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Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition)

Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition)

Titel: Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Shipstead
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Erkenntnis, dass er Angst hatte. Er hatte Angst vor dem Meer, vor der Finsternis unter ihnen, davor, dass sie ertrinken könnten. Livia war überhaupt noch nie auf die Idee gekommen, dass er ertrinken könnte. Es war schrecklich zu wissen, dass ihre Eltern eines Tages sterben mussten, aber schlimmer zu wissen, dass sie Angst vor dem Sterben hatten.
    »Keine Angst«, sagte sie zu ihm. »Ich bin bei dir.«
    Ohne den Blick von dem nahenden Segelboot zu wenden, hatte er darauf entgegnet: »Livia, spar dir die dummen Sprüche.«
    Im Hafen von Waskeke schaukelten ein paar rote und grüne Fahrrinnenlichter im Takt der Wellen, und auf dem Wasser kräuselte sich der gelbe Schein der Stadt. Weit weg, in der Gegend hinter dem Hafen, wo sie den Hummer ins Ungewisse entlassen hatte, blinzelte die Außenbeleuchtung vereinzelter Häuser hinter wedelnden Ästen hervor. Nach dem Essen hatte sich die Gesellschaft bald aufgelöst. Daphne war müde und wollte nach Hause; ein paar Leute fuhren in eine Bar; ihr Vater bestand darauf, Agatha in die Klinik zu fahren, um ihren Finger untersuchen zu lassen. Doch Livia wollte noch nicht gehen. Sie hatte keine Lust, mit den Duffs in einer Kneipe Smalltalk zu machen, und getrunken hatte sie ohnehin schon genug. Und sie hatte auch keine Lust, zu Hause mit ihrer Mutter und ihrer Tante herumzugeistern. Sie wusste, dass Teddy im Restaurant war. Dryden hatte die Katze aus dem Sack gelassen, und auf dem Weg zur Toilette hatte sie ihn selbst gesehen. Er hatte kurz ihren Blick erwidert. Sie hatte nicht vor, Teddy zu konfrontieren, aber fand es wenig klug, das Restaurant vorzeitig zu verlassen. Ihr Bauchgefühlsagte ihr, dass er sie finden würde. Sie klammerte sich noch fester an die Armlehnen ihres Sessels. Hinter ihr ging eine Tür auf.
    »Livia?«, sagte Teddy und hockte sich neben sie.
    Winn kletterte hinter Agatha durch das Fenster und zog es hinter sich zu. Von dem starken Wind war nur noch ein leises Murmeln zu hören, unterbrochen vom Knarren der Holzverstrebungen und einem nicht identifizierbaren Klappern.
    »Gute Fenster«, sagte er. »Da sitzt alles.«
    Agatha schlang einen Arm um seine Mitte. »Wie bei mir«, sagte sie.
    O mein Gott, dachte er zugleich erregt und entrüstet. Er gab ihr einen flüchtigen Kuss und befreite sich von ihr. »Komm, schauen wir uns mal um.«
    Das Zimmer, in dem sie sich befanden, war hoch und rechteckig. An einem Ende führte das Gerüst einer Treppe nach oben, und aus der Decke und den Wänden wuchsen Leitungsbündel. Durch den Strahl der Taschenlampe schwebte Sägemehl wie Plankton. Agatha verschwand und tauchte wieder auf wie ein Geist. Die Fußböden waren von Sand und Sägemehl bedeckt, und ihre Schritte machten schlurfende Geräusche. Zum Meer hin lag ein langer Raum, der wohl als Wohn- und Familienzimmer gedacht war. Mit seiner Gewölbedecke und den hohen Fenstern war er tagsüber bestimmt von Blau erfüllt, doch jetzt war alles schwarz bis auf den weißen Lichtkreis der Taschenlampe und ihre schwachbeleuchteten Gestalten dahinter. In den Ecken hatten sich trockenes Laub und allerlei Klebeband- und Kunststoffreste gesammelt. Neben einer Tischsäge standen Bretter mit Aussparungenund kleinen Lochreihen für künftige Bücherregale, aber außer diesen und einem erst halb verfugten Kamin an einer Wand war der Raum leer.
    »Dieses Haus ist unmöglich«, sagte er.
    »Wieso?«
    »Es ist einfach zu groß. Sie brauchen nicht so viel Platz. Die Größe ist lächerlich. Alles ist protzig. Alles, was zu sehen ist, muss groß und ausgefallen sein, damit alle wissen, wie viel Geld man hat, und trotzdem leckt das Dach.«
    »Das Dach leckt?«
    »Sieh dir das an.« Er richtete den Strahl auf die kathedralischen Höhen der Decke. »Das Haus ist absurd.«
    »Vielleicht ist Größe für manche wichtig.«
    Er leuchtete ihr ins Gesicht, aber sie kniff nicht einmal die Augen zu. »Muss immer alles mit Sex zu tun haben?«
    »Sind wir nicht deswegen hier?«
    »Die Anzüglichkeiten müssen nicht sein.«
    »Ich spiel doch bloß ein bisschen.«
    »Spielen liegt mir nicht.«
    »Das mag ich an dir.«
    Er lächelte, aber das konnte sie hinter dem Licht nicht sehen. »Dann ist ja gut«, sagte er.
    In der Küche hatten die Schränke keine Türen; es gab noch keine Arbeitsflächen; durch die leeren Plätze für die Geräte hatte der Raum etwas Leeres, Zahnlückenhaftes. Das ganze Jahr lang hatte er im fernen Connecticut gespürt, wie dieses Haus hochgezogen wurde, Balken um Balken, Schindel

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