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Leichentanz

Leichentanz

Titel: Leichentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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und wirkte sofort schmäler. Döring zählte zu den kleineren Menschen. Er war jetzt fünfzig, stand auf dem Höhepunkt der Macht. Man hatte ihn geholt, um den Konzern zu sanieren und ihn aus den roten Zahlen herauszuführen. Innerhalb von zwei Jahren war ihm das gelungen, und natürlich war er gefragt worden, welche Methoden er dabei eingesetzt hatte, aber darüber hatte er geschwiegen und den Aktionären erklärt, daß sie sich lieber die Bilanzen anschauen sollten.
    Er war als hochnäsig verschrien, als eiskalt, doch nun kam er sich vor wie in den Boden gestampft. Das graue Haar lag wie eine dünne Decke auf seinem Kopf. Unter den Strähnen schimmerten die Schweißtropfen.
    Der Streß setzte ihm arg zu.
    Jetzt stand er allein, auf verlorenem Posten. Man würde ihm auf die Spur kommen, auch wenn er mit Mittelsmännern gearbeitet hatte und den Kontakt zu den beiden ›Lieferanten‹ nur persönlich gepflegt hatte. Das Lager war eben durch einen Mittelsmann gemietet worden, und der würde nicht dichthalten.
    Was die Helfer wußten, war ihm unbekannt. Er hoffte nur, daß man sie nicht eingeweiht hatte.
    Was tun?
    Bisher wußte nur er Bescheid. Döring würde sich auch hüten, jemand ins Vertrauen zu ziehen. Er mußte auf alle Fälle die Nerven behalten, beide Termine für den heutigen Tag absagen – das konnte seine Sekretärin erledigen – , dann würde er den Firmensitz verlassen müssen und dabei über seinen eigenen Schatten springen, denn seine Lieferanten hatte er eigentlich nie besuchen wollen. Er wußte allerdings, wo die Maler lebten.
    Döring dachte zunächst geschäftlich. Er brauchte Nachschub für die verlorengegangene Ladung. Wer konnte schon wissen, ob er die Knochen jemals wieder zurückbekam? Die Polizisten würden ihm Fragen stellen, sie erwarteten Antworten, er konnte sie ihnen nicht vorenthalten, und er wußte auch, daß bei diesem Fall ein sehr sensibles Thema zur Sprache kam, über das so gut wie nie etwas in der Presse zu lesen war.
    Selbst abgebrühte Reporter berichteten darüber wenig.
    Wer wollte schon eine Verbindung zwischen der Kosmetik und den Gebeinen von Menschen herstellen?
    Das hätte in der Öffentlichkeit einen Wirbel gegeben, der die Industrie in den Grundfesten erschütterte. Dann wäre herausgekommen, daß zahlreiche Firmen ihren Grundbedarf aus Indien importierten, denn dort gab es noch die Totenverbrennung, und die Knochen konnte die Industrie eben gut gebrauchen, um daraus Anti-Faltenmittel oder Arzneikapseln herzustellen. Das alles war eine Tatsache, aber darüber sprach man wenig, zudem war die Kosmetik-Lobby stark genug, um dies zu verhindern.
    Frederick Döring gehörte dieser Lobby an. Er hatte hervorragende Beziehungen. Freunde von ihm saßen in den Ministerien, und einer von ihnen würde es doch sicherlich schaffen, für die Einstellung eines Verfahrens zu sorgen.
    Die Polizei brauchte sich nicht um alte Knochen zu kümmern. Die sollte dafür sorgen, daß Killer oder Drogendealer gestellt wurden und die Mafia zerschlagen wurde.
    Ja, so mußte es gehen.
    Frederick Döring fühlte sich besser, als seine Gedanken so weit gediehen waren. Er brauchte sie nur noch umzusetzen.
    Zunächst setzte er sich mit seiner Sekretärin im Vorzimmer telefonisch in Verbindung.
    »Hören Sie, Susan«, sagte er in die schwarzen Rillen der Sprechanlage.
    »Ich möchte, daß Sie die Termine für heute streichen.«
    »Wie bitte?«
    »Ja, beide.«
    Susan räusperte sich. »Nun ja, wenn Sie es wirklich wünschen, Mister Frederick. Aber die Herren kommen aus Paris und…«
    »Besorgen Sie ihnen Zimmer im Savoy, Susan.«
    »Ich werde es erledigen, Sir.«
    »Gut.«
    »Noch etwas?«
    »Ja, ich bin den ganzen Tag nicht zu erreichen. Nicht für Sie und auch nicht für einen anderen. Sollte jemand von meiner Familie anrufen, was unwahrscheinlich ist, dann sagen Sie, daß ich dringend in einer geschäftlichen Angelegenheit unterwegs sei.«
    »Geht in Ordnung, Sir.«
    »Das wäre dann alles.«
    »Gut, Sir.«
    Ein befreiender Atemzug drang aus dem Mund des Managers. Er ließ sich zurückfallen und schloß für eine Weile die Augen. Das mentale Training wollte heute nicht so recht klappen, dazu war er innerlich einfach zu aufgewühlt. Wieder griff er zum Telefon. Das allerdings war seine Privatleitung. Niemand würde erfahren können, wen er anrief, und er hoffte nur, daß die Person aus dem Urlaub zurück war.
    Sie war es.
    »Ich bin es, Fred.«
    »Du?«
    »Ja, Cedric, ich.«
    »Da hast du aber Glück

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