Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition)
Agatha und schwieg. Das Essen war erst eine Viertelstunde vorbei, doch Winn schob es so weit er konnte fort in die betäubten Gewölbe seines Gedächtnisses. Er hatte allen erzählt, dass er sie in die Notaufnahme bringen wollte, um ihren Finger röntgen zu lassen, und als erst Dominique und dann Greyson Bedenken geäußert hatten, weil er in seinem Zustand vermutlich lieber nicht fahren sollte, hatte er sich aufgeplustert und sie von sich gewiesen und argumentiert, dass er derjenige sein sollte, der mit ihr fuhr, weil er auch nach seinem Bein sehen lassen wollte, und es doch unsinnig sei, wenn gleich ein ganzer Haufen in die Klinik führe. Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, hatte er sein Hosenbeinhochgezogen und den dunklen Blutfleck gezeigt, der durch den Verband sickerte. Biddy hatte ihm wortlos den Schlüssel gereicht.
Natürlich, dachte er, während sie aus dem Schindellabyrinth des Ortes auf geradere, dunklere Straßen entflohen, natürlich war Daphnes Kind ein Mädchen. Natürlich, natürlich. Was sollte es sonst sein? Er würde eine Enkeltochter namens Duff haben. Wer seinen und ihren Namen zusammen hörte, würde keine Ahnung haben, dass sie etwas miteinander gemein hatten. Sie war der grüne Spross, die geschlossene lila Krokusrakete, und er war eines der welken Blätter, an denen sie sich vorbeischieben würde.
»Ich glaube nicht, dass dies der Weg zur Klinik ist«, sagte Agatha aus dem Fenster schauend.
»Nein.«
»Du Schlimmer.« Sie schlug die Beine übereinander. Ihr Rocksaum rutschte hoch, und er wagte es, ihr seine zittrige Hand auf den warmen Schenkel zu legen. »Das war eine irre Tischrede«, sagte sie. »Ich habe befürchtet, dass Maude Duff tot umfallen würde. Hast du ihr Gesicht gesehen?«
»Nein.« Er hatte sich beim Reden auf sonderbare Dinge konzentriert: die Ränder der Irisblüten auf den Tischen, die bereits zu welken begannen, die runde Fläche auf Dicky juniors Haupt, wo die Kopfhaut glänzte wie ein Flicken am Ellbogen eines alten Mantels, die abgesprungene Ecke am Rand einer Kaffeetasse. Den größten Teil der Zeit hatte er zugeschaut, wie die schwarzen Fensterscheiben im Wind zu pulsieren und sich in den Raum hinein zu biegen schienen.
»Wenn du gesagt hättest, die Ehe ist wie der Tod, aber zugleich auch schön und wundervoll, hätte es ihr vielleichtnicht so viel ausgemacht. Aber ich finde, du hast ganz recht. Ich werde nie heiraten. Es ist Schwachsinn.«
Sie stellte die Beine nebeneinander und ließ ein wenig Abstand zwischen ihnen. Unsicher schob er seine Hand hoch bis an ihren Kleidersaum. »In der Bar«, sagte er tastend, »als du gesagt hast, es war nur ein Scherz, was hast du da gemeint?«
»Ich wollte nur den Druck rausnehmen, mehr nicht.«
»Ach so.«
»Ich bin kein Raubtier«, sagte sie. »Ich bin keine Ehezerstörerin.«
Aber das war sie doch. Sie musste es sein, warum sonst war er hier? Sie hatte ihn so weit getrieben; sie hatte ein Angebot gemacht, das er nicht ablehnen konnte, das kein Mann ablehnen konnte. Sterling musste ihn entweder für den größten Heuchler unter der Sonne halten oder für einen Verrückten. Winn war sich nicht sicher, was ihm lieber wäre, aber jetzt saß er mit Agatha im Auto und nicht Sterling.
»Aber«, fuhr Agatha fort, »ich verstehe wirklich, was du meinst, wenn du sagst, die Ehe ist wie der Tod. Wahrscheinlich bist du deswegen jetzt hier mit mir. Was sonst könnte so tödlich sein, oder? Immer derselbe Mensch, immer dieselben Gespräche mit dem Menschen, dieselben Gespräche über den Menschen. Derselbe Körper. Nein, das ist nichts für mich. Niemals.«
»Habe ich das gesagt?«, fragte er. Er konnte sich nicht richtig daran erinnern. Gemeint hatte er eigentlich mehr, dass er nicht hätte Junggeselle bleiben können, dass es für ihn ein kultureller Imperativ gewesen war, eine Ehe einzugehen. Natürlich hatte er Ehemann und Vater werden wollen, aber die Glückseligkeit, die Ehemänner und Väter erlebensollten, hatte sich auf ihn nicht übertragen, und er hatte sich auch nicht weniger allein gefühlt als vor der Ehe. Doch was hätte er sonst tun können? Ewig Junggeselle zu bleiben wäre unschicklich gewesen, und nichts deutete darauf hin, dass ein Leben als Alleinstehender befriedigender gewesen wäre als das, was er hatte. Dennoch spürte er jenseits der Ränder seines Lebens das Vorhandensein einer unidentifizierbaren dunklen Materie, eines Schicksals oder Weges, den er nicht gesehen hatte und noch immer nicht sehen
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