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Leichenschänder

Titel: Leichenschänder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Benvenuti
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könne, wohin der Fahrgast, der gegen zwanzig nach acht von meiner Adresse weggefahren war, gebracht wurde, meinte sie, das sei kein Problem. Ich solle sie in einer Stunde noch mal anrufen, dann habe sie die gewünschte Adresse.
    Als das erledigt war, wimmelte ich Maria Ex-Ruby Rashmika Pichelsteiner ab, indem ich ihr hässliche Dinge über das Kastenwesen und die Behandlung der indischen Frauen erzählte, und fuhr mit dem Taxi zur Arbeit. Ein Transportmittel, das gut genug für einen Irren war, war auch gut genug für mich.
    Es war neun Uhr, als ich in der Redaktion eintraf. Frau Eisenhut stand am Empfangspult und goss ein winziges Bäumchen, das in einen Blumentopf gezwängt worden war. Ein Geschenk von Huber, wie sie mir freudig mitteilte.
    „Netter Staubfänger“, sagte ich. „Eine Eiche mit Hormonmangel?“
    „Sie Banause, so etwas nennt man Bonsai!“
    „Gesundheit“, sagte ich. „Übrigens, hat sich der Boss aufgeregt, weil ich wieder zu spät komme?“
    Frau Eisenhut schüttelte den Kopf. „Ich habe ihm gesagt, dass Sie Ihre Kamera reparieren lassen mussten. Das stimmt doch, oder?“
    Ich setzte meinen besten Bernhardiner-Blick auf und nickte brav mit meinem Hundehaupt.
    Die Tür von Hubers Büro wurde aufgerissen und der Boss höchstpersönlich streckte seinen kleinen, fetten Schädel heraus. „Erstklassige Fotos, die Sie von diesem Köter gemacht haben, Breitmaier“, dröhnte er. „Auch die Story ist nicht schlecht. Sie haben Frau Heißenbüttel ganz schön ausgequetscht.“
    „Demnächst schreibt sie ihre Memoiren mit dem Titel
Aus dem Leben einer Zitrone
.“
    Huber lachte und sagte: „Der war gut. Den muss ich mir merken.“ Er kratzte sich am Kinn und fügte hinzu: „Ach ja, auch die Fotos von diesem armen Kerl, den sie aufgeschlitzt haben, sind verdammt gut geworden. Alle Achtung, Breitmaier, ich hätte Sie nicht für so abgebrüht gehalten.“
    Ich setzte mein abgebrühtestes Gesicht auf, Marke Charles Bronson, und fragte Huber, wo die Fotos jetzt seien.
    „Bei Fischl im Layout.“
    Aus dem Büro drang ein Piepsen. Huber hastete zurück an seinen Schreibtisch und widmete sich wieder seinem Computerspiel. Seit ich regelmäßig den Highscore löschte, konnte sich Huber kaum noch vom Laptop lösen, sehr zur Freude seiner Untergebenen.
    Ich ging in den Layoutraum und klopfte Fischl auf den Rücken. Er strich sich die eisengrauen Haare aus der Stirn, kratzte sich an seinem Zinken, mit dem man eine Dose Mais hätte öffnen können, rückte seine schwere, horngefasste Brille zurecht und sagte: „Was willst du, Breitmaier?“
    „Die Fotos, die ich gestern abgegeben habe. Von dem Toten, den man aufgeschlitzt hat.“
    „Wozu? Der Boss hat sie schon gesehen, und er war begeistert.“ Fischl schlurfte zu einem Stuhl und ließ sich schwerfällig darauf nieder. In einem Jahr würde er in Pension gehen, und was dann aus
Voll Dran!
wurde, wusste kein Mensch. Fischl konnte aus nichts etwas machen, das nach viel ausschaute, und bei der Qualität der Bilder, die Glitterfreddy und ich ablieferten, war das eine Leistung, die man nicht hoch genug bewerten, geschweige denn kompensieren konnte.
    „Gib mir einfach die Fotos!“, sagte ich.
    „Geh mir nicht auf die Nerven, Breitmaier! Glaubst du, ich hab nichts Besseres zu tun, als deine blöden Fotos zu suchen?“
    „Zwing mich nicht, deine Brille zu zerbrechen.“
    Fischl warf mir einen bösen Blick zu, der an mir so spurlos abprallte wie ein Korruptionsvorwurf an einem heimischen Politiker, und kramte im Bilderstapel auf seinem Schreibtisch herum.
    Ich setzte mich auf einen Stuhl und zündete mir eine Zigarette an.
    „Kannst du nicht lesen?“, sagte Fischl und rückte sein räudiges T-Shirt zurecht. „Da steht
Rauchen verboten
! Wobei, du arbeitest hier, also kannst du wahrscheinlich wirklich nicht lesen.“ Er zerrte einen großen braunen Umschlag aus dem Bilderstapel und drückte ihn mir in die Hand.
    „Sind das meine Fotos?“
    „Ja, du Genie. Und jetzt verschwinde.“
    Ich verließ den Layoutraum, drückte mir aus dem Automaten einen Cappuccino, der wie Klärschlamm aussah und beinahe so gut schmeckte, setzte mich an einen freien Schreibtisch und schaute mir die Fotos an, die ich in Stefans Wohnung geschossen hatte.
    Leiche, Leiche, Leiche, Blumentopf, Leiche, Fußboden, Sofa, Zigarillostummel, Blumentopf, Leiche, Blutrinnsale, Leiche, Blumentopf mit Zigarillostummel, Leiche, Stuhl, Leiche.
    Irgendetwas auf diesen Fotos stimmte nicht, aber ich

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