Leiche in Sicht
Phyllis hat Sie geschickt! Sind
Sie bei einer Agentur angestellt? Meine Güte, was für eine widerliche Art und
Weise, sein Geld zu verdienen! Sie sind also auch ein aktives Mitglied unserer
Schnüfflergesellschaft. Aber das hätte ich mir auch denken können. Gleich als
ich Sie das erste Mal gesehen habe, wußte ich, daß Sie der Typ sind, der sich
zu so etwas hergibt. Diesmal will sie es also wirklich wissen, was?» zischte
er. «Nun, dann bestellen Sie ihr, daß es mir egal ist — scheißegal, hören Sie.»
Er beugte sich drohend vor, so daß Mr. Pringle sich ernsthaft Sorgen um seine
Sicherheit machte.
In diesem Augenblick ging die Tür auf,
und die Sekretärin brachte ein Tablett mit zwei Tassen Kaffee herein. Sie
reichte eine der Tassen Mr. Pringle. Beglückt stellte er fest, daß auf dem Rand
der Untertasse ein Schokoladenkeks lag. Auf Reggies Untertasse schwamm nur
übergeschwappter Kaffee. Entspannt lehnte sich Mr. Pringle auf dem unbequemem
Stuhl zurück. Er wußte, daß er jetzt Zeit haben würde. Nie würde Reggie ihn
hinausschmeißen, bevor er seinen Schokoladenkeks aufgegessen hatte. Mit neuem
Mut feuerte er seine zweite Salve ab: «Waren Sie derjenige, der Emma Fairchild
in Spartahouri angegriffen hat?»
«Nein, verdammt noch mal!» Ärgerlich
wischte sich Reggie ein paar Kaffeetropfen von seinem Nadelstreifenanzug. «Was
für eine unverschämte Frage!»
«Miss Fairchild erinnert sich aber, daß
ihr Angreifer das Wort ‹Schätzchen› gebraucht hat...»
«Na und? Von mir aus kann sie
behaupten, was sie will — ich war es nicht, und das kann ich auch beweisen! Die
Schotterstraße hinunter von Spartahouri war so abschüssig und gefährlich, daß
wir vier, meine Frau und unsere Freunde, die ganze Zeit über zusammengeblieben
sind, wir hatten nämlich nur eine Taschenlampe. Walter ist vorangegangen und
hat geleuchtet, und ich hielt an jeder Seite eins der Mädchen.» Phyllis ein
Mädchen? Vermutlich würde Reggie, der dickliche, glatzköpfige Reggie, im Kreis
seiner Rotarier-Freunde auch von sich als einem der «Burschen» sprechen. Aber
egal. Tatsache war, daß er offenbar ein wasserdichtes Alibi hatte. Mr. Pringle
konnte sich selbst noch gut an diese unbefestigte Straße erinnern. Außerdem
schien Reggie wirklich nicht flink und beweglich genug, als daß er sich im
Schutz der Dunkelheit schnell einmal hätte davonstehlen und Emma überfallen
können, um dann, als sei nichts geschehen, wieder zu seiner Gruppe
zurückzukehren. Bestimmt wäre seine Abwesenheit inzwischen aufgefallen, und
besonders Phyllis sah nicht aus wie jemand, der sich leicht täuschen ließ.
Mr. Pringle knabberte an seinem Keks,
während Reggie herumtobte und schimpfte, wie seine Frau überhaupt dazu käme,
sich in seine privatesten Dinge einzumischen, und was seine Freundin in Horsham
anginge — er als Mann habe ein Recht auf so etwas.
Als er einen Moment lang innehielt, um
Luft zu holen, nutzte Mr. Pringle die Chance und fragte: «Haben Sie an dem
Abend des Barbecue mit Elizabeth Hurst gesprochen?»
«Warum sollte ich?» gab der Anwalt
unwirsch zurück. «Ich kannte sie doch gar nicht. Und ich gehöre nicht zu den
Leuten, die sich anderen Leuten aufdrängen, bloß weil sie zufällig zu derselben
Reisegruppe gehören. Und außerdem — das alles hat die Polizei auch schon
gefragt. Vielleicht hören Sie jetzt endlich einmal auf mit Ihren
Vernebelungsmanövern. Sie sind hier, weil Phyllis Sie geschickt hat, das wissen
Sie ebensogut wie ich. Ich vermute, Sie haben ihr irgendwann in Griechenland
auf die Nase gebunden, daß Sie als Privatdetektiv arbeiten.»
«Ich kann mich nicht erinnern, mit
Ihrer Frau auch nur ein Wort gewechselt zu haben», sagte Mr. Pringle
freundlich. «Nachdem ich als Finanzbeamter pensioniert worden bin, habe ich
dann und wann Aufträge für Nachforschungen übernommen, aber mehr als Hobby. Zur
Zeit bin ich für meinen Neffen tätig.»
«Wenn der junge Mann besser auf Miss
Hurst aufgepaßt hätte, dann könnten Sie sich Ihre ganzen Ermittlungen jetzt
sparen. Ich jedenfalls bin noch nach der Regel erzogen worden, daß es die
Aufgabe des Mannes ist, die Frauen in seiner Umgebung zu schützen.» In
Warlingham und Horsham gleichzeitig? dachte Mr. Pringle sarkastisch. «Und was
die kleine Fairchild angeht, die hat selber schuld, daß man sie überfallen hat,
so halbnackt, wie die immer herumgelaufen ist. Phyllis würde es nicht im Traum
einfallen, sich derart unbekleidet zu zeigen.» Phyllis im Eva-Kostüm!
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