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Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition)

Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition)

Titel: Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Shipstead
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und Ungewissheit vor euch haben. Das wusste ich bei meiner Hochzeit nicht. Das Heiraten verändert einen nicht. Aber die Ehe tut es. Unmerklich. Über die Jahre. Man merkt es kaum, bis man dann verändert ist. Ich kenne den Mann von damals nicht. Den Mann, meine ich, der ich war, bevor ich geheiratet habe. Ich dachte, ich wäre immer derselbe geblieben, aber allmählich kommt mir der Verdacht, dass ich mich in einen anderen verwandelt habe. Oder vielleicht hat sich auch nur alles um mich herum verändert.
    Wie dem auch sei – was ich mir wünsche –, mein einer großer Wunsch ist, dass meine Tochter glücklich wird, und ich glaube, Glück erwächst aus realistischen Erwartungen. Ich habe den Eindruck, viele Leute erhoffen sich von romantischer Liebe vollkommenes Verständnis und unendliche Vergebung. Aber wer das sucht, sollte wohl eher Gott anrufen. So war das früher doch, oder? Vermutlich tun das manche Leute bis heute. Von Ehemännern und Ehefrauen werden Dinge verlangt, die kein Mensch erfüllen kann. Wir sind keine Götter. Wir sind Menschen. Meiner Erfahrungnach sollten wir dankbar sein, wenn wir Loyalität, Beständigkeit, Gemeinschaftlichkeit erleben. Drei große Qualitäten. Ich nenne sie aus vollem Herzen. Denn wir sind Menschen, die die Ehe wollen. Was soll man sonst machen. Man kann nicht ewig nur Beziehungen haben. Wir wollen nicht alleine sein. Wir heiraten, und wir führen unser Leben, bis ... Nun, die Ehe, selbst eine glückliche Ehe wie meine und wie eure sicher auch, Daphne, ist eine Vorstufe des Todes. Wenn man seinen Partner niemals verlässt und immer treu ist, ist die Ehe genauso endgültig. Es gibt nichts anderes.«
    Er setzte sich, nahm seinen Dessertlöffel und klopfte auf seine Crème brûlée, bis der ganze Zucker in kleine braune Splitter zerbrochen war. Am Ende hatte er einen knirschenden Pudding, der in seinem Mund süß und leicht angebrannt schmeckte. Im Raum um ihn herum herrschte allgemeine Ruhe, und neben ihm war Biddy sehr still, doch er blickte erst wieder auf, als er ein Glas klingen hörte.
    »Nun«, sagte Greyson, der sich erhoben hatte. »Danke schön, Winn. Für die von euch, die es noch nicht gehört haben, Winn hat heute einen Fahrradunfall gehabt und einige Verletzungen davongetragen, für die er vermutlich Schmerzmittel bekommen hat. Hoffentlich hat er genug, um uns allen welche davon abzugeben. Doch um zum Thema des Abends zurückzukehren: Daphne und ich möchten euch allen danken, dass ihr unseretwegen die weite Reise zur Insel auf euch genommen habt und heute Abend mit uns hier seid. Wir freuen uns darauf, verheiratet zu sein, und haben volles Vertrauen, dass unsere Ehe keinerlei Ähnlichkeit mit dem Tod haben wird. Und wir freuen uns auf unser Baby.« Er hielt inne. Daphnes Blick war noch immer auf Winn gerichtet. Greyson legte ihr die Hand auf den Nacken, und sie blicktezu ihm auf. Er hob die Augenbrauen, und sie nickte schüchtern. »Eigentlich hatten wir vor, zu warten und euch alle zu überraschen«, sagte er, »aber heute Nachmittag haben wir beschlossen, dass ihr es wissen sollt. Unser Kind ist ein Mädchen.«
    An den Tischen erhob sich ein erfreutes Gemurmel, und dann begann Dicky senior zu applaudieren. Er stand auf und klatschte und strahlte vor Begeisterung darüber, dass nach all den Söhnen nun ein kleines Mädchen in die Familie kommen würde. Die Verwandten und die Brautjungfern juchzten und jauchzten. Daphne lachte und drehte sich auf ihrem Stuhl hin und her, um alle Glückwünsche entgegenzunehmen und jedem die Gelegenheit zu geben, gemeinsam mit ihr die wunderschöne Vorstellung von einem kleinen Mädchen zu genießen. Winn erhob sich halb von seinem Stuhl, um ihr einen Kuss zu geben, ihre Hand zu berühren, doch als ihr Blick ihn streifte, spürte er, wie ihr Zorn ihn abwies und von ihrem Glück ausschloss.

16 · Die Wetterfahne
    W inn beugte sich über das Lenkrad und starrte triefäugig durch die Windschutzscheibe. Die Straße, auf der er fuhr, wankte von einer Seite zur anderen. Einen quälenden, hoffnungsvollen Moment lang war sie eben, und dann schwenkte sie mit einer Macht zur anderen Seite, als wollte sie ihn von der Erde kippen. Die ganze Welt war belebt und unruhig. Die Äste an den Bäumen winkten wie die hoch erhobenen Arme von Ertrinkenden; um die Straßenlaternen fegten rötliche Nebelschwaden und entschwebten in den niedrigen braunen Himmel; überall an Veranden und Balkonen bimmelten Windspiele. Neben ihm auf dem Beifahrersitz saß

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