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Leichenschrei

Titel: Leichenschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vicki Stiefel
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Vorstellung wurde mir schlecht, und ich stolperte. Sie fing mich auf. Am liebsten hätte ich gelacht. Wir gingen um die Hausecke, und der Kirschbaum kam in Sicht. Vielleicht würde Will mir beistehen. Ich sah in der Hoffnung, ihn zu entdecken, zum Küchenfenster. Aber er war nicht da.
    Ich fragte mich, wo sie mich hinbringen wollte. »Und Gary hat alles herausgefunden, oder?«
    »Ja. Er hat mitgekriegt, dass ich an jenem Abend aus war. Ich habe ihm erzählt, dass ich nur Scooters Medizin geholt habe, aber er ist mir auf die Schliche gekommen. Das mit Gary tut mir leid.«
    »Und obwohl die Wanderer vorbeigekommen sind, haben Sie auch da zugesehen, stimmt’s?«
    »Ich musste doch. Und die haben mich nicht bemerkt.«
    »Aber warum haben Sie Drew getötet? Er war doch sowieso todkrank, Joy.«
    »Er wollte Annie heiraten und ein Kind mit ihr kriegen. Das hat er mir erzählt, als ich ihn neulich besucht habe. Das durfte ich nicht zulassen.«
    Falls es gelang, sie zu verärgern, ließ sie das vielleicht zögern. Sie war ganz cool und gefasst. Ich verspürte den verzweifelten Drang, einfach wegzurennen. Ich war sicher, dass sie mich dann kaltblütig erschießen würde. »Aber sie kannten die Wahrheit über Lauras Schwangerschaft nicht, Joy.«
    »Natürlich kannte ich sie.«
    »Nein, ich fürchte nicht. Sie war zwar schwanger, aber es war eine Eileiterschwangerschaft. Der Fötus wäre abgegangen.«
    Sie schlug mir mit der Pistole auf den Kopf. Ich taumelte und hatte grelle Blitze vor den Augen.
    »Sie lügen!«, kreischte Joy.
    »Nein, Joy, ich lüge nicht. Sie hätte das Kind nicht bekommen.«
    Eine Pause, dann: »Was geschehen ist, ist geschehen. Mir ist das egal.«
    Ich rieb meine schweißfeuchten Handflächen an meiner Jeans trocken. Joy wusste auch nicht, dass Annie die Hochzeit abgesagt hatte. Ich musste ihr die Pistole abnehmen. Das Pfefferspray herausholen. Etwas tun. Langsam zog ich das Pfefferspray aus meiner Tasche.
    »Gehen Sie da rüber.« Sie deutete auf den Kirschbaum.
    Beim ersten Schritt schoss mir der Schmerz durch den Kopf. Ich ging auf den Baum zu und umrundete dabei sorgfältig die Murmeltierlöcher. »Wie wollen Sie erklären, dass Sie auf Noah geschossen haben?«
    »Man wird ihn nie finden«, sagte sie in meinem Rücken. »Will fährt den Jeep nach Aroostook. Da kann er ihn dann von einem Versorgungsweg aus in irgendeinem See versenken.«
    »Und was ist mit mir?«
    »Ach, Tally. Tut mir wirklich leid.«
    Eine Hand schubste mich, und ich stolperte zur Seite. Mit einem Fuß trat ich in eines der Erdlöcher.
    In mein Bein schoss ein schrecklicher Schmerz, dann ein Zuschnappen, und dann schrie ich, fiel und wand mich auf dem Boden. Ich griff nach meinem verletzten Bein. Spürte mein eigenes Blut. Davon wurde mir schwindelig.
    Die Welt versank.

37
Bleiben oder nicht bleiben?
Ge-nau das ist hier die Frage
    Ich erwachte vom Schmerz. Er kroch mein Bein hinauf und krallte sich mit Messern wie mit Fingern in mein Fleisch. Und da waren Stimmen, gedämpfte Laute, die ich nicht verstehen konnte, weil es in meinen Ohren so rauschte.
    Ich lag zusammengerollt auf dem Boden und hielt das Gesicht ins weiche Gras gedrückt. Ich roch die Erde. Der leichte Wind strich mir übers Gesicht. Mir fiel wieder ein, wo ich war. Ich biss mir auf die Lippe und schlug dann die Augen auf.
    Das Fangeisen war das Erste, was ich sah. Ich sah, dass die scharfen Metallzähne sich genau über meinem Knöchel ins Bein gefressen hatten. Grässlich.
    Zwei Paar Beine – eines schlank und gebräunt, das andere kürzer und in Jeans – waren zu meiner Linken zu sehen. Ich hob den Blick.
    Joy und Will standen keine drei Meter von mir entfernt – und stritten.
    Ein stechender Schmerz, und die Welt drehte sich erneut.
    Ich befürchtete, dass ich es – dank Joy und Will – nicht überleben würde, wenn ich jetzt wieder ohnmächtig wurde.
    »Aber das ist doch ganz einfach«, kam die zuckrigsüße Stimme von links. »Verstehst du es denn nicht, Will? Ich hab all die Fallen aufgestellt, damit ich sie in eine davon schubsen kann.«
    »Ja, und was ist mit den Murmeltieren?«, fragte Will.
    »Es gab keine Murmeltiere. Das hab ich mir nur ausgedacht. Jetzt muss ich sie und das Fangeisen nur noch in eine Decke oder so was wickeln und sie rüber zu Drew schaffen. Ich lege sie irgendwo tief im Wald ab, und da stirbt sie dann. Es wird aussehen wie ein Unfall. Genau wie bei Peanut. Alles ganz natürlich. Darin besteht doch die Schönheit.«
    Joy, wie sie

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