Leichendieb
sagen: Ich dich auch. Und musste dabei immer an Rita denken. Wer so etwas sagt, behauptete Rita, der empfindet gar nichts.
Da kommt dein Bus, sagte ich zu Sulamita.
Liebst du mich?
Ja, erwiderte ich.
Dann sag es.
Das habe ich doch schon.
Sag: Sulamita, ich liebe dich.
Sulamita, ich liebe dich.
Sie stieg in den Bus und winkte mir lächelnd aus dem Fenster nach. Ich fühlte mich wie ein Schuft.
Als ich zurück nach Hause kam, um den Wagen zu holen, schaute ich, ehe ich zur Arbeit fuhr, noch bei Eliana herein.
Rede mal mit deiner Indiofrau, sagte sie, als ich ihr das Geld zum Einkaufen aushändigte. Jetzt will diese Irre nicht mehr essen, sitzt nur noch da und macht ein dummes Gesicht. Ich habe schon drei Kinder, um die ich mich kümmern muss.
Serafina saß still und traurig auf einem Stuhl in der Ecke der Küche, die hässlichen, groben Hände im Schoß gefaltet. Ich verspürte eine große Zärtlichkeit für sie. Ich kniete mich neben sie und bat sie, noch ein wenig Geduld zu haben. Nur noch ein paar Tage, und dann bringe ich dich von hier fort, sagte ich. Dann wohnst du bei Sulamita und mir.
Sie lächelte. Ich glaube, es war das erste Mal, dass ich Serafina lächeln sah.
In ihrem Mund waren nicht mehr viele Zähne.
33
Der Tag war lang. Heiß. Das Einzige, was ich verspürte, war stumme Anspannung. Ich blieb die ganze Zeit über alleine in der Garage. Keiner wollte etwas von mir, ich tat rein gar nichts,außer mit Dalva Kaffee zu trinken und mich mit dem Swimmingpoolwächter zu unterhalten.
In manchen Momenten war ich mir absolut sicher, dass ich unseren Plan aufgeben sollte. Ich dachte an Dona Lu, daran, wie sehr sie litt und wie sehr all das der Situation ähnelte, die ich mit meiner Mutter erlebt hatte. Die Alternativen waren unrealistisch, dachte ich. Ramírez und Juan umbringen, fliehen und Rita treffen, mir falsche Papiere besorgen. Ich sagte mir, steig aus, Over. Aber es war schon zu spät. Mein heimliches Funkgerät war nicht auf Sendung. War abgeschaltet, Over. Da war niemand mehr in mir drin. Ich hatte das Kommando, ich entschied. Ich ganz allein.
Um acht Uhr abends postierte Sulamita sich am Busbahnhof und hielt Wache.
Eine halbe Stunde zuvor waren wir zu Hause den ganzen Plan noch einmal gründlich durchgegangen, aber sie stellte mir trotzdem weiter die gleichen Fragen.
Bist du dir ganz sicher?, fragte sie am Telefon.
Ja, sagte ich.
Sprich nur das Nötigste. Und verstell deine Stimme. Tu bei jedem Kontakt so, als wenn du heiser wärst. Mach alles genauso, wie wir es verabredet haben. Ich werde per Telefon das Kommissariat überwachen.
Das hast du mir alles schon gesagt.
Ist Júniors Handy ausreichend aufgeladen?
Der Akku ist voll.
Ich liebe dich, sagte sie.
Ich dich auch.
Egal was passiert, wir halten zusammen.
Alles klar, sagte ich. Ich lege jetzt auf.
Um zehn nach acht rief ich José Beraba an und verlangte, er solle unbegleitet zum Busbahnhof fahren und sich zu den öffentlichen Fernsprechern in der Nähe der Fahrkartenschalter begeben. Nehmen Sie den Mietwagen, sagte ich. Unter dem ersten Telefon klebt ein Umschlag, Sie müssen nur die Instruktionen befolgen.
Um viertel vor neun rief Sulamita mich an. Die Luft ist rein, sagte sie, José Beraba ist alleine. Ich fahre jetzt mit dem Taxi zur Tankstelle.
Die Anweisung in dem Umschlag besagte, dass José Beraba sich zum Supermarkt Krispan begeben und unter dem Papierkorb rechts vom Eingang einen roten Zettel suchen sollte.
Ich selbst wartete auf dem Parkplatz des Supermarkts im Auto von Sulamitas Tante, einem alten Käfer, dessen verdunkelte Scheiben dafür sorgten, dass man mich von draußen nicht sehen konnte.
Unter dem Papierkorb hatten wir folgende Instruktion angebracht:
Nehmen Sie die 2 6 A bis Kilometer 34 . Warten Sie den Anruf ab .
Wir hatten eine Art Parcours aufgebaut, denn Sulamita hatte mir gesagt, dass Entführer so vorgingen. Man muss das Opfer in Schach halten, sagte sie, und gleichzeitig überprüfen, wie es sich in den unterschiedlichen Etappen verhält. Wenn er Hilfe von der Polizei haben sollte, werden wir es merken.
Per Telefon gab Sulamita, die sich bereits bei der Tankstelle an der Auffahrt zur 26 A befand, mir Bescheid, als sie den Mietwagen von Beraba in Richtung Kilometer 34 vorbeifahren sah.
Zehn Minuten später kam ich bei der Tankstelle an. Atemlos stieg Sulamita in den Wagen, halt dort hinten an, sagte sie und deutete auf einen abgeschiedenen Bereich.
Anschließend rief sie unter dem Vorwand,
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