Leichenfund - Killer Heat
Ihnen leichter zu machen.«
»Werde ich die Gelegenheit haben, den Geschworenen zu sagen, wie Floyd Warren jeden einzelnen Tag meines Lebens beeinträchtigt hat? Dass ich seit dreißig Jahren, seit ich damals mit seinem Messer am Hals aufgewacht bin, keine Nacht mehr durchgeschlafen habe?«
Sie brauchte mir nicht zu sagen, dass das Verbrechen selbst und die Scham, welche Vergewaltigungsopfern in Kerrys Generation von der Gesellschaft auferlegt wurde, ihr seither verwehrt hatten, eine intime Beziehung einzugehen.
Mercer, der schräg hinter ihr saß, beugte sich vor und legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Richter Lamont wird sich alles anhören, Kerry. Alex wird dafür sorgen, dass Warren schuldig gesprochen wird, und Sie können Lamont in Ihrer Stellungnahme nach der Hauptverhandlung alles sagen, was Ihnen auf dem Herzen liegt.«
Es kam nicht oft vor, dass man als Staatsanwältin den Ausgang eines Verfahrens voraussagen konnte. Geschworene waren unberechenbar, und genau das hatte Kerry beim ersten Mal in voller Brutalität erfahren. Aber dank der DNA-Wissenschaft und der rapiden Fortschritte in der computergestützten Abgleichtechnik hatte es die Verteidigung immer schwerer, einen berechtigten Zweifel vorzubringen, wenn die Identifizierung des Täters der einzige strittige Punkt war.
Ich reichte Hastings das Foto, das nach ihrer Vergewaltigung im Bellevue-Krankenhaus aufgenommen worden war. Sie würde vor Gericht seine Echtheit bestätigen müssen. Die Schwarzweißaufnahme der Schnittwunden, die Warren ihr am Hals zugefügt hatte, diente als Beweis dafür, dass er sie durch Gewaltanwendung gefügig gemacht hatte.
»Glauben Sie im Ernst, dass irgendjemand die Frau auf dem Foto mit mir in Verbindung bringen wird?« Sie lächelte und zeigte Mercer die Aufnahme.
Mit zweiundzwanzig war Kerry Hastings groß und etwas füllig gewesen, und ihr hübsches volles Gesicht war von kurzen gelockten Haaren umrahmt, die der Fotograf zurückgestrichen hatte, um ihre Verletzungen am Hals zu fotografieren. Unter dem knielangen Krankenhauskittel waren Blutergüsse an ihren Schienbeinen zu sehen.
Die Siebenundfünfzigjährige, die jetzt zwischen uns saß, hatte ihren Babyspeck verloren. Sie joggte und trainierte für Marathonläufe, um ihre Energie zu fokussieren und ihre Wut in positivere Bahnen umzulenken.
»Sie sehen gut aus«, sagte Mercer.
»Jugend, mittleres Alter und ›Sie sehen gut aus‹.« Kerry legte das Foto mit der Vorderseite nach unten auf meinen Schreibtisch. »Die drei Stadien im Leben einer Frau. Auch Sie können mich nur bis zu einem gewissen Punkt aufheitern, Mercer.«
»Von mir haben Sie jedenfalls während des Verhörs keine unangenehmen Überraschungen zu befürchten«, sagte ich.
»Und was ist mit Mr Grassley? Wird er mit mir so umspringen, wie es sein Vorgänger damals getan hat?«
»Er ist nicht verpflichtet, mich vorab darüber zu informieren, Kerry. Ich hoffe, nicht.«
»Alex wird so oft wie möglich Einspruch einlegen«, sagte Mercer. »Antworten Sie auf keinen Fall, wenn Sie sehen, dass sie aufsteht.«
Die dreibändige Niederschrift der ersten Gerichtsverhandlung war Bestandteil meiner Prozessakte. Das Kreuzverhör gehörte zum Schlimmsten, was ich je gelesen hatte.
»Vier Männer in der Jury hielten mich für eine Prostituierte«, sagte Kerry. »Vier andere unterstellten mir, ich hätte mir das alles nur ausgedacht.«
»Dank der Opferschutzgesetze sind diese Horrorzeiten für Opfer vorbei«, sagte ich. Mittlerweile waren diese Gesetze in jedem Bundesstaat in Kraft getreten, wenn auch zu spät, um Kerry Hastings zu helfen.
Floyd Warrens erster Verteidiger hatte behauptet, sein Mandant sei ein Zuhälter, und die scheinbar so prüde junge Frau im Zeugenstand hätte für Warren gearbeitet. Er hatte Kerry stundenlang mit Fragen über ihre vermeintliche Beziehung zu Warren bombardiert, ihr Rassismus unterstellt und den Streit in ihrer Wohnung - aufgrund dessen ein besorgter Nachbar um 4:23 Uhr die Notrufnummer gewählt hatte - darauf zurückgeführt, dass sie Warren seinen Anteil verweigerte.
»Wissen Sie, dass sich damals, 1973, außer mir nur noch eine Frau im Gerichtssaal befand? Eine Geschworene, die um wenige Jahre älter war als ich.«
»Das Justizsystem war uns Frauen damals nicht sehr wohlgesonnen. Unter den zweihundert Anwälten, die hier in der Staatsanwaltschaft arbeiteten, waren Frauen ebenfalls dünngesät. Der Bezirksstaatsanwalt war seinerzeit der Ansicht, dass Mord und
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