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Leiche in Sicht

Leiche in Sicht

Titel: Leiche in Sicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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toten Roge sind das einzig Reale,
dachte Mr. Pringle.
    «Haben sie noch etwas gesagt über das
Geld? Gab es sonst noch irgendeinen Hinweis, woher es stammen könnte?»
    «Nein. Dasselbe hat der Coroner den
Beamten, der die Ermittlung geleitet hat, auch gefragt. Ich glaube übrigens,
daß dieses Geld gar nicht so wichtig ist. Es war ja schließlich keine
Riesensumme: nur zehn Pfund insgesamt. Vielleicht war es auch noch der Rest von
dem Geld, das Roge am Freitag vorher von der Bank geholt hatte.» Aber was
hatten die Scheine auf dem Boden des Fahrerhäuschens zu suchen, dachte Mr.
Pringle.
    «Eigentlich waren es doch schreckliche
Ferien, ich meine, wenn man richtig darüber nachdenkt», sagte Mavis, die beim
zweiten Kaffee mit Cognac leicht melancholisch wurde. «Ein Mädchen tot, ein
zweites vergewaltigt — oder doch beinahe vergewaltigt. Jetzt der Tod Ihres
Mannes. Und alles hängt miteinander zusammen, nicht wahr, Lieber?»
    «Ja», sagte er, ohne zu zögern. Maureen
sah ihn mit offenem Mund an. «Davon haben sie aber bei der Verhandlung kein
Wort gesagt», wandte sie ein. Mavis streichelte ihr beruhigend über die Hand.
«Mr. Pringle stellt auf eigene Faust Nachforschungen über den Tod von Elizabeth
Hurst an, wissen Sie, und er glaubt nicht an Zufälle. Er meint, es müsse einen
Zusammenhang geben.»
    «Roge hörte das Ergebnis der
Verhandlung in den Nachrichten», bemerkte Maureen nachdenklich. «Er sagte, es
sei falsch.» Sie schob sich die Locken aus dem Gesicht und beugte sich eifrig
vor. «Das war an dem Abend, bevor er verschwand. Als ich ihn fragte, was er
meine, sagte er nur, daß er Miss Hurst vor dem Barbecue gesehen habe und es
deshalb besser wisse.»
    «Können Sie sich erinnern, was genau er
gesagt hat?» Maureen runzelte die Stirn.
    «Wir waren dabei, unten im Laden die
Regale nachzufüllen. Das Radio lief, dann kamen die Sechs-Uhr-Nachrichten. Wir
hörten beide zu arbeiten auf, als wir merkten, um was es ging, und Roge sagte: ‹Was
für ein Haufen Quatsch.› Ich weiß noch, daß ich gemeint habe, daß sie nicht wie
ein Mädchen gewirkt habe, das Selbstmord beginge — ich dachte ja auch die ganze
Zeit, es sei ein Unfall gewesen. Das haben die anderen übrigens auch geglaubt,
wir haben natürlich in der Reisegruppe darüber diskutiert. Roge hat sich an
diesen Diskussionen nie beteiligt, er sagte, er verabscheue Tratscherei. Sie berichteten
dann noch im Radio, daß die Verhandlung mit einem open verdict geendet
habe, und Roge bemerkte daraufhin: ‹Sehr interessant.›»
    «War das alles?»
    Maureen versuchte angestrengt, sich den
Abend noch einmal ins Gedächtnis zu rufen. «Ich glaube, als wir zu Bett gingen,
sagte er so etwas wie ‹der Reichtum hat ihr kein Glück gebracht›. Wir hatten
uns vorher über den Kauf des Ladens unterhalten und ob wir das Kapital würden
aufbringen können.»
    «Sie wissen, was das bedeutet, wenn
zwischen dem Tod von Roge und dem von Miss Hurst ein Zusammenhang besteht?»
fragte Mr. Pringle und sah sie eindringlich an.
    Sie nickte unsicher. «Ja, ich glaube
schon. Auf jeden Fall würde es doch bedeuten, daß er nicht Selbstmord begangen
hat, oder? Und das ist für mich das Wichtigste überhaupt. Solange das nicht vom
Tisch ist, glauben doch alle Leute, daß wir uns gestritten hätten und daß er es
deshalb getan hat.»
    «Aber wenn Roge sich nicht selbst
umgebracht hat — dann ist er ermordet worden», bemerkte Mr. Pringle. Maureen
schüttelte heftig den Kopf.
    «Das kann ich mir nicht vorstellen.
Roge hatte keine Feinde. Wer sollte ihn umbringen wollen? Ein paar Leute haben
sich über ihn geärgert... Er war sehr klug, wissen Sie», erklärte sie, zu Mavis
gewandt. «Er hat viel gelesen, und die Leute haben es oft in den falschen Hals
bekommen, wenn er ihnen etwas erklären wollte.» Mrs. Bignell wußte von Mr.
Pringle, wie Roge aufgetreten war, und hörte sich Maureens Lobeshymne
schweigend an. «Und wegen Geld ist er bestimmt nicht umgebracht worden», fuhr
Maureen fort, «wir hatten ja keins.»
    Aber das, dachte Mr. Pringle, war der
springende Punkt.

Kapitel 27
     
    «Onkel
— wach auf!»
    Mr. Pringle versuchte mühsam, aus
seinen Träumen aufzutauchen. Seit dem Abend mit Maureen hatte er keine Nacht
mehr durchgeschlafen, immer wieder war er von Alpträumen heimgesucht worden.
Einmal hatte Maureen neben Elizabeth in den Wellen gestanden, die beiden hatten
die Arme nach ihm ausgestreckt, um ihn aufzufangen bei seinem Fall durch
nachtschwarze Dunkelheit. Es

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