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Leichenschänder

Titel: Leichenschänder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Benvenuti
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als ein paar unverständliche Silben konnte ich nicht in den Raum spucken.
    „Na schön“, sagte der Irre und kicherte. „Ich hab mir schon gedacht, dass du den Film nicht so einfach rausrückst.“ Mit einem schiefen Grinsen zog er einen kleinen Karton zu sich her. Erst jetzt fiel mir auf, dass seine Hände in Chirurgenhandschuhen steckten.
    „Weißt du, was ich hier habe?“, fragte er leise. Seine Äuglein funkelten stärker als Glitzermanns Schmuck.
    Ich schüttelte den Kopf.
    „Das sind afrikanische Ameisen“, sagte der Irre. „Es war nicht einfach, diese Tierchen aufzutreiben. Hat mich ein Heidengeld gekostet. Der Zooverkäufer fährt jetzt wahrscheinlich mit seiner Freundin Ski in Sankt Moritz. Aber das ist es mir wert.“ Er öffnete den Karton und holte ein Terrarium hervor, in dem es vor Ameisen wimmelte. „Meine kleinen Lieblinge sind hungrig, weil ich sie ein paar Tage nicht gefüttert habe. Und deshalb bekommen sie jetzt von mir etwas ganz Leckeres.“
    Der Irre zauberte einen Dose Cola aus seinem Anzug, öffnete sie und goss sie langsam und sorgfältig über mir aus. Ich kam mir vor wie ein Darsteller in einem Sado-Maso-Porno.
    Mit einem heftigen Ruck riss mir der Irre die Socke aus dem Mund und sagte: „Zum letzten Mal: Wo ist dieser verfluchte Film, du schmieriger Drecksack?“
    „Wer schreibt deine Dialoge? Franz Antel?“
    „Du willst es also auf die harte Tour? Na schön, das kannst du haben.“ Der Irre öffnete das Terrarium und schüttete die Ameisen auf mich Colabegossenen. Die Mistviecher machten sich sofort ans Werk und schlabberten an der braunen Brühe herum, dass jeder Werbefilmer seine Freude gehabt hätte. Ab und zu erwischten sie auch ein Stückchen Haut. Ziemlich rasch wurde das Kribbeln und Beißen unerträglich.
    „Na, redest du jetzt?“, fragte der Irre.
    „Was willst du hören? Meine Lebensgeschichte? Okay, also ich kam …“
    Der Irre trat mir in die Eier. Nicht gerade mit voller Wucht, aber doch fest genug, um mich mit Schrecken an den nächsten Tritt und dessen Auswirkungen auf mein Sexualleben denken zu lassen.
    „Schon gut“, stöhnte ich, „ich rede.“
    „Schön, dass du vernünftig wirst. Also, wo ist der Film?“
    „Welchen meinst du? Ich bin Fotograf, verdammt noch mal! Ich hab Millionen Filme hier. Ich brauch schon ein paar Anhaltspunkte.“
    „Ich will den Film, den du gestern in der Wohnung dieses Toten geschossen hast.“
    „In der von Stefan Andergast?“
    „Genau.“
    „Ich hab den Film schon entwickeln lassen.“
    „Dann sag mir, wo die Fotos und die Negative sind!“ Er trat mir in die Seite. „Na los, wird’s bald!“
    „In meiner Manteltasche.“
    Der Irre hüpfte zum Kleiderständer, fischte den Umschlag aus dem Mantel, warf einen kurzen Blick auf die Bilder, nickte zufrieden und schob die Fotos und die Negative in seine Sakkotasche. Dann kam er wieder zu mir herüber und fragte: „Hast du einen zweiten Abzug machen lassen?“
    „Nein“, sagte ich.
    In meinem Gesicht regte sich offensichtlich weniger als im Herzen eines Politikers, denn der Irre schien mir zu glauben. Er nickte ein paar Mal und murmelte: „Gut, gut, gut.“
    „Kannst du mir sagen, wie spät es ist?“, fragte ich.
    „Natürlich.“ Umständlich schob der Irre seinen linken Hemdsärmel zurück und sagte: „Es ist exakt acht Uhr sechzehn.“
    Verdammt. Ich würde schon wieder zu spät zur Arbeit kommen. „Geht deine Uhr genau?“, fragte ich.
    „Aber sicher. Die ist ganz neu. Hab ich erst letzte Woche gekauft. Hat mich zwei Blaue gekostet.“ Er kniete neben meinem Kopf nieder und zeigte mir stolz seine Uhr. Hübsch.
    Ich schüttelte mich kurz, um ein paar Ameisen loszuwerden, deren Bisse langsam die Grenze von gerade noch erträglich zu kaum noch auszuhalten überschritten, und sagte: „Du bist offensichtlich in letzter Zeit zu viel Geld gekommen, dass du dir so teures Zeug leisten kannst. Zuerst die exotischen Ameisen, und jetzt deine schicke und präzise laufende Uhr. Du verwöhnst mich richtig.“ Ich klappte meinen Kiefer zusammen und zermalmte eine allzu forsche Ameise.
    Er lächelte geschmeichelt und sagte: „Ich tue, was ich kann, um meinen Mitmenschen zu helfen.“
    „Aber nicht alle sind so aufopfernd um das Wohlergehen anderer bemüht wie du. Du bist ein wahrer Samariter vor dem Herrn.“
    „Meinst du das im Ernst?“ Seine irren Äuglein leuchteten wie angemalt. „So etwas Nettes hat noch nie jemand zu mir gesagt“, murmelte er mit

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