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Leichenfresser - Thriller

Leichenfresser - Thriller

Titel: Leichenfresser - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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einem ruhigen Tag konnten Besucher des Friedhofs das entfernte Dröhnen des Verkehrs auf der Route 116 hören, die durch Spring Grove verlief und auf dem Weg nach Hanover und Gettysburg an Colonial Valley vorbeiführte.
    Am gegenüberliegenden Ende begrenzte ein Getreidefeld den Friedhof, das einen Übergang von der Weide zu der Seite mit den älteren Grabstätten, dem Schuppen und dem weitläufigen Wald dahinter bildete. Wo sich der Friedhof, das Getreidefeld und der Elektrozaun trafen, hatten die Jungen den Bunker gebaut. Er lag nur wenige Meter vom asphaltierten Friedhofsweg entfernt, völlig unsichtbar für Passanten – außer anscheinend für Timmys Großvater. Den hinteren Rand des Bunkers säumte der Elektrozaun. Sie waren nicht sicher, auf wessen Grundstück sich ihr Versteck befand – auf dem der Kirche oder dem von Mr. Jones – und eigentlich hatten sie auch nie darüber nachgedacht. Mit zwölf Jahren betrachteten sie das gesamte Gebiet als ihr eigenes und gönnten den Erwachsenen nicht, es zu benutzten. Wäre Timmy eine Möglichkeit eingefallen, von den Erwachsenen eine Nutzungsgebühr für das umliegende Gelände zu verlangen, hätte er es mit Freuden getan.
    Sie fuhren den Weg hinab und hielten nach Barry Ausschau. Der Geruch von frisch gemähtem Gras hing durchdringend in der Luft. Über ihnen zwitscherte vergnügt ein Vogel. Weiße und gelbe Schmetterlinge schwebten über einer vom Regen vor zwei Tagen übrig gebliebenen Pfütze. In einem Kleefeld summten Honigbienen.
    Während Timmy radelte, betrachtete er die an ihm vorbeiziehenden Grabsteine. SARAH MYERS 1900–1929; ABBY LUCKENBAUGH 1922–1923; BRITNEY RODGERS, 5 Jahre; BRETT SOWERS 1913–1983; KENNETH L. RUDISILL, VETERAN DES 2. WELTKRIEGS 1923–1976. Timmy hatte so viel Zeit zwischen diesen Gräbern verbracht, dass er die Namen und Daten genauso gut kannte wie seine Klassenkameraden. Viele der hier Beerdigten waren Kinder, etliche davon noch Säuglinge, viele weitere ungefähr in seinem Alter. Das hatte ihn schon immer beunruhigt. Normalerweise fühlte sich Timmy unsterblich wie die Eternals, die ebenfalls zu seinen Lieblingscomichelden zählten. Über die Alternative – dass jemand in seinem Alter sterben könnte – dachte er nicht gerne nach. Dennoch gab es hier den in Stein gemeißelten Beweis dafür, dass es andauernd vorkam – dass Kinder in seinem Alter sehr wohl starben.
    Auch seine Großmutter lag in diesem Abschnitt begraben. Timmy erinnerte sich kaum an sie. Ihm waren nur vage Eindrücke von ihr geblieben. Ihr Parfüm. Dass sie ihn immer dazu bringen wollte, mehr zu essen, wenn sie bei ihr zu Besuch waren. Wie sie ihn gedrückt hatte, wenn sie sich umarmten. Oft musste er sich Fotos ansehen, um sich ihr Gesicht ins Gedächtnis zu rufen. Neben ihrem Grabstein ragte ein dazu passender für seinen Großvater auf. Dane Gracos Namen und Geburtsdatum hatte man bereits in den Marmor gemeißelt. Es fehlte nur noch der Todeszeitpunkt, um die Inschrift fertigzustellen. Auch daran wollte Timmy nicht denken, weshalb er das Grab seiner Großmutter nach Möglichkeit mied. Es machte Timmy Angst, den Namen seines Großvaters über der leeren Stelle für das fehlende Datum zu sehen, als wartete der Stein nur auf Dane Graco.
    Hinter ihnen überblickten fünf bogenförmige Buntglasfenster an der Rückseite der Kirche den Friedhof. Auch sie bescherten Timmy regelmäßig eine Gänsehaut. An Sonntagvormittagen mit einer besonders langweiligen Predigt starrte er oft zu den Fenstern und dachte sich gruselige Geschichten zu den darauf abgebildeten Szenen aus. Manchmal schrieb er sie sogar in die freien Stellen seines Mitteilungsblatts der Kirche – sehr zum Verdruss seiner Mutter. Sie meinte, das sei respektlos und grenze an Blasphemie, was Timmy nicht verstand. Die Bibel strotzte vor furchterregenden Geschichten und Charakteren – Hexen und Schwarze Magie, Zombies und Dämonen, Riesen und Meeresungeheuer, Mord, ja sogar Kannibalismus. Wieso sollten seine kleinen Geschichten schlimmer sein? Warum sollte Gott sie nicht mögen?
    Einige der Geschichten hatte er Barry und Doug erzählt, und sie hatten immer mehr gewollt. Ihr Interesse hatte in Timmy einen Gedanken ausgelöst – wenn er groß war, würde er vielleicht gerne als Comicautor arbeiten. Natürlich würde er keine Comics zeichnen können. Timmy war schon froh, wenn er Strichmännchen hinbekam. Den Künstler in ihrer Gruppe verkörperte Doug. Er hatte die vergangenen vier Monate an der Karte

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