Lehrer-Schueler-Konferenz
Lehrkraft nichts an.
Schüler unterscheiden sich in dem Punkt absolut nicht von Erwachsenen. Würden Sie sich mit jemandem zusammensetzen und über Ihr Recht verhandeln, Ihre eigenen Freunde aussuchen zu dürfen? Wären Sie bereit, mit einem guten Freund einen Problemlöseprozess nach Methode III zu durchlaufen, der zum Thema hätte, wie Sie sich kleiden sollen, welches Ihre Lieblingsmusik sein soll, ob Sie einen Bart tragen dürfen oder wie Sie Ihr Haus einrichten sollen? Wenn ein Freund Ihnen zu verstehen gibt, dass er Ihre Konfession nicht billigen kann, erklären Sie sich dann bereit, in Verhandlungen über einen möglichen Bekenntniswechsel zu treten? Die Antwort hierauf ist zweifellos die gleiche, die Lehrer von Schülern bekommen, wenn sie deren Wertvorstellungen beeinflussen wollen: » Auf gar keinen Fall!«
Wenn Lehrer diese spezielle Ineffektivität von Ich-Botschaften und Methode III bemerken, sind sie zumeist ratlos und verwirrt. Ein Pädagoge gab seiner Ratlosigkeit folgenden Ausdruck:
Was soll ich denn tun? Bei der Bewältigung kollidierender Wertvorstellungen kann ich mich nicht auf Ich-Botschaften oder Methode III verlassen, das Verhalten überschreitet aber weiterhin meine Toleranzschwelle, ich kann den Anblick von Annas über und über tätowiertem Körper einfach nicht ertragen.
Warum Methode I bei der Lösung von Wertvorstellungskonflikten ineffektiv ist
Kollidieren WertmaÃstäbe Jugendlicher mit denen Erwachsener, die über Machtpositionen verfügen, reagieren die Erwachsenen fast immer und überall mit dem Gebrauch ihrer Machtmittel. Politiker verdammen, besonders in Wahlkämpfen, zu groÃe Nachgiebigkeit und rühren die Trommel für strengere MaÃnahmen gegen rebellische Jugendliche. Fast alle Verhaltensweisen, gegen die sie etwas einzuwenden haben, fallen deutlich in unser Gebiet der Kollision von Wertvorstellungen.
Bei ernsthaften Konflikten solcher Art nehmen auch Lehrer gern Zuflucht zu strengen, bestrafenden, autoritären Techniken der Methode I. Je negativer das Schülerverhalten eingeschätzt wird, desto gröÃer wird die Bereitschaft, hart dagegen vorzugehen. Das Ergebnis ist leider meist völlig nutzlos. Die feste Ãberzeugung von der Notwendigkeit eines Machtgebrauchs oder dessen versteckte Anwendung führt gewöhnlich zu verheerenden Folgen. Es spricht viel dafür, dass die Anwendung von Methode I gerade auf dem Gebiet der Wertvorstellungen am gefährlichsten ist. Werte und WertmaÃstäbe beziehen sich auf so wichtige Dinge wie Bürgerrechte, persönliche Rechte, Rechte der freien Wahl, persönliche Ideale und unabhängige Handlungsweisen. Zwang in diesen Gebieten trifft unweigerlich auf erbitterten Widerstand. Die Geschichte der Menschheit beweist, dass Frauen und Männer nie aufgehört haben, ihr Leben für ihre Rechte und Ideale zu opfern. Die amerikanische Revolution war im Grunde ein Krieg um Ideale und Werte. Nach dem Sieg verankerten Patrioten viele dieser Rechte in der amerikanischen Verfassung, besonders in der » Bill of Rights«. Auch Schüler können Revolutionäre werden in ihrem Kampf gegen Lehrer und andere Erwachsene, die ihnen ihre Rechte vorenthalten oder ihrer Freiheit zu unabhängigem Denken und Glauben Restriktionen auferlegen.
Wenn auch die Anwendung der Methode I vielen Pädagogen geeignet erscheint bei der Bewältigung von Wertkollisionen, raten wir dringend davon ab, einem Kind mit Gewalt die Wertvorstellungen des Lehrers aufzuzwingen. Abgesehen von rechtlichen oder ethischen Bedenken ist Machtanwendung hauptsächlich wegen der daraus resultierenden Intensität des Widerstands (passiv oder aktiv) eine völlig unwirksame Methode bei der Handhabung von Wertkollisionen. Nach so vielen erbitterten Machtkämpfen mit Jugendlichen sollten Erzieher und Eltern dies eigentlich erkannt haben. Selbst wenn Machtanwendung eine Verhaltensveränderung erzwingt (das Nasenpiercing wird zum Beispiel entfernt), so bleiben die Wertvorstellungen doch unverändert. Ein Jugendlicher übernimmt noch lange nicht die WertmaÃstäbe des Erwachsenen, nur weil man ihn dazu zwang. Ganz im Gegenteil: Der Verlierer in diesem Machtkampf wird gewöhnlich in dem Glauben an seine eigenen WertmaÃstäbe bestärkt und fasst den Entschluss, in Zukunft zurückzuschlagen oder stärkeren Widerstand zu leisten. Von noch gröÃerer Bedeutung
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