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Lehmann, Christine

Lehmann, Christine

Titel: Lehmann, Christine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nachtkrater
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sich für das Schicksal von Freunden interessie r te. »Wie ist Richard denn ums Leben gekommen?«
    Zum ersten Mal sah ich sie nicht nur, sondern hörte die Explosion über dem Wäldchen am Segelflugplatz von Wallmusried. Wenn auch leise wie eine Silvesterrakete. So weit weg war die Erde schon. Aber es reichte für den vollen Schrecken.
    Ich stieß Zippora von mir. »Verdammt! Woher … woher kennst du Richard?«
    In ihren Nachtkrateraugen waren die Pupillen nicht e r kennbar. »Es war wohl alles ein bisschen viel für dich«, sagte sie hypnotisch ruhig. »So war das alles nicht g e dacht.«
    »Was war nicht so gedacht?«
    Zippora schüttelte müde den Kopf. »Komplexe Sy s teme sind nicht restlos steuerbar, weder Menschen noch Maschinen. Ich habe immer davor gewarnt, Politiker oder Journalisten hier heraufzulassen.«
    Damit drehte sie sich einfach um und stieg die Treppe empor.

55
     
    »Kann es sein, dass unsere Leidenschaft für große Städte, große Partys und großes Theater uns weder Gla u be, Hoffnung noch Liebe beschert, welche wir nicht auch in ›unserer kleinen eigenen Welt‹ nähren und unterhalten könnten?« Der Backsteinmond, Edward Everett Haie, 1869
     
    Wim Wathelet hatte den Kopf auf die Fläche neben dem Mikroskop gelegt und schlief. Ich ging in die Intensivst a tion durch. Auch Gail schlief unter einer Sauerstoffma s ke, am Tropf und mit Geräten verkabelt. Ihr Herz schlug r e gelmäßig.
    Ich tippte ihre Hand an.
    Die Finger zuckten. Als ich hochblickte, waren ihre Augen offen. »Cyborg, Baby«, murmelte sie, »ich konnte nichts dagegen tun! Jemand hat mir das Steuer aus der Hand genommen. Glaub mir!«
    »Ich weiß, Darling.«
    Aber da hatte sie die Augen schon wieder geschlossen und war eingeschlafen.
    »Sie wird wieder«, sagte Wim hinter mir im Türsturz mit verschlafen knarzender Stimme.
    »Rhianna braucht was gegen die Schmerzen«, meldete ich.
    »Ah!« Wim ging an einen Schrank und zog die Schu b lade auf. »Übrigens solltest du nicht in der Station her u m steigen. Beim nächsten Vorfall wird Butcher dich von mir sedieren lassen.«
    »Und du, wirst du das tun?«, fragte ich.
    Der Arzt schwieg.
    »Warum hast du uns angelogen?«, fragte ich weiter.
    Wim wandte sich mir langsam zu, die Brauen hochg e zogen. Die Hand hielt er in der Schublade versenkt.
    »Wir sind nicht mit Cyanobakterien infiziert. Das geht vermutlich sowieso nicht. Warum hast du behauptet, dass wir es seien?«
    Er antwortete nicht. Seine graublauen Augen in dem so jugendlich glatten Gesicht unter dem schütteren Haar waren winzig klein vor Müdigkeit.
    »Wofür sollten wir deine Geiseln sein, Dr. Wathelet, wenn nicht für Vlaams Frijheid? Was mir, zugegeben, ziemlich absurd vorgekommen wäre. Übrigens, zieh r u hig die Waffe aus der Schublade. Du weißt ja, ich bin schon tot.«
    Er zog eine Pistole aus der Schublade.
    »Aber«, sagte ich, »jeder zum Tod Verurteilte hat e i nen Wunsch frei. Du musst mir erklären, warum du mich e r schießt.«
    Der Belgier kringelte ein Lächeln in die Mundwinkel. »Die Waffe ist nicht geladen.« Er legte sie neben das Mikroskop. »Ich bin Arzt. Wenn auch Militärarzt und an der Waffe ausgebildet. Aber ich werde niemanden töten, es sei denn in Notwehr.«
    »So! Und du meinst, ich sei hier hereingekommen, um dich mit bloßen Händen zu erwürgen?«
    »Die Sache ist die«, sagte er, auf den Schemel si n kend, auf dem er eben noch geschlafen hatte, den Kopf dorthin gelegt, wo jetzt die Pistole lag, »wir haben einen Saboteur an Bord. David will es nicht wahrhaben. Zeus ist für ihn wie ein Baby, wenn auch mit Kinderkrankhe i ten. Aber dass jemand in ihn einbrechen könnte, das will er nicht glauben.«
    »Aha.«
    »Aber Leslie und Artjom sind überzeugt, dass ein U n befugter in unsere Systeme eingreift. All diese Pannen, Fehlfunktionen, automatische Neustarts … es ist einfach zu viel. Sämtliche Analysen, die Abdul, Sergei und ich vorgenommen haben, und auch die des GSOC in Deutschland haben ergeben, dass der Fehler hier oben liegt.«
    »Und woran ist Chaturvedi gestorben?«, fragte ich. »An Alkalose durch Cyanobakterien definitiv nicht.«
    »Ich denke, er wurde vergiftet.«
    »Womit?«
    »Möglich wäre Rizin, wir haben in der Biosphäre R i zinuspflanzen. Rizin lässt sich nur schwer nachweisen, mit meinen Mitteln gar nicht. Es könnte aber auch TTX gewesen sein, das Gift des Kugelfischs. Das habe ich hier.«
    Er stand auf und trat an eine Tür mit Tastatur, tippte eine Pin ein und

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