Leichenfund - Killer Heat
Hochhaus. Die Cleversten von ihnen trugen unzählige Geheimnisse mit sich herum - dreißig Stockwerke voller Untreue, Verrat und nachbarschaftlicher Heimtücke.
»Das geht mich nichts an, Lady.«
»Sie wohnen hier im Untergeschoss?«, fragte Mike.
» Si . Ich habe meinen Fernseher, meine Freundin und mein Bier. Ich mache meine Arbeit und sonst nichts.«
»Hat sonst noch jemand einen Schlüssel zu der Wohnung?«
»Was weiß ich? Wenn Schlüssel funktioniert, ruft mich keiner.«
Mikes Frust wurde immer größer. »Hier um die Ecke gibt es eine Bar namens Dylan’s . Haben Sie den Typen, dem die Bar gehört, jemals hier gesehen?«
»Keine Ahnung, wen Sie meinen. Dylan wer?«
»Werden Sie auch von den Männern dafür bezahlt, dass Sie nichts hören und nichts sehen, Vargas? Sind das die Spielregeln?«
»Männer müssen gar nichts tun, Detective. Ms Amber kümmert sich sehr gut um mich.« Vargas ließ die Knöchel seiner linken Hand in seiner großen rechten Faust knacken. »Das Mädchen immer Ärger und Probleme.«
6
Ich saß auf einem Barhocker im Primola und nippte an meinem Mineralwasser wie an einem edlen Scotch. Mike saß neben mir und rührte mit dem Finger die Eiswürfel in seinem Wodkaglas um. Das Szene-Restaurant auf der Upper East Side war an diesem heißen Augusttag bis auf den letzten Tisch besetzt.
»Stört Sie die Klimaanlage, Alessandra?«, fragte Giuliano. »Ihr Tisch ist in fünf Minuten fertig.«
»Alles bestens. Wir bleiben hier an der Bar.«
Ich war seit Jahren mit dem Besitzer befreundet. Er war es gewöhnt, mich in Begleitung von Mike oder Mercer zu sehen und kümmerte sich in langen, arbeitsreichen Nächten aufmerksam um unser leibliches Wohl.
Er wandte sich an den Barkeeper. »Fenton, einen Drink für Signora Cooper. Das geht aufs Haus.«
»Heute nicht, Giuliano«, sagte Mike. »Es geht ihr wie Muhammad Ali vor einem großen Kampf. Sie tritt morgen Vormittag vor die Geschworenen und kann keinen Kater riskieren.«
»Danke, ein andermal gern«, sagte ich zu Giuliano und knabberte an einer Brotstange.
Mike drehte sich so, dass er seine Füße auf den Sprossen meines Barhockers abstützen konnte. Mochten wir vom Background her noch so verschieden sein, unsere über zehnjährige Zusammenarbeit an den grausigsten Fällen der Stadt hatte uns eng zusammengeschweißt.
»Iss einen Teller Pasta, Coop. Du brauchst die Energie.«
»Ich möchte nur Gazpacho. Für alles andere ist es zu heiß.«
Mike wandte sich wieder an Giuliano. »Für mich als Vorspeise Linguine mit Muscheln in Sahne. Und danach das größte Kalbsschnitzel, das Sie dahaben.«
Nichts konnte Mike den Appetit verderben - auch kein Mord. Sein Vater Brian war einer der höchstdekorierten Cops in der Geschichte der New Yorker Polizei gewesen. Das Talent und der Instinkt des Ermittlers waren Mike praktisch in die Wiege gelegt worden, und er war auch der Erste seiner Familie, der auf ein College gegangen war. Als Brian nach sechsundzwanzig Dienstjahren seine Waffe und seine Dienstmarke abgab, um in den Ruhestand zu treten, erlag er keine achtundvierzig Stunden später einem Herzinfarkt. Aber das bestärkte seinen einzigen Sohn nur in dem Entschluss, in die Fußstapfen des Vaters zu treten. Nachdem sich Mike sein Studium mit Kellnern finanziert hatte, ging er gleich nach dem Abschluss zur Polizei.
»Warst du schon mal im Brazen Head ?«, fragte ich.
Wenn man seine privaten sowie seine beruflich bedingten Kneipenbesuche zusammenzählte, gab es kaum eine Bar in Manhattan, die Mike nicht kannte.
»Zu Schickimicki für einen Arbeiterjungen wie mich.«
»Wie kann ein irisches Pub Schickimicki sein?«
»Zu meiner Studienzeit war es noch eine typische Eckkneipe.« Mike war ein halbes Jahr älter als ich und im vergangenen Herbst siebenunddreißig geworden. »Jimmy Dylan war gut zu den Cops. Er hatte es gern, wenn sie nach dem Dienst noch bei ihm vorbeischauten und ihm halfen, die Säufer vor die Tür zu setzen.«
Ich knabberte die nächste Brotstange und beugte mich vor, weil die Leute am Nebentisch so laut lachten, dass ich Mike kaum verstehen konnte. Erfreut nahm ich zur Kenntnis, dass ein Jahr nach dem Unfalltod seiner Verlobten Valerie wieder ein Anflug des altvertrauten Funkelns in Mikes dunklen Augen zu sehen war.
»Dylan verdiente ganz gut, also schickte er seine Kinder - die drei älteren sind Jungs - auf Privatschulen. Junior, sein Ältester, müsste mittlerweile fast dreißig sein. Dessen Schulfreunde trieben sich
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