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Leichensache

Leichensache

Titel: Leichensache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Horst
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Luftballon, der langsam aufgeblasen wird. Sodbrennen.
    Ulla und Bokemeyer lachen herzhaft.
    »Haben Sie eine halbe Stunde Zeit, Herr Doktor? Bis es taktisch dazwischen passt?« Ulla mit Fragezeichen in den Augen.
    »Glowatzki meint, wir könnten die Probe psychologisch nutzen. Wir kratzen ihn an.«
    Sie nickt wissend. »Die Probe wird zum Leck, durch das wir ihn aussaugen.« Gurgelnder Lacher. »Unser Klausi-Mausi. An dem ist auch ein Seelenklempner …«
    Telefon.
    »Kirchenberg, Mordkommission.«
    »Ja, hier ist Werner Brokamp. Wir sind jetzt noch in der Wohnung, sind aber gleich fertig.«
    Ulla nimmt die Ohrmuschel, hört mit.
    »Und?«
    »Na ja, eine Gebrauchsanweisung zum Sexualmord haben wir nicht gerade gefunden, aber ein paar interessante Sachen sind schon dabei.«
    »Irgendwas mit direktem Opferbezug?«
    »Nein, nicht direkt. Einige eigenartige Videos, ein paar SM-Hefte und Klamotten, aber nichts Griffiges. Karten oder Tagebücher oder so was – Fehlanzeige. Wir haben abgeklebt wie die Weltmeister und zwei Umzugskartons vollgepackt. Warten wir es erst mal ab.«
    »Den TÜ-Beschluss kriegt ihr gleich morgen früh.«
    »Das geht dann sehr schnell, haben wir heute schon vorbereitet. Den Rest der Bude haben wir uns auch schon angesehen, bewohnbarer Bombentrichter. Ich habe morgen bestimmt Herpes.«
    »Wer wohnt da sonst noch?«
    »Die Mutter und eine Schwester. Die Alte ist übrigens das Totschlagen nicht wert. Ätzend. Der Prototyp der keifenden Furie. Hätte nicht viel gefehlt, und ich hätte die polizeirechtlich eingelocht. Was ist mit Beckmann und Atze?«
    »Die fahren hier sehr zeitig los und müssten dann früh bei euch sein. Warum?«
    »Ach, ich trau der Alten nicht, Räume versiegeln nützt da nichts. Außerdem sagt die auch nichts, dafür braucht die nicht mal eine Belehrung. Wir nehmen sie gleich noch einmal in die Mangel, aber die ist aus Granit. Wäre also gut, wenn die bald hier wären.«
    Ulla schreibt mit, Bokemeyer schüttet sich noch einen Kaffee ein, mit Milch.
    »Ich schiebe sie an. Ich werde hier gleich mal irgendwo zwei Stunden schlafen, vielleicht auch zu Hause – müsste nämlich langsam mal mein Höschen wechseln –, bin morgen gegen sechs aber wieder hier zu erreichen.«
    »Hat sich bei den Vernehmungen was ergeben?«
    »Glowatzki ist noch am Anfang, ist aber schwierig.«
    »Gut. Oder nicht gut. Bei Neuigkeiten melde ich mich.«
    »Das Handy lass ich in jedem Fall an.«
    Stroter steckt den Kopf durch die Tür, Zigarette im Mundwinkel.
    »Können wir?«
    Der Arzt hat die Kaffeetasse am Mund, schlürft beim Aufstehen, setzt ab, trinkt den Rest im Gehen.
    Die Plastikhülle der Venüle ist sperrig. Bokemeyer zieht die Gummischlaufe fest, in der Armbeuge drückt sich die Vene von unten durch die Haut. Die Schlaufe schnappt auf. Engel nimmt noch einen Zug, legt die Zigarette in den Aschenbecher. Ohne Filter, eine Tabakfaser steht widerspenstig ab. Er sieht hin. Ein Hingucker. Die Nadel drückt einen kleinen Krater in den Wulst, gleitet sacht durch die Haut. Stille. Engel zuckt nicht. Gleichmäßig füllt sich die Venüle dunkelrot. Bokemeyer zieht sie raus. Drückt den Tupfer auf das Loch, fordert Engel auf, ohne Worte. Er klemmt die Zigarette wieder in die Aschenbecherkerbe, legt den Zeigefinger auf das Pflaster, knickt den Arm, vermeidet Blickkontakt. Der Doc packt seine Sachen, geht. Glowatzki kommt nach.
    »War es so okay, ohne Worte?« Mit gesenkten Lidern.
    »Bestens.« Glowatzki nickt. »Wir nehmen ihn jetzt noch eine Zeit etwas ran und stecken ihn dann in den Pott, zwei Stunden«, er fasst sich an die Nase, »dann ganz früh wecken, weiter, dem Müden das Gesagte um die Ohren hauen.« Fragender Blick.
    Klar, Junge, mach, was du meinst.
    »Das ist nämlich ein Eigenbrötler, dem musst du alles rausziehen. Hoffentlich macht der nicht irgendwann ganz dicht.«
    »Willst du hinterher hierbleiben?«
    »Wenn seine Akte schon da ist, würde ich da gern einen Blick reinwerfen. Dann penn ich vielleicht noch eine Stunde im Stuhl.« Er reckt sich, fasst sich ins Kreuz, biegt sich nach hinten, stöhnt.
    Bokemeyer fällt die Asche von der Kippe. Er merkt es nicht.

MITTWOCH
    8 Uhr 35
    Die Schwarze im Mazda fällt zurück. Im roten Passat davor ein graues Sakko mit Krawatte. Finanzamtmann wahrscheinlich. Er muss an der Haltestellenampel warten. Drei Schüler steigen ein, Stehhaare, Fishbone, Plateausohlen, mindestens 10 cm. Beim Anfahren kommt der Opa im Gang ins Stolpern, hält sich gerade noch

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