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Leichenschänder

Titel: Leichenschänder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Benvenuti
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ihr Foto nicht abzudrucken, schon sagen sie alles, was man hören will.“
    „Und was genau ist mein Auftrag?“, fragte ich.
    „Wir haben vor einigen Wochen eine Schauspielerin namens Franziska Rosauer für die Reportage interviewt und auch fotografiert. Vor kurzem hat sie sich wieder mal liften lassen, und jetzt will sie nicht, dass das alte Foto abgedruckt wird. Also werden Sie zu ihr fahren und eine aktuelle Aufnahme machen.“
    „Das ist alles?“
    „Ja, das ist alles. Es genügt, wenn Sie die Bilder morgen abgeben. Den Rest des Tages können Sie sich von mir aus freinehmen.“
    „Danke, Boss, sehr großzügig von Ihnen“, schleimte ich und drehte mich um, um zu gehen.
    „Da wäre noch was“, rief er mir hinterher.
    „Ja?“, sagte ich und wandte mich ihm wieder zu.
    „Haben Sie eine Ahnung, wer ständig den Highscore in meinem Spiel löscht? Ich racker mich jeden Tag stundenlang ab, um unter die ersten fünf zu kommen, und jedes Mal, wenn ich es endlich geschafft habe, ist die Liste am nächsten Tag wieder leer.“
    Ich setzte meinen erprobten Dackelblick auf und sagte: „Vielleicht ist Ihr Computer defekt. Sie sollten ihn mal zur Wartung geben.“
    „Der Laptop ist ganz neu!“
    „Ich bin kein Experte“, sagte ich, „aber es könnte sein, dass Sie sich durch diese verlausten Weltraumfledermäuse einen Computervirus eingefangen haben.“
    „Einen Virus? Ist das ansteckend?“ Hubers Äuglein wurden groß vor Schreck.
    „Das weiß ich nicht. Vielleicht ist es das Beste, Sie rufen einen Computertechniker und einen Arzt an.“
    „Das mache ich sofort. Ich danke Ihnen.“
    „Gern geschehen“, sagte ich und staubte in Gedanken meinen Heiligenschein ab.
    Ich trat hinaus in den Empfangsbereich und ließ mir von Frau Eisenhut die Adresse von Franziska Rosauer geben. Die Schauspielerin wohnte in Heiligenstadt, nicht allzu weit vom Karl-Marx-Hof entfernt. Das kam mir sehr gelegen, denn dadurch konnte ich den beruflichen Auftrag ganz geschmeidig mit meinen persönlichen Nachforschungen verbinden.
    Ich schnappte mir meine Fotoausrüstung, stieg in den Fiesta und fuhr hinaus nach Heiligenstadt. Problemlos fand ich Wohnblock, in dem Franziska Rosauer ein Penthouse besaß, und quetschte den Wagen in eine Parklücke.
    Ich drückte auf den Knopf der Gegensprechanlage, stellte mich vor und fuhr mit dem Lift in den obersten Stock.
    Franziska Rosauer erwartete mich an der Tür. Sie trug einen eng sitzenden Kimono und goldbestickte Sandalen, aus denen blutrot lackierte Zehen neugierig ins Freie lugten.
    „Freut mich, Sie zu sehen“, schnurrte sie und streckte ihre Hand aus, die zwei Zentimeter vor meinem Mund reglos in der Luft verharrte. Statt sie zu küssen, tippte ich mir lässig an die Schläfe und drängte mich an ihr vorbei in die Wohnung.
    Franziska Rosauer runzelte etwas pikiert die Stirn und sagte: „Legen Sie Ihren Mantel ab und machen Sie es sich bequem. Ich koche uns rasch einen Kaffee.“ Sie tänzelte mit keckem Hüftschwung zur offenen Küche.
    Ich sah mich ein wenig in der hellen, elegant eingerichteten Wohnung um und setzte mich schließlich auf ein cremefarbenes Ledersofa, das sich als überraschend bequem entpuppte.
    „Milch, Zucker?“, gurrte es aus der Küche.
    „Beides.“ Ich lehnte mich entspannt zurück, zog den schweren Standaschenbecher näher zum Sofa, angelte mir das massive Tischfeuerzeug in Form eines brüllenden Stiers mit erstaunlich detaillierter Hodensackgestaltung und zündete mir eine Zigarette an.
    Franziska Rosauer stellte zwei Kaffeetassen auf den Beistelltisch und setzte sich so dicht neben mich, dass ich ihr prickelndes Parfüm riechen konnte. Sie mochte nicht mehr die Jüngste sein, doch sie hatte immer noch ein verdammt hübsches Gesicht. Beziehungsweise schon wieder.
    „Sie haben doch nichts dagegen, oder?“, fragte ich und deutete auf meine Zigarette.
    „Nein, nein, rauchen Sie nur“, sagte Franziska Rosauer und strich sich ihr schimmerndes Haar aus der Stirn. „Ich selbst fröne leider auch immer noch diesem Laster. Dreimal habe ich versucht aufzuhören. Ohne Erfolg. Ich habe mir Nikotinpflaster auf den Rücken geklebt, ich bin zu einem Hypnotiseur gegangen, und vor kurzem habe ich mich sogar auf einen obskuren Wunderheiler eingelassen, der per Zeitungsannonce versprach, jeden zu heilen, der einen Tausender auf sein Konto einzahlt.“
    Ich kannte die Annonce. Sie war eine Zeitlang täglich in unserem Blatt geschaltet worden. Bis der Wunderheiler, selbst

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