickt. Wo also warst du?«
Sevren schwieg.
»Wenn du nich antwortest, lass ich dich auspeitschen, ob du nun mein Landsmann bist oder nich! Hast du Leichenfledderei betrieben?«
»Du kennst mich doch«, erwiderte Sevren. »Und damit kennst du auch meine Antwort.«
»Ich möchte sie aber aus deinem Mund hören. So wie Skymere aussieht, bist du weit geritten. Warst du auf dem Schlachtfeld? «
»Ja, da war ich. Aber ich hab’ niemanden ausgeplündert. Ich hab einen Eid erfüllt.«
»Was für einen Eid? Wem galt er?«
»Ich hab’ Dar und Twea versprochen, dass ich sie nich zurücklasse. «
»Meinst du das kleine Mädel und die Ork-Hure?«
»Ja.«
»Was ist mit dem Eid, den du dem König geschworen hast? Du bist sein Gardist. Er will dich in seiner Nähe haben.«
»Ich kenn’ die Strafe für unerlaubtes Verlassen des Lagers. Degradier mich halt.«
»Dazu besteht kein Grund«, sagte Murdant Cron. »Es kann unter uns bleiben, wenn du versprichst, dass es das letzte Mal war.«
Sevren seufzte. »Es war das letzte Mal. Sie ist nämlich weg.«
»Ich hätte dir sagen können, dass sie tot ist. Du hattest keinen Grund, deinen Hals zu riskieren.«
»Nur Twea ist tot. Ich hab’ sie dort gefunden, wo Dar sie abgelegt hat.«
»Soll das heißen, die Ork-Hure lebt?«
»Ja. Sie hat überlebt und ist mit irgendwelchen Orks geflohen. «
»Dann ist sie ein Dummkopf. Mit diesen Begleitern ist sie dem Untergang geweiht.« Murdant Cron schüttelte den Kopf. »Du hattest ja immer eigenartige Frauen, aber die ist die eigenartigste. Die hat doch nur Ärger gemacht.«
»Daran hatte sie aber selbst keine Schuld.«
»Ich habe andere Geschichten gehört, aber keine war wichtig. Vergiss sie, dann vergess’ ich den heutigen Abend.«
»Ich geh’ nich mehr raus«, sagte Sevren. »Bringt ja nichts mehr.«
»Gut. Ich brauch’ dich nämlich gesund, nich ausgepeitscht. Wahrscheinlich ziehen wir bald wieder in den Krieg.«
»Ja, so wie ich den König kenne, bin ich mir dessen sicher.«
Nach dem schwierigen Marsch die steilen Hänge hinab kamen Dar und die Orks an den Rand eines Waldes. Vor ihnen lag eine Wiese, die das Licht des Vollmondes erhellte. Selbst Dar konnte weit sehen. »Ein solches Licht hilft unseren Feinden«, sagte sie. »Lasst mich mal einen Blick auf eure Mäntel werfen.«
Die Orks blieben stehen. Dar verhüllte ihr Brandzeichen mit einer Bandage und zog die Verkleidung der Orks gerade. Sie zog die Kapuzen über ihre großen Köpfe, damit man ihre Gesichter nicht sah, und zupfte an den Umhängen, bis sie ihre mächtigen Gestalten optimal tarnten. Bei Menschen hätten die Umhänge fast bis zum Boden gereicht; bei den Orks endeten sie an den Kniekehlen. Nur die Finsternis konnte vielleicht jemanden zu der Annahme verleiten, dass ihre Träger Menschen waren.
»Ihr müsst im Dunkeln bleiben«, sagte Dar.
»Zeig uns den Weg«, sagte Kovok-mah leise.
Dar schaute sich um und versuchte sich zu orientieren. Der von der Kuppe ausgemachte Weg war aus ihrer momentanen Perspektive nicht mehr zu erkennen, deswegen wusste sie nicht genau, wo sie
Weitere Kostenlose Bücher