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Lehmann, Christine

Lehmann, Christine

Titel: Lehmann, Christine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nachtkrater
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befinden, daru n ter die Bärtierchen aus Stuttgart, Testreihen zum Sied e punkt Hunderter von Stoffen im Vakuum und Versuche mit Plasma, in der Ingenieurspoesie Kugelblitz-Experimente genannt, denn mit Hochspannung in Sal z wasser konnte man verhältnismäßig leicht leuchtende Plasmawolken erze u gen. Auf dem Mond würde es um hocherhitztes Plasma für Kernfusionen, beispielsweise von Helium-3, gehen.
    Also wirklich! Keine zehn Pferde würden mich da je mals hochbringen! Nicht zusammen mit Bärtierchen und Kugelblitzen. Allerdings konnte ich auch ganz ruhig sein: Eine Schwabenreporterin Lisa Nerz würde niemand als Multiplikatorin der Faszination Mondfahrt auswä h len, zumal sich Begeisterung nicht mit der Aufgabe der freien Presse vertrug.

15
     
    »Wenn wir auf die Erde zurückkommen und behau p ten, der Mond sei eine Zeltwandattrappe mit einem Holz ge rüst, würden sie uns umbringen … . Deshalb we r den wir kein Wort davon sagen.« Ideen sterben langsam, Isaac Asimov, 1957
     
    Am Morgen unter der Dusche fiel mir Schüssi ein, J o ckeis Schickse Julie. Sie schaffte doch gleich hier um die Ecke im Shop des Zeppelin-Museums. Und wenn ich schon mal in Friedrichshafen war …
    Ich checkte aus dem Hotel aus, suchte für Brontë ein Plätzchen im Straßenschatten und ließ Cipión auf dem Beifahrersitz zurück.
    Der Museumshalle sah man an, dass das Gebäude einst der Hafenbahnhof gewesen war. Unter der Decke hing ein Fluggerät aus Holz und Zeltplane der Marke Ikarus.
    »He, Lisa!«, schrie Schüssi, kaum waren die Bah n hofstüren hinter mir zugeschwungen. Sie stand in bläul i cher Verkäuferinnenuniform mit gebräunten Beinen im Eingang des Shops. »Was machst du hier? Oh, jetzt habe ich dich einfach geduzt.« Ohne Gloss auf den Lippen sah sie aus wie noch bei Muttern wohnend. Sie war dabei, Postkarten mit historischen Abbildungen von Zeppelinen und Flugzeugen in die Fächer zu ordnen.
    »Hallo, Julie!«
    »So, seid ihr also das Wochenende am Bodensee?«
    »Wir?« Ach so, ja, Richard. Der interessierte sie mehr.
    »Das Wetter muss man ausnutzen, gell?«
    »Äh …« Was hatte ich Schüssi eigentlich fragen wol len? »Sag mal, wenn die Astrotouristen vom Mond z u rückkommen, dann landen sie doch hier?«
    Schüssi blickte mich abwartend an.
    »Und Jockei, ich meine, Herr Rees wird sie doch s i cher empfangen? Könnte ich da vielleicht mit dabei sein? Als Journalistin.«
    »Aber klar! Ich werde Jockei fragen.«
    Im Eingang zum Shop stapelten sich Globen in Schachteln und alle Arten von Flugzeugmodellen. In e i ner Vitrine tiefer drin lagen Schlüsselanhänger, Armbä n der und Krawattennadeln mit Zeppelinen. Am frühen Sam s tagvormittag war gar nichts los. Meine Fahrt nach Frie d richshafen kam mir auf einmal ganz und gar sinnlos vor. Der Gipfel der Sinnlosigkeit war der Smalltalk mit Schü s si, die jetzt wissen wollte, ob Richard und ich nach dem Essen noch gut heimgekommen seien.
    »Stünde ich sonst hier?«
    »Kommt doch morgen mit! Wir wollen den Altrhein hochfahren. Jockei hat seine Yacht in Langenargen li e gen.«
    Ich sehnte mich nach Aspirin und den knarrenden Di e len meiner Wohnung in der Neckarstraße. Wahrschei n lich nannte sich diese Art von Kleinmut und Ka u funlust Heimweh.
    »Gunter wollte, glaube ich, auch kommen«, legte Schüssi nach. »Das wird bestimmt gut. Vielleicht können wir sogar Cecilie überreden.«
    »Wen?«
    »Meine Tante Cecilie. Die musst du unbedingt ken ne n lernen. Sie weiß voll viel über Mondmythen und so.«
    »Soso, ja.«
    »Jockei ist nämlich mein Onkel!«, sagte Schüssi mit einem kleinen Lauern im Blick. »Oder was hast du g e dacht?«
    Tja, was hatte ich gedacht? Einen kleinen Tipp hätte mir Richard ruhig geben können, fand ich.
    »Na, dann geh ich mal rein.«
    »Wo rein?«
    »Ins Museum.«
    »Ach so!« Schüssi lachte. »Viel Vergnügen!« Es klang seltsam schadenfroh.
    Ich löhnte sieben Euro fünfzig Eintritt und begab mich frohen Pioniergeistschrittes in die Frühgeschichte der Luft- und Raumfahrt. Dachte ich zumindest. Doch was hatte ein grüner Oldtimer aus der Nazizeit mit sargla n gem Kühler und Ersatzreifen in den Schmutzfängern mit e i nem Zeppelin zu tun? Ach so. Er hieß Maybach Zepp e lin, 200 PS, 8 Gänge mit Vorwahlschaltung, 3,6 Tonnen Gewicht. Er war fahrbereit und hörte auf das Kennze i chen FN-ZM 39 H. Allerdings wollte ich Zeppeline s e hen.
    Eine Gruppe sommerlich älterer Herrschaften lan g weilte sich die Vitrinen am Fenster entlang.

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