Leidenschaft, Die Dich Verfuehrt
paar Stunden schlafen sollte.« Er warf einen Blick auf Aislinn und schaute dann wieder seinen Bruder an. »Hast du im Saloon übrigens was herausgefunden?«
Shay sah ebenfalls zu Aislinn, die friedlich in der Zelle auf der Pritsche schlummerte, und seufzte. »Ich war gerade dabei, Jim O'Sullivan zu knacken, als Miss Ich-rette- dich in die Bar stürmte. Danach hat der Mann kein Wort mehr gesagt.«
Tristan lachte leise und knuffte seinen Bruder auf den Arm. »Die kleine Lady hat es doch nur gut gemeint.«
»Mach, daß du wegkommst«, brummte Shay. Er brauchte weder Aislinn noch irgendeine andere Frau, die es gut mit ihm meinte und sich dann so idiotisch aufführte. Wieder spürte er einen Stich in der Brust. Er hatte schon gemerkt, daß Aislinn stur wie ein Maulesel sein konnte - und das machte ihm zu schaffen.
»Nacht«, murmelte er und blies die Lampe aus.
»Nacht, kleiner Bruder«, erwiderte Tristan, bevo r er die Tür hinter sich schloss.
Wäre Aislinn nicht gewesen, hätte ich in einem weichen Bett in der Pension schlafen können, statt auf einem harten Stuhl zu sitzen, dachte er, und, legte die Füße auf den Schreibtisch. Miss Mamie hatte strenge Regeln. Sie roch sofort, wenn jemand Alkohol getrunken hatte, und sie duldete es nicht, daß einer ihrer Gäste angesäuselt ins Haus kam - was auch der Grund dafür war, weshalb Shay öfter mal in der Gefängniszelle übernachtet hatte.
Er war gerade dabei einzudösen, als er hörte, wie die Hintertür aufgebrochen wurde. Gerä u sch los wie ein Indianer stand er auf und zog seinen Fünfundvierziger.
»Du muss t doch verrückt sein, dich mit dem Marshall anzulegen!« wisperte einer.
»Du hast doch selbst gesehen, daß er rüber in die Pension gegangen ist«, erwiderte ein anderer. Shay konnte die beiden Gestalten zwar nur schemenhaft erkennen, aber er wusste genau, wer sie waren.
»Die Sache gefällt mir trotzdem nicht, Billy. Ich spüre, daß wir Ärger bekommen.«
»Unsinn, O'Sullivan! Wir schnappen uns das Mädchen und lassen es verschwinden. Das wird McQuillan eine Lehre sein.«
»Eine Lehre? Mensch, Billy, hast du denn aus der letzten Sache gar nichts gelernt?«
Aus der letzten Sache! Was meinte der Vormann mit dieser Bemerkung? Spielte er etwa auf den Überfall auf die Kutsche an? Regungslos wartete Shay, ob er noch mehr erfahren würde, aber wieder kam ihm Aislinn in die Quere.
»Wer ist da?« rief sie. In ihrer Stimme schwang ein bisschen Angst mit, die sie jedoch tapfer zu unterdrücken versuchte.
»Verflucht«, murmelte O'Sullivan. »Wenn sie nun schreit?«
Billy ging nicht darauf ein. »Ich bin dein neuer Verehrer, Ma'am«, sagte er und hielt sich wahrscheinlich für witzig. »Ich hole dich hier raus, denn eine Schickse wie du langweilt sich doch bestimmt so ganz allein. Wir beide könnten sicher eine Menge Spaß miteinander haben.«
Shay spürte, daß seine Handflächen feucht wurden, aber er hielt den Revolver fest in der Hand.
»Verdammt noch mal, Billy«, fluchte der Vormann leise. »Hast du jetzt vollkommen den Verstand verloren? Laß uns abhauen, bevor der Marshall zurückkommt. Falls du es nicht bemerkt hast, er hat seit Tagen keinen Tropfen mehr getrunken und ist so nüchtern wie der Erzengel Gabriel.«
»Selbst wenn wir wollten, könnten wir das Mädchen nicht hierlassen«, entgegnete Billy. »Es kennt unsere Namen, und deshalb muss es verschwinden, damit es nicht gegen uns aussagen kann.« Aus Billys Sicht war das durchaus logisch. »Ich frage mich, wo McQuillan den Schlüssel zur Zelle aufbewahrt.«
Shay packte den Revolver fester. »Hier in meiner Tasche, Jungs«, erklärte er fast freundlich. »Und jetzt laßt mal schön eure Waffen zu Boden fallen, denn sonst müsste ich euch erschießen.«
»Dieser Hurensohn!« murmelte O'Sullivan. Mit einem scheppernden Gerä u sch polterte sein Revolver auf den Fußboden.
»Das ist doch unmöglich«, knirschte Billy und ließ ebenfalls seine Waffen fallen. »Ich habe doch mit eigenen Augen gesehen, wie du aus dem Gefängnis gekommen bist und in Miss Mamies Pension gegangen bist.« Natürlich hatte er Tristan gesehen, aber Shay sah keine Veranlassung, dieses Mißverständnis aufzuklären. Sein Bruder hatte recht gehabt: Es konnte manchmal durchaus von Vorteil sein, einen Zwilling zu haben, der die anderen an der Nase herumführte. Dadurch konnte man selbst praktisch an zwei Orten gleichzeitig sein. Shay hielt seinen Fünfundvierziger weiter auf die ungebetenen Besucher gerichtet und
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