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Lehmann, Christine

Lehmann, Christine

Titel: Lehmann, Christine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nachtkrater
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haben, fiktive RFID-Protokolle an Zeus zu schicken. Das Programm dazu werden wir vermutlich in ihrer passwortgeschützten pe r sönlichen Datenstation finden oder auf ihrem Laptop.«
    Die Sonne warf durch den Schlitz im Bullauge eine Mondsichel an die Wand mit den Fächern, die ich durc h sucht hatte.
    »Dann hat Yanqiu den Bagger ferngesteuert?«, fragte ich.
    Abdul wog den Kopf mit den langen Locken. »Z u mindest hat sie sich eine Auszeit genommen. Aber wir alle haben Mittel und Wege gefunden, uns für gewisse Zeiten der Kontrolle zu entziehen.«
    »Alle?«
    Abdul lächelte leise. »Nur Zippora nicht, soviel ich weiß. Und Gonzo ist noch nicht lange genug hier oben.«
    »Wim sagt, es gibt einen Saboteur?«
    Abdul nickte. »Es ist ein komplexes und zugleich ganz einfaches Muster. Schau!«
    Abdul zog seinen PDA unter dem Shirt hervor, en t nahm ihm die Speicherkarte und steckte sie in Freds La p top. Nach ein paar Klicks sah ich ein Spinnennetz von Linien.
    »Es ist ein Muster der Liebe oder des Hasses, ein Muster der Besessenheit. Es kreist, und es hat fast immer Torsten mit eingeschlossen.«
    Ein Klick, und ich sah gefärbte Linien, die sich an b e stimmten Stellen ballten.
    »Irgendwas von ihm war immer mit betroffen«, erklä r te Abdul, »hier seine Daten, da eine Funkverbindung zu Bergbaumaschinen, der Roboter, der im Aitken-Becken festsitzt …«
    »Was hatte der mit Torsten zu tun?«
    »Lunochod 14 sollte die Konzentration von Selte n erdmetallen bestimmen. Bislang hat man Seltenerden nur im Oceanus Procellarum und im Mare Imbrium auf der Nordhalbkugel entdeckt. Es besteht aber eine geringe Hoffnung, dass die Seltenerdmetallvorkommen im Ai t ken-Becken denen gewisser chinesischer Lagerstätten ä h neln.«
    »Kann man also sagen, dass Torstens Tod im Bren n punkt der unerklärlichen Ereignisse liegt?«
    »Ja.«
    Das Netz sah aus wie der Wegeplan eines Ameise n staates, der die diversen Decks des Habitats überzog. Ich konnte keine Struktur erkennen, aber Abdul offensich t lich sehr wohl. Er sah Koalitionen von Bewohnern, g e meinsame Aktionen, Zerwürfnisse bestimmter Personen, Gruppierungen.
    »Schau, an einem bestimmten Tag vor ungefähr drei Monaten hat der Streit um die Nutzungsrechte angefa n gen. Seitdem polarisieren sich die Gruppen. Die Russen halten zusammen. Giovanni wechselt zwischen den Fro n ten, die Amerikaner bleiben unter sich. Nur Torsten ist weitgehend isoliert. Seine Versuche, sich mit Einzelnen von uns zu verbünden, scheitern immer wieder. Man meidet ihn. Ke i ner von uns geht einen gemeinsamen Weg mit ihm. Siehst du? Er hat angefangen, alleine zu agieren.«
    »Und Rakesh Chaturvedi?«
    »Sein Tod ist eine Randerscheinung.«
    Abdul klickte ein neues Netzbild herbei. Chaturvedis Quartier lag außerhalb der Aktionslinien der andern. Nur eine Linie spitzte kurz hinein: ich, als ich ihn beim Med i tieren überraschte.
    »Siehst du, sein Tod ergibt sich nicht aus den Akti o nen der anderen. Die Astrotouristen sind immer ziemlich isoliert. Sie haben ihre Mondexkursion, sie sind viel beim Arzt, der seine Tests mit ihnen macht, Zippora kümmert sich um sie. Aber das ist es auch schon. Ma n che wollen mitarbeiten, aber man lässt sie nicht. Bei dir ist das anders. Du stehst im Kreis der Ereignisse.«
    »Bin ich der neue Sündenbock?«
    Abdul schüttelte lächelnd den Kopf. »Du handelst aus der Dynamik der Gruppe heraus. Wie erwartet. Be i spielsweise hast du Rakesh Chaturvedi gefunden.«
    »Aber niemand hat vorhersehen können, dass ich da r auf bestehen würde, mich Gail anzuschließen? Oder?«
    Abdul lächelte. »Ein Einzelner nicht. Aber das System vielleicht schon. Das hier ist das kollektive Gedächtnis der Artemis. Du siehst, deine Bewegungen sind eingebe t tet in die von Van Sung und Tupac und die der Ko m mandantur, du hattest Kontakt mit David, mit Yanqiu, mit Gail. Deine Aktionen haben sich aus dem Vertrauen ins Kollektiv entwickelt. Aus diesem Aktionsmuster geht fast zwingend hervor, dass du dich Gail anschließen würdest beim Au f stieg in die evakuierten Oberdecks. Alles, was hier pa s siert, entwickelt sich aus der Dynamik der Gemeinschaft im Zusammenspiel verschiedener Int e ressen. Wir sind ein Schwarm . Wenn es Sabotage gibt, so ist sie nicht der Akt eines Einzelnen. Es sind wir alle. Es sind unsere Frustrat i onen, Schlampereien und kleinen Racheakte.«
    »Dann lautet die eigentliche Frage also nicht: Wer ist strategisch ausgefuchst genug für die Sabotage der

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