Leichentanz
gleichzeitig den Hunger nach Beute…
In der Nacht hatten wir nicht mehr viel erreichen können. Auch die Gebeine waren im Keiler liegengeblieben, allerdings hatten Kollegen den Aufzug außer Betrieb gesetzt. So leicht würde niemand die Knochen abtransportieren können.
Am anderen Morgen fühlten wir uns top. Beide hatten wir gut geschlafen, das mußte man sich einfach angewöhnen. Man konnte nicht im Bett liegen und über die Fälle nachdenken. Irgendwann kriegt man eine dicke Haut, ohne allerdings die Sensibilität zu verlieren. Da wir es eilig hatten, ins Büro zu kommen, fiel das Frühstück mehr als mager aus. An diesem Tag hielt sich sogar der Verkehr in gewissen Grenzen. Halb London war in den Ferien.
Sir James nicht, denn ihn trafen wir in der Halle, wo er mit zwei anderen Männern zusammenstand. Als er uns sah, kam er auf uns zu. Unseren Gesichtern hatte er angesehen, daß wir unter Druck standen. Nach dem Morgengruß fragte er: »Wo liegt das Problem?«
»In einem Berg von Knochen, einem Toten und zwei Verletzten.«
Die Brauen des Superintendents schoben sich in die Höhe. »Sie scheinen ja eine harte und ereignisreiche Nacht hinter sich zu haben.«
Suko nickte. »Das können Sie laut sagen.«
»Ich bin gespannt.«
In seinem Büro kamen wir ohne Umschweife sofort zur Sache.
Zwischendurch brachte uns Glenda frischen Kaffee.
Sie merkte auch die gespannte Atmosphäre, die zwischen uns herrschte, deshalb scherzten wir auch nicht zur Begrüßung.
Sir James nickte einige Male, als wir unseren Bericht beendet hatten.
Dann schaute er gegen das Fenster. Dahinter zeichnete sich ein herrlicher Sommertag ab. »Gebeine«, murmelte er. »Knochen über Knochen. Ich frage Sie. Wer kann damit etwas anfangen? Es scheint doch so zu sein, daß man sie gesammelt hat.«
»Stimmt.«
»Wofür?«
»Wir wissen es nicht, Sir.«
»Tja, John, das sehe ich ein. Aber es muß jemand geben, der sich für diese Knochen interessiert. Sonst hätte er sie nicht lagern lassen und sie dermaßen stark verteidigt. Letztendlich hat es einen Toten gegeben. Wir müssen davon ausgehen, daß sie in ein Wespennest gestochen haben. Allerdings frage ich Sie beide, wer diese Personen im Hintergrund sein könnten?«
Suko hob die Schultern.
»Dämonen?«
Mein Freund sagte: »Die Knochen sahen aus, als wären sie perfekt abgenagt und zudem noch poliert worden. John und ich sind der Meinung, daß wir es möglicherweise mit Ghouls zu tun bekommen.«
»Ausgerechnet«, stöhnte Sir James. »Sie werden es glauben oder nicht. Aber an sie dachte ich ebenfalls.«
»Das Gelände liegt einsam, Sir«, sagte ich. »Es wäre für ein Ghoulversteck sogar ideal.«
»Stimmt.«
»Dagegen spricht eins«, mischte sich Suko ein. »Wir haben in diesem verdammten Keller keinen typischen Ghoulgeruch wahrgenommen.«
»Sie meinen Leichengestank?«
»Richtig.«
Sir James schüttelte den Kopf.
Er verzog den Mund. »Wenn es in diesem Fall nicht so makaber klingen würde, dann würde ich sogar von einem Zwischenlager sprechen.«
»Für Knochen?«
»Sicher, John.«
Ich wollte mich mit diesem Gedanken nicht anfreunden. Statt dessen kam ich wieder auf die beiden Festgenommenen zurück.
»Diese Männer sind unsere einzige Spur. Wir sollten den Hebel bei ihnen ansetzen.«
»Sind sie vernehmungsfähig?«
»Ich denke schon.«
»Wann wollen Sie zu ihnen?«
»Noch heute morgen.«
»Das ist gut. Wenn jemand sich nicht scheut, einen Mord zu begehen, dann muß einfach etwas Großes dahinterstecken, vermute ich. Ich will nicht von einer Verschwörung sprechen, auch unsere Ghouls sind bisher Theorie, aber ich werde versuchen, mich kundig zu machen, wer Knochen heutzutage sammelt, um sie zu verwerten, wobei ich das Wort industriell nicht auslassen möchte.«
Suko hatte die Stirn gerunzelt, als er mich anschaute. »Was kann man denn aus Knochen herstellen?«
»So einiges«, erwiderte ich. »Sag schon.«
»Nein, das wäre zu makaber, denn es sind die Gebeine von Menschen und keine Tierknochen die die Grundlage für irgendwelche Saucenfonds bilden.«
»Schon gut, John«, sagte Sir James.
Ich stand auf. »Gut, wir werden uns mal mit den beiden Typen unterhalten. Ich glaube nicht, daß sie ihr Schweigen lange durchhalten werden. Mord und Beihilfe zum Mord wirkt verdammt schwer. Da können sie durch reden ihr Schicksal eigentlich nur verbessern. Das müssen sie einfach einsehen.«
»Die werden zumindest etwas über die Weiterverwertung dieser Gebeine wissen«, sagte
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