Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
bergen.
Michel trug sie vor die Trümmer der Burg zu einer kleinen Wiese, die einmal der Vorplatz am Eingang der Burg gewesen war. Endlich erreichten wir den Boden und hatten einen stattlichen Haufen von Büchern, Einzelseiten und Pergamenten gesammelt. „Sei es, dass Ihr unter diesen Relikten findet, was Ihr sucht, in jedem Fall danke ich Euch, denn sicherlich habt Ihr mir wiedergegeben, was meiner Familie gehörte und was uns durch aufsässige Zerstörer genommen worden war. Dafür danke ich Euch!“ Vlad senkte seinen Kopf und ich glaubte ihm, dass er dies ernst meinte. Traditionen galten seiner Familie mehr, als sie für mich oder Rebekka waren.
Wir begannen damit, unsere Funde zu den Pferden hinunterzutragen. Der Himmel zog sich zu und es war kaum ratsam, die stark mitgenommenen Papiere dem Regen auszusetzen. Heinrich hatte stoisch auf unsere Rückkehr gewartet und half, die Bücher und Papiere in den Packtaschen zu verstauen. Wir waren fast damit fertig, als mir auffiel, dass Rebekka nicht bei uns war. Obwohl ich wusste, dass sie diejenige von uns war, der am wenigsten Gefahr drohte, beschlich mich Sorge. Vielleicht, weil sie eine Frau war und meine Beschützerinstinkte mich dazu nötigten. Ich bat die anderen, auf mich zu warten und stieg erneut den Berg hinauf. Auf halber Strecke kam mir Rebekka entgegen, wohlbehalten und mit einem befremdlichen Lächeln um die Mundwinkel. „Wo bleibt Ihr denn nur?“ Sie hob die Brauen und zuckte die Schultern. „Oh, ich habe mich nur versichert, dass wir nicht etwas übersehen haben!“
„Und? Haben wir?“, wollte ich wissen. Sie winkte ab. „Es scheint, als hätten wir alles Brauchbare, das zu finden war, in unserem Besitz, lieber von Steinborn. Wir können reiten!“ Ich fand das Benehmen meiner Gefährtin seltsam. Rebekka war aber in den letzten Wochen ohnehin verändert und so hielt ich meinen Mund und trabte mit ihr zu unseren Mitreisenden zurück. Heinrich hatte die Pferde bereit, als wir unten ankamen und wir schwangen uns in die Sättel. Die Nacht war nahe und wir würden es heute kaum zurück zu Draculeas Festung schaffen. Vlad hatte dies vorausgesehen und so hatten wir Zelte und Wegzehrung für ein Nachtlager im Gepäck. Als die Dunkelheit ein Weiterreiten in den dunklen Wäldern unmöglich machte, schlugen wir also unser Nachtlager auf. Wir hatten drei Zelte mit uns, so dass wir je zu zweit in einem Zelt nächtigen mussten.
Heinrich teilte sich eines mit Rascott, Vlad und Nostradamus das zweite und das dritte Zelt war das Nachtlager für Rebekka und mich. Vlad schien die Gesellschaft des Franzosen zu genießen. Die zwei disputierten bis spät in die Nacht hinein über Gott und die Welt. Heinrich und Rascott, beide nicht die redseligsten Männer, legten sich als Erste zur Ruhe. Gegen Mitternacht lagen auch Rebekka und ich unter unseren Decken. Ich war schon fast eingeschlafen, als mich ihre Hand berührte. Ich schrak zusammen, als sie mich ansprach. „Ich habe es!“, flüsterte sie leise, bemüht, nicht von den anderen gehört zu werden. Ich drehte mich zu ihr um und setzte mich auf. Rebekka legte einen Finger auf ihre Lippen und gebot mir zu schweigen. „Deshalb bin ich zurückgeblieben!“ Sie zog ein angekohltes kleines Büchlein unter ihrem Wams hervor. Auf dem schwarz verfärbten ledernen Einband prangte das Wappen des Drachenordens. „Ich habe Euch nicht alles gesagt, was mir aus den Erinnerungen unseres Freundes Georg zugeflossen war, dort oben in der Burg.“
„Was meint Ihr?“, flüsterte ich, ebenso leise wie sie.
„Georg wusste genau, wo das Buch zu finden war! Er war dabei, als Vlad der Erste es dort versteckte! Sie wussten, dass sie dieses Buch sicherer verbergen mussten als die anderen sogenannten gefährlichen Werke. Es war unter einer Bodenplatte versteckt, in einem Hohlraum, von dem nur Vlads Großvater und Georg selbst Kenntnis hatten. Deshalb bin ich zurückgeblieben. Ich wollte nicht, dass es einer der anderen zu Gesicht bekommt. Besonders nicht Vlad Draculea ...“
„Und? Könnt Ihr es lesen?“ Rebekka nickte. „Ja, ich denke, das kann ich!“ Sie schob das Buch unter ihr Wams zurück. „Zumindest kann ich die Worte lesen … aber ich erkenne nicht den Sinn der Worte. Es … ergibt keinen Sinn.“
„Michel mag es deuten können ...“, flüsterte ich. „Er ist schon fast … hellsichtig, was diese Dinge angeht und mag uns eine große Hilfe sein!“
Rebekka nickte. „Das hoffe ich! Doch will ich warten, bis wir aus
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