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Leibniz war kein Butterkeks

Titel: Leibniz war kein Butterkeks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lea; Schmidt-Salomon Salomon
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spezifischen Eigenschaften begreifen, sondern als »All-Einheit des Ganzen«. Einem solchen unpersönlichen, unvorstellbaren und daher »mystischen (geheimnisvoll verborgenen) Gott« kann man keine spezifischen Eigenschaften zuschreiben, da sich in ihm alle Eigenschaften vereinigen. Er steht nicht außerhalb der Natur, sondern ist eins mit der Natur in all ihren Erscheinungsformen! Arthur Schopenhauer meinte allerdings, dass ein solcher »Pantheismus«, der »Gott« mit dem Kosmos gleichsetzt, im Grunde nur eine höflichere Form des Atheismus sei.
    Warum denn das?
    Ganz einfach: Ein »Gott«, der überall ist, der ist zugleich auch nirgendwo ! Er ist Bestandteil jeder Kirche, jeder Moschee, jeder Synagoge, aber auch jedes Bordells, jeder Schwulensauna, jedes Gottlosen-Stammtischs. Er ist auf der Venus ebenso zu Hause wie auf dem Mars, in einer Sonnenblume wie in einer Giftspritze. Auf einem solchen »Gott« lässt sich keine Religion mehr aufbauen, keine Predigt, keine Dogmen, keine Gebote und Verbote. Wahrscheinlich ist dies der Grund dafür, warum die Mystiker aller Religionen so viel Verfolgung erleiden mussten. Ich denke da zum Beispiel an Giordano Bruno. Er ging schon vor über 400 Jahren davon aus, dass das Universum unendlich ist, dass weder die Erde noch die Sonne im Zentrum des Kosmos stehen, dass Leben nicht nur auf der Erde, sondern auch auf anderen Planeten existiert. Brunos »Gott« war so unendlich wie das Universum, weshalb er sich über die Vorstellung amüsierte, dass sich »Gott« ausgerechnet in Gestalt eines Menschen inkarniert habe. Für derart ungebührliche Gedanken wurde Giordano Bruno im Jahr 1600 nach sieben finsteren Kerkerjahren auf dem Scheiterhaufen der »Heiligen Inquisition« verbrannt.
    Was du über Giordano Bruno sagst, klingt ziemlich modern.
    Ja, heute wissen wir, dass Bruno tatsächlich in vielen Punkten richtiglag. Doch zu seiner Zeit konnte dies kaum jemand akzeptieren. Er war seinem Zeitalter zu weit voraus! Du siehst: Nicht nur, wer zu spät kommt, auch, wer zu früh kommt, den bestraft das Leben …
    • • • •
    »Wenn die Pferde Götter hätten, sähen sie wie Pferde aus!« Diese Erkenntnis wird dem frühen griechischen Philosophen und Dichter Xenophanes von Kolophon (570–470) zugeschrieben. Er hatte sich über die seltsame Menschenähnlichkeit der »Götter« gewundert, vor allem darüber, dass die Götter der dunkelhäutigen Äthiopier schwarz und die Götter der hellhäutigen Thraker (indogermanisches Volk der Antike) blauäugig und rothaarig waren. Xenophanes wollte zwar noch nicht so weit gehen, die Existenz der Götter gänzlich anzuzweifeln, wohl aber bestritt er die Fähigkeit des Menschen, irgendetwas Sinnvolles über die Götter aussagen zu können.
    Eine ähnliche Position vertrat der griechische Philosoph Protagoras (490–411), von dem der berühmte Satz stammt, dass »der Mensch das Maß aller Dinge« sei. Damit meinte Protagoras nicht, dass wir uns »die Erde untertan« machen sollten, wie es in der Bibel steht, sondern vielmehr, dass wir uns unserer eigenen Beschränktheit bewusst sein sollten. In seiner berühmten Abhandlung »Über die Götter« erklärte Protagoras: »Was die Götter angeht, so ist es mir unmöglich, zu wissen, ob sie existieren oder nicht, noch, was ihre Gestalt sei. Die Kräfte, die mich hindern, es zu wissen, sind zahlreich, und auch ist die Frage verworren und das menschliche Leben kurz.«
    Erst zweieinhalb Jahrtausende später wurde für diese kluge, bescheidene Denkhaltung ein passender Begriff geprägt: »Agnostizismus« (vom griechischen Wort »a-gnoein« = »nicht wissen, unbekannt, unerkennbar«). Das Wort stammt von dem britischen Biologen Thomas Henry Huxley (1825–1895), dem wohl wichtigsten Mitstreiter Charles Darwins, der wegen seines kämpferischen Einsatzes für die Evolutionstheorie den Beinamen »Darwins Bulldogge« erhielt. Huxley zeigte auf, dass einige Sachverhalte – etwa die Frage nach der Existenz jenseitiger Götter – prinzipiell nicht geklärt werden können und dass ernsthafte Wissenschaftler gut beraten sind, sich nicht im Besitz »sicheren Wissens« zu wähnen (siehe hierzu die Anmerkungen im vorangegangenen Kapitel). Allerdings vertrat »Darwins Bulldogge« keinen »Agnostizismus der Feigheit«, der sich aus purer Bequemlichkeit vor der Klärung unangenehmer Fragen drückt. Wahrscheinlich hätte Huxley seinem »Nachfolger im Geiste«, dem britischen Evolutionsbiologen Richard Dawkins (*1941),

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