Leichentanz
Namen.
Suko wartete. Sekunden vergingen.
Er dachte an seinen Freund John Sinclair, an die Ghouls und hätte sich am liebsten wieder hochgebeamt.
Wenige Augenblicke später wurde alles anders, und die Welt veränderte sich radikal.
Es fing an mit splitternden, irren und kreischenden Geräuschen. Suko konnte durch die Glastür schauen, er sah, wie die Menschen dort auseinanderspritzten und einen Augenblick später knallten Glasstücke auf den Boden, die scheppernd zersprangen.
Was den Splittern folgte, war ungeheuerlich, und Suko hielt nichts mehr an seinem Platz…
***
»Beweg dich nicht! Beweg dich nicht!« Das Kreischen drang aus der Schleimmasse und auch irgendwie aus dem Maul des verfluchten Leichenfressers. »Ich töte ihn! Ich töte ihn…!«
Das glaubte ich dem Ghoul aufs Wort, denn er hielt Frederick Döring als Geisel vor sich. Zwar hielt ich die Beretta noch fest, aber es war zu riskant, es mit einem schnellen Schuß zu versuchen. Zu leicht hätte ich Döring treffen können. Auch wenn es mir gelang, den Ghoul zu erwischen, würde er nicht blitzschnell vernichtet sein. Er hatte dann immer noch genügend Zeit, die Zähne in den Hals des Managers zu schlagen.
»Sinclair«, ächzte Döring. »Verdammt noch mal, Sinclair. Holen Sie mich hier weg! Sie müssen…«
Ein Windstoß fegte in den Raum. Er schleuderte nicht nur Papiere hoch, sondern auch kleine Splitter, und ich schloß für einen Moment die Augen, um nicht getroffen zu werden.
Der Schrei war furchtbar.
Als ich wieder hinschaute, mußte ich erkennen, daß ich geleimt worden war. Der Ghoul hatte sich mit seiner menschlichen Beute blitzschnell vom Boden abgestemmt und nach hinten geworfen. Aber dort war keine Wand, sondern das Fenster ohne Glas.
Als ich abdrücken wollte, sah ich von beiden nichts mehr. Da rasten der Ghoul und der Mensch bereits in die tödliche Tiefe…
***
Suko durchquerte die Halle im Sturmschritt. Es war etwas eingetreten, mit dem niemand mehr hatte rechnen können. Im obersten Stockwerk mußte die Hölle los gewesen sein, und sein Freund John Sinclair befand sich in deren Zentrum. Er hatte nicht gesehen, wer da gefallen war, und er konnte nur hoffen, daß John nicht dabei war. Die Tür schwang vor ihm auf, Suko sprang über die Treppe hinweg. Splitter lagen dort auf dem Boden und schimmerten im Sonnenlicht, aber er sah auch den verdammten Ghoul, dessen Gestalt einer Flunder oder einer großen Pfütze glich, die sich auf den viereckigen Marmorsteinen ausgebreitet hatte.
Er bot einen ekligen Anblick. Hinzu kam der Gestank, der Suko entgegen wehte. In der flachen Masse schwammen zitternde Augenkugeln, er sah auch das Maul des Leichenfressers, das in die Breite gezogen war und eben die schrecklichen Zähne freiließ, die wie Sägen in das Fleisch der Menschen fuhren.
In der Pfütze lag noch ein Körper. Ein Mensch, der den Aufprall nicht überstanden hatte. Wie viele Knochenbrüche er davongetragen hatte, konnte Suko nicht sagen. Frederick Döring war durch die Wucht des Aufpralls regelrecht zerschmettert und zu einem leblosen Bündel geworden.
Aber der Ghoul war nicht tot. Er hatte nur den Gesetzen der Physik folgen müssen und lag deshalb so flach auf dem Boden. Plötzlich bewegte er sich. Die flache stinkende Masse zuckte, er wollte sich aufrichten, und so etwas wie ein erster Pilz entstand, in dem die beiden Augen und das Maul auffielen.
Suko stand vor ihm.
Er keuchte, er haßte dieses Wesen plötzlich, und er holte seine Beretta hervor.
In der Ferne jaulten Sirenenklänge. Wahrscheinlich war es der Wagen des Notarztes. Zahlreiche Augen schauten entsetzt zu, wie sich der Ghoul noch weiter aufrichtete und hinter der dünnen Schleimschicht die ersten Gesichtszüge eines Menschen entstanden.
Suko feuerte. Er schoß drei Kugeln in die Masse hinein und hatte mit der ersten das Gesicht getroffen.
Die Masse war zwar weich, aber gleichzeitig so zäh, daß die geweihte Silberkugel darin steckenblieb und so etwas wie eine Insel bildete, um die herum sich die Schleimmasse zusammenzog, sich verdichtete und dabei kristallisierte.
Der Ghoul zuckte. Schleimtropfen wirbelten weg. Das Gesicht verhärtete immer mehr von innen. Er konnte es nicht mehr bewegen, und es blieb in einer starren und schiefen Haltung.
Den Körper des Managers ließ Suko in der Schleimmasse liegen. Er würde den Toten später befreien.
Der Inspektor schaute weiterhin zu, wie der Ghoul austrocknete und dabei seine widerliche Existenz verlor. Er würde
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