Leibniz war kein Butterkeks
etwas ernster über die Dinge diskutieren, okay? Du hast eben gesagt, dass die Hypothese Gott mehr Probleme erzeugt, als sie lösen kann. Welche Probleme meinst du damit?
Da sind zunächst einmal die Probleme der Weltdeutung: Das Universum, das wir kennen, hat genau die Eigenschaften, die zu erwarten sind, wenn sich dahinter kein göttlicher Heilsplan verbirgt, sondern nur das blinde Wechselspiel von Zufall und Notwendigkeit. Fügen wir »Gott« in unsere Weltgleichungen ein, geraten wir sofort in schwere Erklärungsnöte, da wir nirgendwo das Wirken einer »höheren Kraft« entdecken können, die in die Naturgesetze eingreift. Wenn wir dieser »höheren Kraft« zusätzlich auch noch Eigenschaften wie Allmacht, Allwissenheit und Allgüte zuschreiben, wird es völlig unverständlich, warum die Welt so ist, wie sie ist, vor allem, warum es so viel Leid in ihr gibt.
Ja, darüber hatten wir schon im Zusammenhang mit dem Theodizee-Problem gesprochen.
Richtig. Ein anderes Problem der Gotteshypothese sind die negativen ethischen und politischen Konsequenzen, die sich aus ihr häufig ergeben: Bekanntlich wurde das Konstrukt »Gott« in der menschlichen Geschichte immer wieder zur Legitimation von Herrschaft genutzt. Weltliche und religiöse Herrscher beriefen sich in unschöner Regelmäßigkeit auf den »Allmächtigen«, wenn es darum ging, ihre machtpolitischen Interessen durchzusetzen. Beispiele dafür gibt es zuhauf: »Gott will es!«, riefen nicht nur die christlichen Kreuzzügler, die im »Heiligen Land« ein Blutbad anrichteten. Auch die Nazis marschierten mit dem Spruch »Gott mit uns!« in den Krieg.
Das betrifft aber nicht nur die Vergangenheit, oder? Wie erklärst du dir, dass die Berufung auf Gott noch immer so beliebt ist? Ich denke da zum Beispiel an muslimische Selbstmordattentäter. Die werden ja auch mit dem Hinweis zum Tatort geschickt, dass Gott dieses Opfer von ihnen erwartet.
Im Grunde ist das doch eine geniale Herrschaftsstrategie! Wäre ich ein zynischer Tyrann, so würde ich sie auch anwenden: »Ich, Herrscher von Gottes Gnaden, berufe mich auf die allergrößte Macht im Universum, wohl wissend dass sich diese Macht gegen meine Vereinnahmung niemals wehren wird, da sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gar nicht existiert!«
Meinst du, dass diejenigen, die sich auf »Gott« berufen haben, in Wahrheit gar nicht an »Gott« glaubten?
Nein, das wäre zu einfach gedacht. Es gab sicherlich Herrscher, die das Konstrukt »Gott« aus reinem Machtkalkül gebrauchten, die meisten aber dürften geglaubt haben, was sie verkündeten, sonst hätten sie ihre Untergebenen kaum beeindrucken können. Gute Schauspieler gibt es selten – auch in der Politik …
Warum sind wir denn so anfällig für derartige Machtstrategien?
Das hat wohl damit zu tun, dass wir Primaten sind, die mitunter dazu neigen, sich nach ziemlich affigen Rollenmustern zu verhalten. Würde ein außerirdischer Primatenforscher die Erde besuchen, so würden ihm wahrscheinlich schnell die Parallelen zwischen einer Schimpansenhorde und einem Gottesdienst auffallen. Falls ihm das Konzept »Gott« unbekannt wäre, würde er »Gott« als »imaginäres Alphamännchen« beschreiben, das die Menschen mit allerlei Demutsgebärden besänftigen, weil sie sich einbilden, dass der »jenseitige Silberrücken« ihnen möglicherweise einmal aus der Klemme hilft, wenn Gefahr droht.
Jetzt übertreibst du aber!
Ganz und gar nicht! Schau dir doch die menschlichen Kulturen an: Welche Vorteile hat denn derjenige, der es versteht, den Eindruck zu erwecken, dass er einen besonders guten Draht zum »imaginären Alphamännchen über den Wolken« besitzt? Nun, in den meisten Fällen kann er dadurch seine Stellung innerhalb der menschlichen Säugetierhierarchie aufbessern! Bei unseren nächsten Verwandten, den Schimpansen, ist das ganz ähnlich: Auch da können rangniedrige Individuen in der Hierarchie aufsteigen, indem sie sich mittels Schmeichelei und Demutsgebärden günstig zum dominanten Alphatier stellen. Zugegeben: Kein Affe mit Verstand würde sich von einem imaginären, also bloß eingebildeten Alphamännchen beeindrucken lassen, aber dafür sind wir Menschen ja auch die »Krone der Schröpfung« …
So, jetzt hast du aber genug gelästert! Gibt es denn überhaupt keine Gottesvorstellungen, die du halbwegs akzeptieren kannst?
Doch, selbstverständlich! In allen Religionen gibt es mystische Traditionen, die »Gott« nicht als eine Person mit
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