Leichenfund - Killer Heat
nichts sehen.
»War da etwas?«
Sie drehte nervös die Daumen. »Wahrscheinlich nur die Nachbarn.«
Mike stellte sich hinter ihren Stuhl und behielt den schmalen Gartenweg im Auge.
»Danach überprüft das Justizministerium die Fälle. Es unterstützt uns üblicherweise bei der Hälfte unserer Gesuche. Bei Troy war es nicht anders als bei den anderen Häftlingen, die nach Kearny kommen. Er hatte fast sein halbes Leben im Gefängnis verbracht, er war nur noch wenige Tage von der Freiheit entfernt, und da - zack - wird ihm plötzlich mitgeteilt, dass er nirgendwo hingehen würde.«
»Die erste Anhörung fand also vor drei Jahren statt?«, fragte Mercer.
»Ja. Nur die wenigsten Verbrecher kommen durch. Die meisten sind so wütend über den Transfer, dass die Staatsanwaltschaft leichtes Spiel hat. Es reicht meistens aus - und das war in Troys Fall einfach -, dass der Häftling nicht in der Lage ist, seine Emotionen und sein Verhalten zu kontrollieren.«
»Wie lautete Troys Diagnose?«, fragte ich.
»Persönlichkeitsstörung, NNB, Ms Cooper.«
»NNB?«
»Nicht näher bezeichnet. Dieselbe Diagnose, derentwegen er im Alter von einundzwanzig Jahren aus der Armee entlassen wurde.«
39
Son of Uncle Sam.
»Wann war Troy Rasheed beim Militär gewesen?«, fragte Mercer.
»Er ging mit neunzehn zur Armee, man hat ihn aber knapp zwei Jahre später rausgeworfen«, sagte Kallin.
»Wo war er stationiert? Und warum hat man ihn rausgeworfen?«
»Die letzten sechs Monate vor seiner Entlassung war er in Deutschland stationiert. Es gab auf dem Stützpunkt einen Vorfall mit einer Frau. Er war nicht allein beteiligt - es waren noch drei, vier andere Soldaten von seiner Division involviert. Eine Art Date Rape - es war viel Alkohol im Spiel, und die Anschuldigungen der jungen Frau waren etwas nebulös.«
»Kam es zu einem Gerichtsverfahren?« Ich fragte mich, ob besagte Frau zum Zeitpunkt der Zecherei auch eine Uniform getragen hatte.
»Damals? Nein. Sie wissen wahrscheinlich, wie schwierig es ist, Einsicht in Militärunterlagen zu bekommen. Die Unterlagen verschwinden einfach. Eine betrunkene Frau, die behauptet, vergewaltigt worden zu sein? Damit tut sich die Armee heute noch schwer. Wenn Sie mich fragen, hat man die Frau nicht allzu ernst genommen. Troy muss vor diesem Vorfall schon durch andere Vergehen auffällig geworden sein.«
Kallin reckte den Hals und sah wieder aus dem Fenster.
»Persönlichkeitsstörung, NNB«, sagte Mike. »Das klingt ziemlich milde für einen Serienvergewaltiger.«
Sie drehte sich um und lächelte Mike zum ersten Mal an. »Diese Diagnose würde bestimmt auch auf Sie passen, Mr Chapman. Auf jeden interessanten Menschen. Troy hat in Wirklichkeit eine antisoziale Persönlichkeitsstörung, aber so weit mussten die Gutachter gar nicht gehen. Sein Verteidiger konnte nichts dagegen vorbringen. Das Etikett haftete ihm bereits an, noch bevor er das erste Mal mit der Justiz Bekanntschaft machte.«
Antisoziale Persönlichkeitsstörungen zählten laut Definition des Diagnostischen und Statistischen Handbuchs psychischer Störungen ( DSM-IV) , der Bibel der forensischen Psychiatrie, zu den Hauptkennzeichen von Serienmördern.
Ich zählte die Eigenschaften dieses psychopathischen Verhaltens auf, so wie sie im DSM aufgelistet waren. »Missachtung von Regeln und Normen, beschränktes Gefühlsrepertoire, mangelnde Empathie gegenüber anderen -«
»Was zu rücksichtslosem Verhalten führt«, sagte Kallin. »Hinterlistig, impulsiv, aggressiv. Chronisches Lügen, Gebrauch von Decknamen.«
Troy Rasheed hatte keinen Grund gehabt, bei Kiernan Dylan unter seinem richtigen Namen vorstellig zu werden. Für ihn musste es ein Leichtes gewesen sein, aus New Jersey zu verschwinden, nachdem er sich ordnungsgemäß bei den staatlichen Überwachungsstellen gemeldet hatte.
»Sind seine Militärunterlagen auch da drin?«, fragte ich und zeigte auf die Aktendeckel.
»Nein. Die Staatsanwaltschaft konnte sie nicht beschaffen - nur die Zusammenfassung des Armeeausschlusses.«
»Was wissen Sie über seinen familiären Hintergrund?«
Ich sah aus den Augenwinkeln eine Bewegung und blickte aus dem Fenster. Nichts.
»Sie sind ja nervöser als ich«, sagte Kallin.
Mercer stand auf. »Ich habe mein Handy im Auto liegen lassen. Ich hole es lieber, um den Rückruf des Lieutenants nicht zu verpassen. Kann ich hier hinten rausgehen?«
Ich wusste, dass Mercer sich draußen umsehen wollte. Es war unwahrscheinlich, dass uns jemand
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