Leichenfund - Killer Heat
verdanken. Aber das Glück werden Sie nicht haben.«
»Was meinen Sie damit?«
»Sie haben in keinem Ihrer Fälle DNA-Spuren, stimmt’s?«
Auch diese Tatsache war auf der Pressekonferenz nicht erwähnt worden. Eigentlich hätte ich ihre Frage nicht beantworten dürfen, aber ihre Bestimmtheit faszinierte mich. »Nein, das haben wir nicht.«
»Troy Rasheed wurde chemisch kastriert.«
»Großer Gott!« Mike tat sich mit sexuell expliziter Ausdrucksweise immer schwerer als mit den kalten, klinischen Fakten in einem Mordfall. »In New Jersey geht das? Von der Boa Constrictor um seinen Penis oder von den Ärzten?«
»Er hat sich freiwillig dafür gemeldet, Mr Chapman. Er war intelligent genug, um zu wissen, dass es ihm die Haftentlassung erleichtern würde. Sie haben ihm sein Teil ja nicht abgeschnitten. Er bekam zehn Monate lang ein Medikament namens Depo-Provera injiziert.«
»Was wollen Sie damit sagen, Ma’am? Dass Troy Rasheed gar kein Sexualstraftäter mehr sein kann? Einerseits behaupten Sie, dass er derjenige ist, nach dem wir suchen, und dann erzählen Sie uns, dass er kastriert ist.«
Nelly Kallins Ungeduld mit Mike wurde immer größer. »Glauben Sie denn, dass es bei diesen Verbrechen nur um Sex geht? Meinen Sie denn nicht auch, dass Fesseln und Foltern etwas mit Machtausübung und körperlicher Dominanz zu tun haben?«
Und mit Wut und Begierde und manchmal einfach nur mit Lustgewinn.
»Also haben wir es mit einem impotenten Serienmörder zu tun.«
»Diese Kerle morden nicht wegen ihrer Gonaden, Detective, sondern wegen ihres kranken Gehirns.«
38
»Dann mal los, Nelly.« Mike stützte sich auf den Küchentisch und fuhr sich mit der Hand durch die Haare, um seinen Charme spielen zu lassen. »Helfen Sie uns, Troy Rasheeds Gehirn besser zu verstehen.«
Mercer telefonierte mit Lieutenant Peterson, um ihm vorzuschlagen, die Fahndung nach dem entlassenen Häftling einzuleiten. Er nannte ihm das Geburtsdatum und die Häftlingsnummer aus den Gefängnisunterlagen, damit Peterson von der Gefängnisbehörde in New Jersey ein Foto anfordern konnte, um es an die Nachrichtenagenturen weiterzuleiten.
»Er wurde im Juli auf Bewährung freigelassen, Loo. Irgendeinen Grund finden wir schon.«
Kallin wackelte mit dem Zeigefinger. »Nein, das stimmt nicht. Er ist nicht auf Bewährung draußen. Dafür können Sie ihn nicht drankriegen.«
Mercer legte die Hand über den Hörer. »Was meinen Sie damit?«
»Rasheed hat seine komplette Strafe abgesessen. Die Höchststrafe von einundzwanzig Jahren. Die letzten drei Jahre handelte es sich um eine Unterbringung.«
»Wie nett«, sagte Mike. »Ein Bundesstaat, der chemische Kastration und Zwangseinweisungen erlaubt. Gewöhnen Sie sich schon mal an mich, Nelly. Vielleicht packe ich meine Koffer und ziehe nach New Jersey.«
Zu den umstrittensten Bereichen der Kriminaljustiz gehörten die neuen, in weniger als zwanzig Staaten erlassenen Gesetze zur Zwangseinweisung von verurteilten Sexualstraftätern, die bereits ihre gesamte Gefängnisstrafe abgesessen hatten. Die hohe Rückfallquote bei Vergewaltigern - und Mördern - hatte zu dieser radikalen Form präventiven Gewahrsams geführt, bei der die Täter nach Ablauf ihrer Freiheitsstrafe in die geschlossene Psychiatrie verlegt und so lange dort festgehalten wurden, wie sie als Gefahr für die Gesellschaft galten.
»Politiker lieben solche Schnellreparaturen, Mr Chapman.«
»Steckt die Verbrecher zu den Verrückten, und der Mann auf der Straße jubelt. Bei uns stellt man sich auch gerade darauf ein«, sagte Mike. Dem Gouverneur von New York war es erst vor ein paar Monaten gelungen, ein entsprechendes Gesetz gegen den erbitterten Widerstand der Legislative durchzudrücken.
»Die Strafverteidigerlobby in New York hat sich heftig dagegen gewehrt«, sagte ich. Noch hatte ich keinen entsprechenden Fall bearbeitet. »Haben Sie deshalb so große Bedenken, uns von Rasheeds Freilassung zu erzählen? Dieses Sicherungsverfahren ist eine streng geheime Angelegenheit, richtig? Ich habe nur Gerüchte von meiner Kollegin in Bergen County gehört.«
Mercer beendete sein Telefonat und setzte sich wieder zu uns an den Tisch.
Nelly Kallin schob ihr Glas zur Seite. »Geheim ist gar kein Ausdruck. Wenn Sie wüssten, wie viele Gefangene nach Kearny transferiert wurden und wie viele von dort freigekommen sind, wüssten Sie auch, warum. Wir haben an die dreihundert Gefangene. Der Staat gewinnt fünfundneunzig Prozent aller Fälle, und die
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